Sternenfaust - 092 - Widerstand
der Solaren Welten stand nach der PFS-Krise Kopf. Einige Mitglieder des Hohen Rates, die auf der Seite Diaz’ gestanden hatten, waren aus der Regierung entlassen und zum Teil inhaftiert worden. Die jetzige Interimsregierung aus verlässlichen Ratsmitgliedern war zwar nur als eine Übergangslösung gedacht, aber da Rudenko, der unter Verdacht stand mit Diaz gemeinsame Sache gemacht zu haben, um sich die Alleinherrschaft über die Solaren Welten anzueignen, beständig schwieg und damit den Untersuchungsausschuss in den Wahnsinn trieb, hatte sich an der aktuellen politischen Situation noch nichts geändert.
Rudenko selbst war in seiner Villa in den Schweizer Alpen fürs Erste unter Hausarrest gestellt worden und seine politische Handlungsfähigkeit war erst einmal auf ein unbedeutendes Veto-Recht bei Entscheidungen des Hohen Rates beschnitten worden.
Nach seiner Rückkehr auf die Erde hatte man Gustafsson ebenfalls in die Interimsregierung berufen – und hier saß er nun, im verregneten Herbst-New York in seinem Büro und dachte über die nahe Vergangenheit und die ferne Zukunft nach. Während er im Datennetz die aktuellsten Meldungen über den Stand der Befragung Rudenkos aufrief, öffnete sich ein neues Fenster auf dem in den Schreibtisch eingelassenen Touchscreen und eine eingehende Transmission wurde angezeigt.
»Jefica!«, freute sich Gustafsson, als er das Gespräch annahm. »Sag, in welchem fernen Sternen-System steckst du denn nun schon wieder?«
»Vijay, Schätzchen!«, grüßte die beleibte Botschafterin zurück. »Wenn es nicht in Strömen gießen würde, könntest du vielleicht sehen, wie ich dir zuwinke, aber solange die Wetterkontrollsysteme hier auf der Erde nicht mindestens so gut laufen wie die auf Ebeem, kann das ja nichts werden. Vielleicht sollte ich mich in der nahen Zukunft mal mit dem Triumvirat auseinandersetzen, damit hier mal öfter die Sonne scheint.«
Molls Büro befand sich im Ido-Todoshi-Gebäude, dem Haus der Diplomaten, die für den Hohen Rat und nicht auf privater Basis arbeiteten und das keinen halben Kilometer von der »Grünen Gurke« entfernt stand.
»Du bist auf der Erde?«, wunderte sich das Ratsmitglied. »Ich dachte, da du die letzten Wochen ja unendlich viel auf Reisen warst …«
»Was mal mehr und mal weniger schön war, das kannst du mir glauben!«, ereiferte sich die Botschafterin. »Aber nach den Missionen auf Marina und Sirius, dem Auswählen der Botschafter und Anwärter für das Corps-Trainee-Programm, den zähen Verhandlungen mit den regierungseigenen Botschaftern und vor allem mit den Christophorern, dachte ich mir, ein paar Tage in der Heimat wären mal ganz gut. Nicht, dass ich das als Urlaub bezeichnen würde! Es gibt immer noch so viel zu tun …« Moll rieb sich gähnend die Stirn. »Space-Lag«, sagte sie entschuldigend. »Wenn man den Tagesrhythmus eines Schiffes oder eines anderen Planeten annimmt, ist die Umgewöhnung zurück auf irdische Verhältnisse nicht immer ganz einfach.«
Gustaffson nickte verständnisvoll. »Das kenne ich nur zu gut. Wenn ich in meiner Funktion als Beauftragter für Äußeres unterwegs bin, dann kommt das auch bei mir schon einmal vor. Aber keine Sorge, wir wissen ja beide, dass das wieder wird.«
Nach den gemeinsamen Wochen in der Reha und dem geteilten traumatischen Erlebnis, die eigentlich gut arbeitenden Körperfunktionen und motorischen Fähigkeiten eingeschränkt zu wissen, waren Vijay Gustafsson und Jefica Moll zu so etwas wie Freunden geworden. Kurz vor dem Ende ihres Aufenthalts im Far Horizon -Hospital auf dem Mars hatten sie sich gegenseitig das »Du« angeboten und seitdem beide wieder ihrer Wege gingen, hielten sie den Kontakt und sprachen oft über Bergstrom- oder herkömmlichen Funk miteinander. Selbst, wenn es sich nur auf so banale Dinge wie das Wetter beschränkte.
Das hätte mir mal einer vor einem Jahr sagen sollen , dachte Vijay amüsiert. Ich ein guter Freund dieser Wuchtbrumme mit Leidenschaft für grelle und bunte Farben! Ich hätte ihn für völlig übergeschnappt gehalten.
»Seit meinem Aufenthalt auf Marina III habe ich als Nichtschwimmerin noch größeren Respekt vor dem Wasser als ohnehin schon – und sei es nur Regen«, gestand die Botschafterin jetzt. »Aber das ist eine andere Geschichte, erzähle ich dir bei Gelegenheit – wenn du sie hören willst.«
Vijay grinste. Der Politiker, der sich sonst eher gern still im Hintergrund bewegte, hatte sich mit der vertieften Freundschaft zu Moll
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