Sternenfaust - 093 - Auge des Feindes
geraten, ein feindlicher Agent zu sein. Ihre Identitäten hatten wieder andere Agenten auf der Erde derart genial gefälscht, dass sie jeder Überprüfung standhielten. Da es mehr als unwahrscheinlich war, dass zwei oder mehrere Agenten gleichzeitig in Verdacht gerieten, würde es auch niemandem auffallen, dass sie alle ihren Papieren nach Waisen waren und bis auf die Familien, die sie selbst gegründet hatten, keine Verwandten besaßen.
Auf die eigenen Familien und vor allem dem daraus resultierenden Nachwuchs wurde großen Wert gelegt, um die Tarnung zu perfektionieren, denn J’ebeem waren mit Menschen nicht fortpflanzungsfähig, obwohl sie die gleichen primären und sekundären und durchaus miteinander kompatiblen Geschlechtsorgane besaßen. Deshalb war auch Joris Abenaike verheiratet, hatte eine zweijährige Tochter und in wenigen Tagen einen neugeborenen Sohn.
Die J’ebeem stammten ursprünglich von einer Art vierbeiniger Flugsaurier ab, die aber im Gegensatz zu ihren irdischen eierlegenden Pendants schon immer lebende Junge zur Welt gebracht hatten. Im j’ebeemischen Zizikum -Zeitalter, das in den Geschichtsdateien auch als das Zeitalter der Umformung bekannt war, war der natürliche Lebensraum unzähliger Spezies wie auch der Flugsaurier zerstört worden, die daraufhin beinahe ausgestorben waren. Für die überlebenden Exemplare hatte die Evolution eingegriffen und sie im Laufe der kommenden Jahrtausende nicht nur zu Säugetieren modifiziert, sondern ihre Körper so entwickelt, wie sie heute waren: zufällige äußere Ebenbilder der J’erde.
Für eine Spionage unter den ehemals – und größtenteils immer noch – verhassten Emporkömmlingen von der Erde, war das natürlich ein entscheidender Vorteil. Doch der wurde nun durch die neue Generation von Agenten, denen Joris Abenaike angehörte, zweitrangig. Langfristig würden alle biologisch j’ebeemische Agenten gegen J’eberde ausgetauscht, wie man ihn und Seinesgleichen nannte. Falls sich nicht einer von ihnen besonders ungeschickt anstellte oder nachlässig wurde, würde keiner je enttarnt werden. Und Nachlässigkeit war genetisch komplett aus ihnen herausgezüchtet worden. Sie waren die hochintelligente Elite von Spionen, der niemals ein Fehler unterlief.
Die Nachricht, die Abenaike jetzt nach Ebeem schickte, enthielt die wichtigsten Fakten aus dem von der MOND VON KANASH geborgenen Speichermodul, Captain Frosts relevantem Bericht sowie die neueste Anweisung von Admiral Takato. Und allem voran die Tatsache, dass das Schiff nicht mehr existierte und es keine Überlebenden gab …
*
Dagis Rendoy hörte sich den Bericht Ebras Tainors mit ausdrucksloser Miene an, den dieser von einem der J’erde -Agenten erhalten hatte. Er verbarg seine Enttäuschung und seine Wut über das Gehörte hervorragend, doch am liebsten hätte er getobt.
Natürlich hatte das Triumvirat die MOND VON KANASH schon vermisst, denn Kommandant Talas hätte sich bereits vor Wochen melden sollen. Zu erfahren, dass das Schiff von den Dronte vernichtet worden war und es keine Überlebenden gab, war niederschmetternd. Andererseits hatte zumindest Rendoy damit gerechnet, dass ein solcher Fall eintrat, um nicht zu sagen bis zu einem gewissen Grad erhofft, denn das hatte ihm einen potenziell gefährlichen Mann vom Hals geschafft: Siron Talas aus dem Haus Haskano. Nachdem er von der Expedition der sechs Völker zurückgekehrt war, hatte er im Volk den Nimbus eines Helden erhalten. Und solche Leute konnten eben diesen Nimbus nur allzu schnell dazu nutzen, das Volk gegen das Triumvirat aufzuwiegeln.
Immerhin gärte es diesbezüglich im Reich schon seit Längerem, und ein Mann wie Talas konnte durchaus der zündende Funke werden, der eine offene Rebellion auslöste. Aber dieses Problem war nun auf elegante Weise beseitigt, ohne dass das Triumvirat diesbezüglich regulierend hatte eingreifen müssen. Wobei »regulierend« natürlich nichts anderes hieß, als dass man Talas irgendwann elegant beseitigt hätte, was die Aufgabe von Tamfura Hattis mit ihren diesbezüglich unschlagbaren Talenten gewesen wäre.
Und ganz nebenbei war auf diese Weise auch Bergon Sin beseitigt worden, der sich erdreistet hatte, Rendoys Nichte Nanla Kona den Hof zu machen – er, ein einfaches Nichts aus dem Volk! Was machte es da schon aus, dass seine Nichte ihn seitdem hasste. Sie würde sich schon wieder beruhigen.
»Und nun?«, fragte Megon Barus seine beiden Mit-Triumvirn, nachdem Tainor seinen
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