Sternenfaust - 112 - Anschlag auf Vesta
hatte. Und so sehr ich es hasse, es zuzugeben, Mitchell hat einen großen Anteil daran. Taglieri wandte sich an seinen Kommunikationsoffizier. »Lieutenant, fragen Sie beim Flottenkommandanten nach, was da los ist. Haben wir die Kridan wirklich besiegt?«
Mit einem Nicken wandte sich der Lieutenant um und gab die Frage des Captains weiter.
Vincent spürte Brenners Blick auf sich, als er sich auf den Kommandosessel niederließ und wieder nach seiner schmerzenden Schulter griff. Ihm fiel schwer, was er jetzt tun musste, aber er wusste, es war notwendig. Jasper Mitchells Charisma war unbestreitbar, und Taglieri wusste, dass der waghalsige Commander an Bord beliebt war. Auf jeden Fall beliebter als er selbst. Ich weiß, dass die Leute lieber ihm folgen würden als mir. Ich glaube sogar, sie würden sich von Jasper Mitchell lieber in den Tod fliegen lassen, als dass ich sie mit meiner angeblich übertrieben peniblen Art allesamt rette.
Doch nicht nur aus diesem Grund wollte Taglieri die Sache nicht auf sich beruhen lassen. Er war niemand, der Fehler versteckte. Auch nicht seine eigenen.
Er räusperte sich.
»Commander Mitchell, Sie hatten recht, die ENDEAVOUR in die Gasmasse zu fliegen«, meinte Taglieri so laut, dass alle auf der Brücke ihn hören konnten. »Wahrscheinlich hat das sowohl das Schiff als auch die Crew gerettet und ich danke Ihnen dafür. Wir alle stehen tief in Ihrer Schuld. Ich werde Sie deshalb auch lobend im Bordbuch erwähnen. Trotzdem – Sie müssen verstehen, dass ich bei meinen Entscheidungen als Captain mehr bedenken muss als Ihre Fähigkeiten als Waffenoffizier und ihre Flugkünste. Menschenleben zu retten muss unser höchstes Ziel sein, verstehen Sie? Aber belassen wir es dabei. Ich hoffe, wir beide wissen es nächstes Mal besser.«
Mitchell hatte sich umgedreht und starrte seinen Vorgesetzten für ein paar Sekunden lang mit einem ausdruckslosen Gesicht an, bevor er nickte und sich bedankte. Es war Vince nicht klar, ob Mitchell in der Lage war, die Entschuldigung wirklich anzunehmen, doch Taglieri erwiderte den Blick des Commanders furchtlos und offen, bis dieser sich schließlich wieder seiner Konsole zuwandte.
Die Schlacht mit den Kridan scheine ich für meinen Teil gewonnen zu haben. Aber der Krieg mit Mitchell, der wird für mich wohl weitergehen, denn er ist nicht der Mann, der eine Niederlage oder eine Zurechtweisung hinnehmen kann.
Und ich glaube auch nicht, dass er das je lernen wird …
*
Asteroidengürtel des Solsystems, November 2269
»Mr. Chairman, es tut mir leid, Sie so kurz vor der Landung auf dem Vesta-Raumdock noch zu stören, aber Botschafterin Ndogo möchte Sie gern sprechen.«
Der Vorsitzende des Hohen Rats der Solaren Welten sah überrascht auf. Er hatte sich derart in die Berichte Admiral Gernets über die Fortschritte an den Bauten der Wandlerschiffe STARFIGH-TER und STARLIGHT vertieft, dass er nicht gehört hatte, wie sein persönlicher Assistent Toby hereingekommen war. Der junge Asiate war im Halbdunkel der Kabine, das nur von der Lampe über dem Sessel des Vorsitzenden erhellt wurde, kaum zu erkennen.
»Sir, Miss Ndogo wartet. Und Sie wissen ja, sie wartet nicht gern.«
Jasper rang sich ein Lächeln ab. »Oh ja, Toby, das weiß ich. Ich bin sofort für sie zu sprechen.«
So leise, wie er gekommen war, verließ Toby McGarry die Kabine des Ratsvorsitzenden auf der SOLAR 1 wieder und überließ ihn dem Gespräch mit der stellvertretenden Leiterin des IDC. Jasper Mitchell atmete noch einmal durch, bevor er sich der in die Armlehne eingelassenen Konsole zuwandte und das Touchscreenfeld berührte, das die Verbindung zu Wanda Ndogo etablierte. Sofort erschien vor ihm die 3-D-Projektion einer schlanken, hochgewachsenen Frau mit ebenholzschwarzer Haut und raspelkurzen Haaren. Wie immer war ihr wallendes, afrikanisch wirkendes Gewand von leuchtender Farbe, diesmal maigrün.
»Mr. Chairman, ich weiß, Sie sind auf dem Weg nach Vesta und wie mir Ihr Adjutant mitteilte, werden Sie auch in Kürze landen. Aber was ich Ihnen zu sagen habe, kann nicht warten.«
Jasper Mitchell unterdrückte ein Lächeln angesichts der wie immer umwerfenden Energie der Botschafterin. Sie wirkte kühl und direkt. Ich wette, sie kann mich nicht leiden , dachte er amüsiert. »Kalpren Suresh hat mich bereits über die Vorkommnisse in Matlanor informiert. Offenbar hat man Manipulationen an einer Art Orakel aufgedeckt, die dazu führen sollten, den Krieg mit uns Menschen nach
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