Sternenfaust - 079 - Fesseln der Angst (1 of 2)
grinste. Vielleicht fand er bis dahin auch eine Freundin und vergaß sein großes Vorbild.
Sie schloss sich der Menschenmenge an, die jetzt in das Hauptgebäude strömte und ging durch das riesige geöffnete Portal. Das Hauptgebäude der Akademie war erbaut worden, um zu repräsentieren. Hier war alles sauber, gepflegt und mit modernster Technik versehen, auch wenn diese oft genug gut versteckt war. Angenehm zurückhaltende Klaviermusik schwebte in der Vorhalle mit den beiden großen 3-D-Modellen. Die Modelle zeigten den Besuchern und den Kadetten an, wo sich in diesem gigantischen Bauwerk die gesuchten Räume befanden. Man konnte über ein Sensorfeld den gesuchten Raum per Nummer eingeben und wurde dann auf dem Modell über einen roten Leitstrahl vom jetzigen Standort bis zum entsprechenden Raum gelotst. Das war auch notwendig, denn außer dem Prunkspeisesaal, den zahlreichen Mensen für die Studenten und dem Bereich der Waffen- und Flugsimulatoren, gab es unzählige Hör- und Arbeitssäle in dem mehrstöckigen Gebäude. Gerade für Erstsemester war das Modell ein unverzichtbares Hilfsmittel.
Dana wusste bereits, wo ihr Repräsentationssaal H 30 war, und fuhr mit einem der Antigravaufzüge in das fünfte Stockwerk. Als sie über den weißen Gang lief, hörte sie eine männliche Stimme hinter sich.
»Frost! Captain Dana Frost! Wie schön! Sie sehen großartig aus!«
Nicht noch ein Fan , dachte Dana alarmiert, während sie sich umdrehte. Sie musterte den drahtigen Mann mit den schlohweißen Haaren, der hinter ihr aufgetaucht war. Er musste an die siebzig sein. An seiner Offiziersuniform prangte eine Sonderauszeichnung für einen Verdienst im Außeneinsatz. Irgendetwas an seinen blassgrünen Augen kam Dana bekannt vor, aber sie wusste beim besten Willen nicht, woher.
Der Mann lachte und zeigte dabei zwei Reihen perfekter weißer Zähne. »Sie haben vergessen, wer ich bin, Frost«, meinte er mit einer Mischung aus Tadel und Vergnügen. »Aber das geht den meisten so. Die Grundausbildung verdrängen sie alle. Ist ein gottverdammter Schutzmechanismus, wenn Sie mich fragen.« Er grinste breit. Es war erstaunlich wieweit er den Mund öffnen konnte. Sein Gesicht schien aus zwei unabhängig voneinander operierenden Einheiten zu bestehen.
»Haldon!« Dana konnte die Überraschung in ihrer Stimme nicht verbergen. »Offizier Abraham Haldon! Es ist Jahre her, Sir.«
Sie reichten einander die Hand, Haldon drückte sie fest. »Ich für meinen Teil werde nie vergessen, wie es auf Esalon war.«
Dana erinnerte sich. Esalon. Ein Inselgebiet, auf dem das Spezial-Training für Außeneinsätze zu absolvieren war. Je nach Insel gab es ganz verschiedene Einsatzorte. Wüsten, Steinlandschaften, Dschungel. Dana sollte versuchen, sich mit ihrer Einheit unentdeckt durch ein feindliches Waldgebiet zu schleichen. Sie war eine blutige Anfängerin gewesen und hatte die mit Synthofarbe bestückte Druckwaffe ängstlich im Anschlag gehalten, als neben ihr ein Feind aus dem Unterholz brach. Und eben diesen Feind hatte Offizier Abraham Haldon verkörpert. Jetzt, da sie ihn vor sich stehen hatte, erinnerte sich Dana genau an das, was damals geschehen war. Haldons Worte kamen ihr wieder ins Gedächtnis.
»Stirb, Menschlein.«
Während Dana zögerte, drückte Haldon ab. Danas Kampfanzug wurde über und über mit roter Synthofarbe bespritzt, die auch ihr Gesicht verklebte.
Haldon senkte die Waffe. »Auf was haben Sie gewartet, Kadett Frost?« Seine Augen blickten streng und gütig zugleich.
Dana schluckte Ärger und Wut hinunter. Sie hatte viel zu spät auf das Auftauchen des Feindes reagiert. In einem Ernstfall wäre sie tot gewesen.
Haldon sah sie eindringlich an. »Kadett, wenn Sie in einer feindlichen Umwelt überleben wollen, müssen Sie in der Lage sein, erst zu schießen und dann zu denken. Sie sind Soldat. Haben Sie das verstanden?«
Dana nickte beschämt. Haldon reichte ihr ein Tuch, damit sie sich die Farbe aus dem Gesicht wischen konnte. »Gehen Sie zurück zum Lager und waschen Sie sich. Ihr Training ist für heute beendet.«
Dana nahm das Tuch und blickte in Haldons blassgrüne Augen, wie sie es auch jetzt wieder tat, Jahre später auf dem Jupitermond. Ein feines Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie die Hand von Abraham Haldon losließ. »Sie haben aus mir einen Soldaten gemacht, Sir. Ich erinnere mich.«
Der alte Mann betrachtete sie zufrieden. »Sie haben es weit gebracht, Frost. Viel weiter als ich. Ihr Einsatz in Wurmloch
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