Sternenfaust - 154 - Welt der Naniten (2 of 2)
ausgerechnet Miss Perfect diese Formulierung benutzte, zerstörte die Illusion ihrer Göttlichkeit.
»Aber …«, setzte Harry an.
»Maul halten«, zischte sie erneut. Dabei verschwand noch nicht einmal das Lächeln aus ihrem Gesicht. Es war fast unheimlich.
»Ich habe einen Termin mit …«
Auch Tamris konnte seinen Satz nicht zu Ende bringen. Diesmal ging ihre reizende Führerin allerdings etwas rigoroser vor, war mit drei raschen Schritten heran und versetzte ihm eine Ohrfeige, dass es schallte. Dabei wehten ihre wundervollen Haare, und in die Augen trat ein gefährliches Glitzern, das den einen oder anderen Abgrund ihrer Seele erahnen ließ.
Harry bemerkte, wie Tamris seine Hände zu Fäusten ballte. Doch der J’ebeem, dem ein ausgeprägter Kampfgeist zu eigen war, beherrschte sich im letzten Moment.
Auch Harry entschied, dass es besser war, sich nicht mit ihr anzulegen.
Fragte sich nur, wie lange sie schweigen sollten. Warum sie allerdings so wenig zuvorkommend empfangen wurden, ahnte er. Sie waren zu leichtsinnig gewesen, weil sich ihnen bislang kein Widerstand entgegengestellt hatte. Was jedoch nichts an seinem und Taglieris Status als flüchtige Verbrecher änderte.
Seine Vermutung bestätigte sich, als ein Mann in einem – wie sollte es auch anders sein – perfekt sitzenden Bügelfaltenanzug auftauchte. »Nessa Nurdic«, stellte er sich vor. »Sie haben sicher von mir gehört.«
»Mehr als das«, sagte Tamris. »Ich habe einen Termin mit Ihnen vereinbart. Begrüßen Sie alle Ihre Gäste so?«
»Nur diejenigen, die in Begleitung zweier geflohener Gefangener auftauchen.«
»Da muss eine Verwechslung vorliegen«, behauptete Taglieri kühn.
Nurdic lachte gekünstelt. »Ganz sicher. Schade nur, dass die Naniten-Identitätskontrolle sich noch nie zuvor getäuscht hat, und von Ihnen dummerweise genetische Abdrücke genommen und im System gespeichert wurden.«
»Tja«, meinte Harry. »Einmal ist immer das erste Mal.«
»Nicht in diesem Fall, Mister Chang.«
Er verbeugte sich leicht. »Sie kennen meinen Namen. Ich fühle mich geehrt.«
Plötzlich verschwand jeder Plauderton aus Nurdics Stimme. »Lassen wir das. Ich hätte längst die Ordnungskräfte rufen können, die Sie zurück in die Haft verfrachten würden. Und Ihren sauberen Freund Gerser Tamris gleich mit Ihnen. Nur eins hindert mich daran.«
»Und das wäre?«, fragte Taglieri.
»Ganz einfach – die Frage, wie jemand so dumm sein kann, einfach so in meine Firma zu spazieren, wenn er …«
»Das ist schnell erklärt«, unterbrach Harry, der zu spät merkte, dass es wohl besser wäre, ihr Gegenüber nicht zu unterbrechen. Dennoch hob er die Hand. »Vier Punkte. Erstens sind wir eigentlich unschuldig. Zweitens wollen wir mehr über die Naniten erfahren. Drittens glauben wir, dass wir Ihnen bei einem ganz großen Problem helfen können.« Bei jedem der drei Punkte streckte er einen Finger aus. »Und viertens … äh … also viertens …« Ihm fiel nichts mehr ein.
Nurdic gab seinen Wachtposten einen kurzen Wink, und sie ließen die Waffen verschwinden. »So etwas dachte ich mir schon. Für den Fall, dass Sie auf dumme Gedanken kommen möchten, Gentlemen – ob meine Leute auf Sie zielen oder nicht, macht keinen Unterschied. Es steht eine Nanitenwolke bereit, die Sie in einer Sekunde umhüllen und in Ihre atomaren Bestandteile auflösen kann, wenn Sie auch nur eine einzige falsche Bewegung machen.«
»Das wagen Sie nicht«, ächzte Taglieri.
»Ach«, winkte Nurdic ab, »in meiner Firma habe ich gewissermaßen die Lizenz für alles. Auch zum Töten. Außerdem würde von Ihnen nicht genug übrig bleiben, als dass jemand diese kümmerlichen Reste gegen mich verwenden könnte. Sie verstehen?«
»Verstanden«, versicherte Harry. »Davon einmal ganz abgesehen – kommen wir ins Geschäft?«
»Sagen wir es so: Ich werde Ihnen zuhören. Aber nicht hier. Meine Zeit ist zu kostbar, um sie mit Herumstehen zu verschwenden.«
*
Das Getränk war rot, es schäumte blau, und wenn man es trank, schlugen Funken von den Lippen. Am besten jedoch war, dass es auch noch schmeckte. Elend gut sogar.
»Ich habe Sie nur aus einem einzigen Grund nicht sofort abführen lassen«, erklärte Nurdic zwischen zwei Schlucken. Sie saßen sich in den bequemsten Sesseln gegenüber, in denen sich Harry jemals niedergelassen hatte. Sanfte Wärme ging davon aus, und der Halt im Kreuz war … tja, perfekt. »Und zwar, weil ich mich wunderte, wie ein Mann wie
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