Sternenfaust - 092 - Widerstand
sogar getraut, ihren zeitweise auftretenden Redeschwällen Einhalt zu gebieten. Das hatte sich Jefica zu Herzen genommen, und fragte ihn jetzt immer, bevor sie einen minutenlangen Monolog über das hielt, was sie bewegte. Ob sie jetzt nur bei ihm diese Zurückhaltung übte, oder ob es allgemein so geworden war, das wusste Gustafsson nicht. Doch er kannte Moll inzwischen – er war sich sicher, dass eher Ersteres der Fall war. »Ein anderes Mal vielleicht, Jefica«, meinte er schmunzelnd. »Ich versuche gerade herausbekommen, ob es etwas Neues von unserem Ex-Mitpatienten gibt. In zwei Stunden tritt der Hohe Rat zusammen, um sich vom Untersuchungsausschuss berichten zu lassen und da will ich über die aktuelle Lage informiert sein.«
»Ach, Rudenko?« Moll schnaufte verächtlich, wie sie es immer tat, wenn ihr etwas – oder wie in diesem Fall, jemand – missfiel. »Der lässt es sich in den Bergen gut gehen, kann vielleicht schon die Skier auspacken und schweigt wie das sprichwörtliche Grab. Ich glaube, das könnte noch Monate so weitergehen.« in diesem Fall war Gustafsson schlauer – und er genoss die Situation. »Nein, kann es nicht. Der Hohe Rat will seinem Noch-Vorsitzenden nämlich jetzt endgültig eine Frist setzen. Ein Ultimatum, sozusagen. Wir haben vor, in der heutigen Sitzung zu beschließen, dass Rudenko in spätestens drei Wochen abgesetzt wird, falls er nicht endlich redet. Die Entscheidung wird wohl einstimmig ausfallen. Wir haben uns lang genug hinhalten lassen!« Vijay tippte mit den Fingerspitzen auf den Schreibtisch, um seiner Ungeduld Ausdruck zu verleihen. »Die betroffenen Systeme, deren Vertreter im Hohen Rat als korrupt entlassen wurden, haben schon fast vollzählig Ersatz geschickt. Der Rat ist somit fast wieder komplett – nur der Status des Vorsitzenden ist nach wie vor ungeklärt. So kann es wirklich nicht weitergehen!«
Moll tat sichtlich erstaunt. So entschlossen hatte sie den indischstämmigen Politiker selten erlebt – oder nur dann, wenn es während der Reha darum gegangen war, möglichst ohne Anstrengungen durch das tägliche Fitness-Programm zu kommen. Diese Erinnerung amüsierte sie und sie fing lauthals an zu lachen. »Nimm es mir nicht übel, aber irgendwie erheitert es mich, dich so energisch zu erleben.«
Vijay kam gerade in Fahrt und wollte zu einer bissigen Bemerkung ansetzen, als am linken unteren Bildschirmrand ein Icon erschien, das ihn auf eine weitere eingehende Transmission hinwies. »Da versucht mich jemand zu erreichen, Jefica. Vielleicht melde ich mich gegen Abend noch einmal bei dir. Eventuell können wir ja morgen gemeinsam zu Mittag essen, wie wäre das?«
»Wunderbar, Schätzchen!« Moll freute sich offenbar darauf, mit ihm ein bisschen unter vier Augen plaudern zu können. Dann würde Gustafsson sicherlich auch Zeit finden, sich ihre spannenden Geschichten von Marina und Sirius anzuhören. Er gestand sich ein, dass er doch neugierig darauf war, was Jefica so alles erlebt hatte. Langweilig war ihr sicher nicht geworden. »Bis bald!«
Die Verbindung wurde unterbrochen und nachdem sich das Kommunikationsprogramm auf die neue Frequenz eingestellt hatte, wurde zunächst die Kennung des Absenders sichtbar.
Vijay Gustafsson staunte nicht schlecht. »Das Büro von Wynton R. Canetti?«, wunderte er sich laut. »Die Genetics also! Was wollen die denn?«
Ging es um den Ex-Lordmanager Jurij R. Diaz, den die Solaren Welten nach wie vor inhaftiert hielten? Er hatte, nachdem er von einem Abschiebeplaneten der Genetiker gerettet wurde, Asyl in den Solaren Welten gesucht und dann einen Putsch vorbereitet, den man in letzter Minute vereiteln konnte. Doch Vijay konnte sich nur schwer vorstellen, dass ein Anruf aus den Genetiker-Welten diese Thematik ansprechen würde.
Es war ruhig um Diaz geworden. Die Pressestelle der GalAb hatte vor einigen Wochen eine Meldung herausgegeben, dass Diaz verlegt worden sei. Es habe berechtigte Zweifel an der weiteren Geheimhaltung des Standortes des ersten Gefängnisses gegeben. Derzeit wusste nur der Geheimdienst, wo man den ehemaligen Lord-Manager der Drei Systeme unter Verschluss hielt. Die Sensationsmediendienste allerdings behaupteten, Beweise zu haben, dass er in einem der äußeren Saturnmonde festgehalten wurde.
Gespannt bestätigte Vijay Gustafsson die Verbindung.
Auf dem Bildschirm erschien das Gesicht von Lord-Manager Wynton R. Canetti. Diaz’ Nachfolger. Der mächtigste Mann der Genetiker selbst hatte um das Gespräch
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