Sternenfaust - 107 - Spion auf Ganymed
Mitchell bemerkte, dass er langsam schon wieder besser Luft bekam. Ein Blick auf den halb geleerten Teller des Raisa ließ ihn ahnen, was passiert war. Er blickte Daren-Kan fest in die Augen und ignorierte dessen Klaue an dem Handgraser, den er am Gürtel trug. Die Marines, die die Gruppe eingekreist hatten und ebenfalls die Hände an den Waffen hielten, blieben auf sein Zeichen hin ruhig.
»Ich werde Ihnen beweisen, dass kein Gift im Essen ist.« Mitchell verneigte sich leicht vor dem Raisa. »Heiligkeit, erlauben Sie, dass ich selbst von Ihren Speisen koste, um Ihnen zu zeigen, dass sich darin kein Gift befindet?«
Seran-Pakor hustete und japste immer noch, obwohl die Anfälle langsam nachließen und machte eine zustimmende Geste. Mitchell setzte sich äußerlich gelassen auf dessen Platz, ließ sich ein unbenutztes Besteck geben und begann, von jedem einzelnen Nahrungsmittel auf dem Teller ein Stück zu essen. Als er einen Kartoffelwürfel mit einer grünen Soße aß, sog er scharf die Luft ein und konnte seinerseits gerade noch einen Hustenanfall verhindern.
»Ich glaube, ich weiß, was Ihnen passiert ist, Heiligkeit«, sagte er und deutete mit der Gabel auf die Soße. »Haben Sie zuletzt von dieser grünen Soße gegessen?«
»Ja«, krächzte der Raisa. »Sie riecht so gut, dass ich sie unbedingt probieren wollte.«
»Sie ist in der Tat köstlich«, stimmte Mitchell ihm zu, »und eine Spezialität aus einer Region der Erde, die Südamerika heißt. Man nennt diese Soße Chilipaste , und sie gilt als eine Delikatesse. Allerdings ist sie unglaublich scharf, doch davon abgesehen völlig ungefährlich. Wer sie allerdings zum ersten Mal genießt, kann davon schon mal einen gehörigen Hustenanfall bekommen. Ich nehme an, Sie haben eine relativ große Portion davon gekostet.«
»In der Tat«, stimmte Seran-Pakor zu.
»Ich versichere Ihnen, Heiligkeit«, sagte Mitchell ernst, »dass wir hier keine Speisen aufgetragen haben, die für kridanische Zungen oder Mägen unverträglich wären.«
»Das kann ich bestätigen«, stimmt Wanda ihm nachdrücklich zu. »Ich weiß genau, dass Ihr Landsmann Sun-Tarin diese Chilipaste recht gern gegessen hat. Und ich erinnere mich noch gut daran, dass auch er einen Hustenanfall bekam, als er sie zum ersten Mal probierte. Essen Sie eine trockene Scheibe Brot, bitte, das neutralisiert die Schärfe. Ich hätte Sie warnen sollen, Heiligkeit. Bitte verzeihen Sie mein Versäumnis.«
Sie reichte ihm eine Scheibe auf einem Teller, brach vorher ein Stück ab und steckte es sich in den Mund, um dem Raisa und seinen Leibwächtern zu demonstrieren, dass die ganz gewiss nicht vergiftet war. Der junge Kridan nahm das Brot, steckte es in den Schnabel und kaute kräftig darauf herum, während Daren-Kan ihn nicht aus den Augen ließ und immer noch bereit zu sein schien, jeden anwesenden Menschen auf der Stelle mit seinem Handgraser zu erschießen, sollte sein junger Schützling erneut einen Erstickungsanfall bekommen.
Doch nichts dergleichen geschah.
»Es wirkt tatsächlich«, stellte Seran-Pakor schließlich erleichtert fest und gab Daren-Kan mit einem einzigen scharfen Blick zu verstehen, dass er die Krallen von seiner Waffe nehmen sollte. »Aber ich verspüre immer noch einen Schmerz auf der Zunge.«
»Das ist genau die Wirkung, die wir Menschen an Chili so lieben«, erklärte Wanda. »Wenn Sie immer nur eine kleine Dosis dieser Soße zu sich nehmen, Heiligkeit, werden Sie bestimmt ebenfalls seinen Geschmack zu schätzen lernen.«
»Ich werde es versuchen.« Der junge Raisa winkte seine Leibwachen zurück und setzte sich wieder auf seinen Platz, den Mitchell schnell räumte.
»Wir können Ihnen auch einen neuen Teller geben, damit Sie sich ein anderes Gericht aussuchen können, Heiligkeit«, bot Mitchell an.
Doch Seran-Pakor lehnte das ab. »Ich bin gekommen, um die Menschen und ihre Eigenheiten kennenzulernen«, erklärte er, »und dazu gehören auch ihre bevorzugten Speisen. Ich werde dieser grünen Paste – Chili – noch eine Chance geben.«
Und er tauchte tapfer ein großes Stück Brot nur mit einer kleinen Spitze in die Soße, schob es vorsichtig in den Schnabel und schluckte es hastig hinunter. Seine Augen traten ein Stück hervor, da er offenbar einen weiteren Hustenanfall unterdrückte, doch er gab keinen Laut von sich, bis er schließlich zu Wanda gewandt sagte: »Sie haben völlig recht. Wenn man nur eine geringe Menge davon isst, schmeckt es gar nicht einmal
Weitere Kostenlose Bücher