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Sternenfaust - 059 - Verloren im Nirgendwo

Sternenfaust - 059 - Verloren im Nirgendwo

Titel: Sternenfaust - 059 - Verloren im Nirgendwo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luc Bahl
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Weise schien, dass es das Leben zahlloser organischer Arten ermöglichte, war dergleichen gang und gäbe gewesen. Sie erinnerte sich an jene kleinen, geflügelten, kurzlebigen Wesen, die in die weit aufgerissenen Mäuler der damals gefährlichsten Raubtiere der Organiker flogen, um Fleischreste zwischen deren Zähnen herauszupicken. Geduldig sperrten die Räuber ihre Rachen weit auf und ließen die kleinen Putzer unbehelligt darin herumhüpfen und ihre Arbeit verrichten, obwohl sie für diese schnellen und starken Raubtiere ohne Frage auch eine willkommene Zwischenmahlzeit gewesen wären.
    Ähnlich empfand IO die Anwesenheit jener Wesen, die gegenwärtig mit walzenförmigen Raumschiffen aus einem viele Lichtjahre entfernten Sonnensystem zu ihrer Welt kamen, um bestimmte Ablagerungen abzubauen. Die Innere Ordnung wusste, dass sie, verglichen mit den Raubtieren, an die sie sich aus ihrer Frühgeschichte erinnerte, vergleichsweise höher entwickelt und intelligenter waren. Was sie unter anderem auch an den n-dimensionalen Spuren ablesen konnte, die ihre Transportmittel beim An- und Abflug erzeugten. Allerdings wäre es ihr nie eingefallen, von sich aus zu versuchen, mit ihnen in einen kommunikativen Austausch zu treten. Nicht dass das unmöglich gewesen wäre. Doch es war offensichtlich, dass es weder für IO noch für die wuseligen Organiker mit ihren Individualgedächtniszentren irgendeinen Nutzen gehabt hätte.
     
    *
     
    Mallow Turgowskij spürte deutlich, dass seine frisch eroberte Geliebte einem wahrhaft kosmischen Höhepunkt entgegenstrebte. Der richtige Moment, um als perfekter Liebhaber selber die Zügel fallen und sich vollkommen gehen zu lassen.
    Hatte ihn anfangs noch die Vorstellung äußerst erregt, nebenan in Winston einen verbittert lauschenden Zeugen zu wissen, so war dieser Gedanke jetzt völlig aus seinem Gedächtnis verschwunden. Bewusstsein und Wahrnehmung verengten sich auf die gemeinsam erlebte Lust, die sich auf eine kataklysmische Auflösung zubewegte.
    Irgendwo in den untersten Schichten seines ansonsten weitgehend abgeschalteten Bewusstseins sprudelte eine winzige Quelle der Erkenntnis, voller Entzücken über sich selbst. Eine Erkenntnis, die Mallow sagte, dass er trotz reichhaltiger Erfahrung etwas Vergleichbares noch nie erlebt hatte. Und er war egozentrisch genug, dies allein sich selbst zuzuschreiben.
    Wohl auch aus diesem Grund hörte er die leisen, vorbereitenden Geräusche nicht, die seinen vermeintlich so verbitterten Stationsnachbarn in dem Moment alarmierten, als dieser sie von dem lästigen Gestöhne, das von der anderen Seite der Wand zu ihm herüberdrang, unterscheiden konnte. Mit einem Satz war Winston auf den Beinen, lauschte noch ungläubig ein, zwei Sekunden, bevor er von zunehmender Panik erfüllt, aus seinem Zimmer stürzte. Auf dem nüchternen Flur der Station fühlte er, dass das knapp über der Hörschwelle vernehmbare Geräusch durch ein ebenfalls kaum spürbares Vibrieren ergänzt wurde.
    Auf der Erde wäre es unmöglich gewesen, derartige Anzeichen überhaupt wahrzunehmen. Das Geräusch wäre selbst in der einsamsten Wüste von den dort noch vorhandenen Alltagsgeräuschen übertönt worden. Das kaum erahnbare Vibrieren wäre selbst in der Nähe kleiner Vorortstraßen von den Prallfeldern darüber hinwegschwebender Gleiter überlagert worden. Von schweren Bodenfahrzeugen mit Bereifung ganz zu schweigen. Aber hier auf dem namenlosen, informell Ekatat getauften Planeten, war das Vorhandensein solcher Geräusche und Vibrationen ein Ding der Unmöglichkeit.
    Keiner der Schürffüchse war im Verlauf der sogenannten Nachtphase im Einsatz. Alle Geräte waren wie jeden Tag ordnungsgemäß heruntergefahren und abgeschaltet worden. Nachts war es selbst für Hochleistungsroboter wie die Schürffüchse auf einer gottverlassenen Welt wie Ekatat zu kalt.
    Kein Mensch verweilte freiwillig länger als unbedingt notwendig auf diesem hässlichen atmosphärelosen Gesteinsbrocken, der als innerster Planet ein Gestirn namens Scriba-D-5 umkreiste. Offiziell gehörte der Komplex der Scriba-Sonnen zum mantidischen Imperium, eine Tatsache, die den drei Personen in der kleinen Station sehr wohl bewusst war. Das blasse, immer noch pulsierende Gebilde, das natürlich nur in den Sternverzeichnissen der Solaren Welten die Bezeichnung Scriba-D-5 trug – der mantidische Name bestand in einer unverständlichen Abfolge von Klick- und Knarrzlauten – hatte seine vorläufig höchste Dichte

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