Sternenfaust - 095 - Mutawesis Hölle
Interkom auf einen Nebenschirm auf der Brücke übertrug.
»Captain?«
»Ich nehme an, Sie haben bereits bemerkt, dass eine dieser Lichtsonden gerade die SONNENWIND durchdringt. Der Funkkontakt ist abgebrochen.«
»Ja, Captain. Aber wir sollten uns keine Sorgen machen. Die bisherigen Kontakte mit den Lichtsonden blieben immer harmlos für die Betroffenen. Und was den Ausfall des Funkverkehrs im Bergstrom-Band anbetrifft …«
»… so hätte das Von-Schlichten-Aggregat dies doch eigentlich verhindern müssen«, unterbrach ihn Frost. Ihr Tonfall war leicht ungehalten.
»Ja, aber diese spezielle Sonde ist von einer besonders hohen Energiedichte. Ich könnte mir vorstellen, dass sich das System des Bergstrom-Funks einfach abgeschaltet hat, um Schäden zu vermeiden.«
Susan Jamil meldete sich zu Wort. »Captain, wir haben wieder Kontakt zur SONNENWIND«, berichtete die Funkoffizierin. »Allerdings lediglich im Unterlichtfunkbereich, was bedeutet, dass die Nachrichten immer mit einer gewissen Verzögerung bei uns eintreffen.«
»Lassen Sie sehen!«
»Es gibt nur einen Audio-Stream. Das Videosignal wird überlagert.«
Wenig später war die Stimme von Captain Barus zu hören.
»Hier Barus. Ich hoffe, Sie können mich verstehen, Frost! Der Überlichtfunk ist ausgefallen und im Unterlichtbereich leiden wir unter starken Überlagerungen. Das Signal ist nicht stabil. Die Lichtsonde wandert im Schiff herum und untersucht unsere technischen Systeme offenbar mit großer Intensität und Akribie. Gesundheitsschädliche Auswirkungen oder schädliche Emissionen konnten bisher nicht gemessen werden. Allerdings haben wir derzeit einen eingeschränkten Zugriff auf unsere Systeme und …«
Schon die letzten Worte des Captains der SONNENWIND waren deutlich leiser und von Störgeräuschen überlagert gewesen. Schließlich ging seine Stimme fast gänzlich im Rauschen unter.
»Das Signal ist abgebrochen, Ma’am«, meldete Susan Jamil.
*
Walbaaans Körper glich einem mit gallertartiger Flüssigkeit gefüllten, durchsichtigen Sack. Diese äußere Membran hielt seinen amöbenartigen, etwa zweihundert Kilogramm schweren Körper zusammen. Das Innere war für jeden, dem lichtsensible Zellen zur Wahrnehmung zur Verfügung standen, deutlich zu sehen: Da waren der im Gallert schwimmende Nervenkern ebenso wie das Implantat des faustgroßen Dronte, dessen Ganglien in verschiedene Richtungen gewachsen waren und den amöbenhaften Körper des Seglaners völlig kontrollierten.
In der ehrwürdigen Seglanischen Kultur, die etwa zwei Millionen Jahre alt war, wurde der dicke Nervenkern als Zentrum des Bewusstseins angesehen. Die Seglaner – die ihrer körperlichen Natur nach sehr offen waren, hatten demgegenüber als Ausgleich einen ausgeprägten Individualismus entwickelt und so etwas wie Staatenbildung stets als großes Übel abgelehnt. Schließlich stammten die Seglaner von einem Wesen ab, das selbst vor zwei Millionen Jahren bereits ein Mythos gewesen war. Ein schwer fassbarer Schrecken, der in den Überlieferungen noch immer die Erinnerungen an eine schlimme Zeit bewahrte. Dieses Wesen wurde der Große Segla-Seelenherrscher genannt und hatte schon damals die Form einer Riesenamöbe gehabt, die aus einer Laune der Natur heraus nicht zu wachsen aufgehört und sich über einen ganzen Kontinent erstreckt hatte.
Walbaaans Vorfahren hatten sich von diesem großen Segla-Seelenherrscher irgendwann abgespalten. Eigentlich hatten sie als autonome, aber nichtsdestotrotz untertane Bewusstseinseinheiten auf anderen Kontinenten fungieren sollen. Einheiten, die in der Lage waren, sich selbst zu erhalten und eigene Entscheidungen zu treffen, da es die klimatischen Bedingungen auf Segla manchmal unmöglich gemacht hatten, die Verbindung von einem Kontinent zum anderen permanent zu halten.
Zumindest in jener uralten Zeit war das so gewesen, als es auf Segla noch keine nennenswerte Technik gegeben hatte und der Funkverkehr noch vollkommen unbekannt gewesen war. Nachrichten hatten durch autonome schwimmende Abspaltungen des großen Segla-Seelenherrschers über die Meere gebracht werden müssen, was oft genug damit endete, dass diese Einheiten abgetrieben wurden und an fremden Küsten strandeten. Dort wurden sie entweder Beute der dortigen mehr oder minder aggressiven Fauna und Flora oder – was entschieden seltener vorkam – sie schafften es zu überleben.
Schließlich vollzogen die ersten autonomen Seglaner den vollkommenen Bruch mit dem großen
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