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Sternenfaust - 066 - Auserwählt (2 of 2)

Sternenfaust - 066 - Auserwählt (2 of 2)

Titel: Sternenfaust - 066 - Auserwählt (2 of 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M’Raven
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an.
    »Sikona, ich habe mit dir zu reden.«
    Ihre Haut färbte sich blaugrau und drückte damit unmissverständlich die Verachtung aus, die Sikona für Kunosh empfand. »Jetzt erst?«, höhnte sie. »Ich hatte dich schon viel früher zu einer ›Unterredung‹ erwartet. Doch meine Antwort ist nein.«
    »Du weißt doch gar nicht, was ich von dir will!«, verteidigte sich Kunosh und sah sich unversehens in die Abwehr gedrängt, was ihn ärgerte. Seine Haut lief dunkelblau an.
    »Natürlich weiß ich das«, widersprach Sikona. »Ich habe keinen Partner mehr, seit Takrun auserwählt wurde, zu den Göttern zu gehen. Und du willst mich gewiss nachdrücklich daran erinnern, dass ich meine Pflicht zu erfüllen und mir einen neuen Partner zu nehmen habe.«
    Kunosh musste widerwillig zugeben, dass sie vollkommen recht hatte. »Wenn du dir deiner Pflicht bewusst bist, wieso hast du sie noch nicht erfüllt?«
    »Weil ich meiner Pflicht längst nachgekommen bin. Ich habe bereits 58 Kinder geboren und den Göttern gegeben, sofern sie nicht Priester wurden. Das ist genug. Deshalb sehe ich nicht ein, weshalb ich noch mehr tun sollte.«
    »Du bist erst von deinen Pflichten entbunden, wenn die Götter es dir ausdrücklich gestatten«, erinnerte Kunosh sie streng. »Es ist nicht an dir zu entscheiden, wann deine Pflichten erfüllt sind oder nicht.«
    Sikona gab ein verächtliches Säuseln von sich. »Erste Tatsache«, begann sie die Argumentation einer Rituellen Diskussion , und Kunosh grollte frustriert. Genau das hatte er vermeiden wollen. Doch war eine Rituelle Diskussion erst einmal begonnen, geboten es die Regeln einer solchen, dass der Gegner sie sich bis zum Ende anhörte. Ob er etwas dazu zu sagen hatte und eine Gegenargumentation begann oder sich danach schweigend zurückzog, war völlig unerheblich.
    »In den Schriften der Götter steht geschrieben«, fuhr Sikona fort, »dass sie uns belohnen und Gutes tun, wenn wir ihnen dienen. Zweite Tatsache: Wir dienen den Göttern in der Weise, die die Hohen Diener uns als Wünsche der Götter übermittelt haben und erfüllen so unsere Pflicht ihnen gegenüber. Dritte Tatsache: Ich kenne niemanden, der jemals eine der versprochenen Belohnungen durch die Götter erhalten hätte. Vierte Tatsache: Die Götter halten sich offensichtlich nicht an ihre eigenen Versprechungen und haben damit den Pakt mit uns gebrochen. Schlussfolgerung: Wir sind längst nicht mehr verpflichtet, ihre Wünsche zu erfüllen.«
    Kunosh wurde blauschwarz vor Ärger. »Das ist Blasphemie!«, beschuldigte er Sikona. »Wenn die Götter dich hören …«
    »Die Götter«, unterbrach ihn die Priesterin, »haben offenbar schon seit langem Anderes zu tun, als sich um uns zu kümmern. Ich weiß, wovon ich rede, Kunosh, denn ich bin Priesterin und du nur ein kleiner Gotarim , der sich wichtig machen will. Also erzähle mir nie wieder etwas von meinen Pflichten. Falls die Götter Anstoß an meiner Weigerung nehmen sollten, noch mehr Kinder zu gebären, so sei gewiss, dass sie es mich ganz persönlich und sehr direkt wissen lassen werden. So lange sie das aber nicht tun, betrachte ich meine Pflicht ihnen gegenüber als erfüllt.«
    Sikona ließ ihn stehen und Kunosh sah sich verstohlen um, ob irgendjemand Sikonas Ketzerei und seine eigene Niederlage mitbekommen hatte. Doch die übrigen Besucher des Tempels waren zu sehr mit sich selbst und der Feier zu Ehren der Auserwählten beschäftigt, als dass sie ihm oder Sikona Beachtung geschenkt hätten. Kunosh nutzte das, um ungesehen zu verschwinden und sich über sein weiteres Vorgehen klar zu werden.
    Als Gotarim war es seine Pflicht, alle Tiefblauen Säulen den Hohen Dienern zu melden. Doch in der Vergangenheit hatte das in Sikonas Fall keinerlei Wirkung gezeigt. Sogar als einer der Hohen persönlich gekommen war, um sie zur Rede zu stellen, hatte sie sich nur demütig angehört, was er zu sagen gehabt hatte, Folgsamkeit gelobt – und hinterher weitergemacht wie bisher. Vielleicht, so überlegte Kunosh resigniert, sollte er Sikonas Argumentation folgen und es den Göttern überlassen, sie zu strafen, falls die das für erforderlich hielten.
    Doch das hätte bedeutet, dass Kunosh seine vollständige Niederlage zugab, was seinem Stolz und seinem Pflichtgefühl zuwiderlief. Da er sich aber sehr wohl bewusst war, dass er Dispute wie den eben geführten gegen Sikona nicht gewinnen konnte, war das Eingestehen der Niederlage nur die daraus folgende logische Konsequenz. In jedem Fall

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