Sternenfaust - 107 - Spion auf Ganymed
sondern auch für die J’ebeem und Starr. Vor allem für die J’ebeem. Denen hatte es bisher gut in den Kram gepasst, dass zwischen Solaren Welten und dem Kridanischen Imperium zwar keine neue Feindschaft herrschte, aber doch ein unterkühltes Verhältnis, das noch kühler geworden war, nachdem die Kridan erfahren hatten – natürlich von j’ebeemischen Agenten, keine Frage –, dass die Solaren Welten sich beim Bau ihrer neuen Schiffe und anderer Dinge der Technologie der Toten Götter bedienten.
Doch was ausgereicht hätte, um mit etwas »Nachhilfe« von entsprechenden Seiten langfristig vielleicht wieder in einen Krieg zu münden, zumindest aber für schwerwiegende Differenzen zu sorgen, wurde nun durch den Besuch des Raisa zunichte gemacht. Für Ebeem war das ein Rückschlag. Dabei hatte es anfangs so gut ausgesehen für das j’ebeemische Reich. Nachdem die vor gut sechzehn Jahren angedachte Interstellare Union – ein Bündnis, dem Menschen, J’ebeem, Starr, Kridan und Shisheni angehören sollten – zwar nicht völlig vom Tisch aber doch auf unbestimmte Zeit auf Eis gelegt worden war, sah es so aus, als würden sich die Dinge im Sinne der J’ebeem entwickeln. Doch jetzt konnten die J’ebeem nicht anders als etwas gegen diese neue Verbrüderung zu unternehmen, die sich da zwischen Menschen und Kridan anbahnte.
Wie aufs Stichwort empfing er eine kurze schriftliche Nachricht von einer alten Studienkollegin, die wortreich ihre Euphorie über den Raisa-Besuch ausdrückte. Doch Joris Abenaike las jede Nachricht auch zwischen den Zeilen und überprüfte sie anhand eines ausgeklügelten, täglich wechselnden Codesystems auf verborgene Botschaften. Obwohl er seit gut fünfzehn Jahren keine solche mehr erhalten hatte, hatte er doch nie mit dieser Routine aufgehört. Deshalb erkannte er jetzt augenblicklich, dass dies die Nachricht war, auf die er fünfzehn Jahre lang gewartet hatte und die ihn vom »Schläfer« wieder in den aktiven Dienst als j’ebeemischer Spion versetzte.
Sie lautete: Verhindern Sie jede weitere Annäherung von Kridan und Solaren Welten. Schnell. Krieg nicht unbedingt notwendig.
Offensichtlich stammte die Nachricht vom Unteren Triumvirat, das für außenpolitische Angelegenheiten zuständig war. Joris Abenaike empfand ein wohltuendes Hochgefühl, das er sich aber nicht anmerken ließ. Endlich wurden seine Talente nach fünfzehn Jahren wieder gebraucht!
Sein Verstand arbeitete unverzüglich die einzelnen Szenarien aus, mit denen er seinen Auftrag am effizientesten ausführen konnte, wählte den einfachsten und unverfänglichsten Weg und bereitete alles dafür vor. Wobei er natürlich wie immer den größten Wert darauf legte, dass er selbst mit der entsprechenden Tat nicht in Verbindung gebracht werden konnte.
Niemand würde je auf den Gedanken kommen, dass er ein J’ebeem-Agent war, wenn er keinen Fehler machte – und er würde keinen machen. Er und seinesgleichen waren unter anderem dahin gehend genoptimiert, dass sie keine Fehler machten, und auf Joris traf das wegen seines modifizierten analytischen Verstands besonders zu. Außerdem war er biologisch ein Mensch, obwohl er und die anderen auf Ebeem geboren – besser gezüchtet – worden waren und im Geiste zu hundertfünfzig Prozent loyale Söhne Ebeems waren. Deshalb nannte man ihn und seine Kameraden J’eberde – Söhne Ebeems und der Erde. Sie alle waren in die menschliche Gesellschaft vollkommen integriert, sodass niemand auf den Gedanken käme, einer von ihnen könnte ein J’ebeem sein.
Auch Abenaike hatte eine Familie mit drei Kindern. Isabella, seine älteste Tochter, war achtzehn und vor einem knappen Jahr in die Star Corps Akademie eingetreten. Sie zeigte schon jetzt alle Anzeichen dafür, eine steile Erfolgskarriere im Star Corps zu machen. Der fünfzehnjährige Ronan hatte ebenfalls den brillanten Verstand seines Vaters geerbt und vor zehn Monaten mit einem Stipendium sein Studium der Xeno-Technik begonnen – drei Jahre vor der regulären Zeit. Auch die zwölfjährige Aisha war hochbegabt, und Joris Abenaike gab sich nach außen hin als der stolze Vater, den die Menschen in ihm zu sehen erwarteten, ebenso wie er den liebevollen Ehemann mimte, der immer noch ungebrochen in seine Frau verliebt war wie am ersten Tag.
In Wahrheit bedeutet ihm keiner dieser Menschen etwas, und er hätte nicht die geringsten Probleme damit gehabt, sie auf der Stelle auf Nimmerwiedersehen zu verlassen, um nach Ebeem zurückzukehren. Ja,
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