Sternenfaust - 161 - Cyber-Tod
beiden anderen Tanjaj erhoben ihre Waffen und feuerten in die Richtung, aus der die Schüsse gekommen waren.
»Hey, hierher«, erklang eine leise Stimme.
Als Cody aufblickte, bemerkte er Tonio Gordon, der ein Stück von ihm entfernt auf dem Boden kauerte und ihm zuwinkte.
In diesem Augenblick tauchte eine weitere Gruppe von Kridan auf, und das Feuergefecht nahm an Stärke zu.
Cody robbte auf dem Boden von seinen Feinden fort und zog sich neben Tonio hinter die Reste einer Hauswand.
»Wurde ja auch Zeit, dass Sie auftauchen«, grüßte ihn der Genetiker.
»Sie können sich wieder erinnern?«
»Mit dem einen oder anderen traumatischen Erlebnis konfrontiert zu werden, wirkt wahre Wunder.«
Cody runzelte die Stirn.
»Ich kann nur mit einer vorhandenen Erinnerung Informationen liefern«, erklärte sein Gegenüber.
Natürlich. Durch unser Eindringen in die VR wurden sie aufmerksam und wollen nun Gegenmaßnahmen ergreifen. Aber sie wissen nicht, wer wir sind und über welche Mittel wir verfügen. Da ich mit Tonio gesprochen habe, gehen sie davon aus, dass er mich kennt. Das lässt darauf hoffen, dass auch die anderen ihre Erinnerungen wieder zurückerhalten. Die Konsequenzen daraus sind weniger erfreulich. Aber das bedeutet auch, dass sie nicht einfach Informationen aus der Erinnerung der Siedler auslesen können.
»Ich verstehe. Dann ist es gut, dass ich Ihnen so schnell folgen konnte.«
»Schnell?«, echote Tonio. »Ich kämpfe seit vier Tagen gegen diese Geierköpfe.«
Cody atmete erschrocken ein und ärgerte sich, dass er diesen Faktor bisher nicht bedacht hatte.
»Das menschliche Gehirn denkt unglaublich schnell. Die GESAMTHEIT kann wohl im Wechselspiel zwischen unserer neuronalen Aktivität und der AI des virtuellen Netzes das subjektive Zeitempfinden manipulieren. Aus meiner Sicht sind nur wenige Stunden seit unserem letzten Zusammentreffen vergangen.«
»Aber wie lange sind wir dann schon hier? Wie viel Zeit ist in der Realität verstrichen?«
Cody zuckte mit den Achseln. »Ich weiß es nicht.«
»Wir müssen hier weg!« Tonio deutete auf die Kridan, die ihre Gegner scheinbar ausgeschaltet hatten und die sich nun suchend umblickten. »Und zwar schnell.«
In ihren martialischen Rüstungen, vollbepackt mit Strahlen- und Stichwaffen, wirkten die Vogelartigen wie der Hölle entstiegen.
Einer der Kridan deutete auf ihr Versteck, und die zwei verbliebenen Tanjaj kamen näher. Schweiß rann in Codys Augen. Um sie herum brannte es an etlichen Stellen, und die Hitze nahm stetig zu. Cody konzentrierte sich erneut auf die nahe Vergangenheit und versuchte, die Bilder aus seinem Chip zur Realität werden zu lassen – vergeblich.
»Hier in der Nähe gibt es eine sichere Wohnung«, erklärte Tonio. »Die Geierköpfe haben sie bereits durchsucht. Dort könnten wir uns eine Weile verstecken.«
Das schwarze Haar des Mannes war an einigen Stellen verbrannt, und sein Gesicht von etlichen Schürfwunden übersät.
Cody nickte.
Gemeinsam robbten sie hinter der eingestürzten Mauer entlang, um den Kridan zu entkommen. Das Glück schien ihnen ausnahmsweise wohlgesonnen, und so schafften sie es, das gefährliche Terrain zu verlassen.
»Korrigieren Sie mich, aber ganz so schlimm war der Angriff auf die Wega-Kolonie doch nicht, oder?« Cody erhob sich und spähte um die nächste Ecke.
»Erinnerung verbindet sich mit künstlich geschaffenen Elementen. So wird die virtuelle Realität zu jedem beliebigen Albtraum.«
»Für alle, die sich nicht unterwerfen oder aus anderen Gründen nicht manipuliert werden können.«
Sie verließen ihre Deckung und passierten eingestürzte Häuser und Wrackteile von abgestürzten Raumschiffen. Überall lagen tote Körper, die von Strahlenschüssen oder Nadlerprojektilen verunstaltet worden waren.
Als ein Sirren ertönte, lief Cody ein eisiger Schauer über den Rücken. Von Weitem erkannte er eine der schwarzen Maschinen, die ihn und ANTARES im Vortex überfallen hatten. Sie musste irgendwie seine Spur aufgenommen haben und ihm hierher gefolgt sein.
Ein Wabern ging durch die Luft, dann war die Maschine direkt über ihnen. Die ölige Flüssigkeit tropfte herab und brannte sich vor Cody in den Boden.
»Was ist das?«, hauchte Tonio.
Die Maschine bewegte sich nicht, ließ jedoch einen roten Strahl – vermutlich ein Scanner – über ihn und den Genetiker gleiten. Hinter ihnen wurden Schritte laut, und es erklang das aufgeregte Aufeinanderklappen von Schnabelhälften.
»Auch das
Weitere Kostenlose Bücher