Sternenschatten
sicher?«, fragte ich leise.
»In keiner Weise. Aber es ist die Version, von der wir ausgehen sollten. Sie zwingt uns zu äußerster Vorsicht.«
»Dann bist du also für die Landung?«
»Selbstverständlich. Ich möchte nur um eins bitten: Wir sollten diese Artefakte auf keinen Fall für Anzeichen von etwas absolut Fremdem oder Exotischem halten. Das wäre der größte Fehler, den wir machen könnten!«
»Andrej Valentinowitsch, ich will mich nicht mit Ihnen streiten.« Danilows Stimme war sein Interesse klar zu entnehmen. »Aber begehen wir nicht einen Fehler, wenn wir derart simplifizieren? Wenn wir an die Manifestationen eines fremden Intellekts nur vom menschlichen Standpunkt herangehen, nur unsere eigenen Kriterien anwenden?«
»Nein, das tun wir nicht. Denn die Kriterien der Außerirdischen verstehen wir sowieso nicht«, erwiderte mein Großvater grantig. »Und weißt du was, Sascha, bis heute hat mich meine primitive menschliche Herangehensweise noch nie im Stich gelassen.«
»Gut!«, sagte ich, um den Streit zu beenden. »Mein Großvater ist für die Landung. Was ist mit dir, Zähler?«
»Ja!«, rief mein Großvater. Schon im nächsten Moment veränderte sich die Stimme, und der Zähler bestätigte: »Dafür.«
»Sascha?«
»Also jetzt …« Der Oberst schnaubte. »Wir sind ja auf jeden Fall in der Minderheit. Also ja, wenn du auf die förmliche Bestätigung Wert legst.«
»Mascha?«
»Dagegen«, antwortete sie trocken.
»Warum?«
»Damit die Entscheidung nicht einstimmig getroffen wird.«
Die »Entführung« hatte ihr sichtlich gut getan. Aus ihrem Mund Ironie – das überraschte mich nun wirklich. Ich nickte und erklärte ernst: »Ich bin natürlich für die Landung.«
»Dann wollen wir mal landen, oder, Todeskandidaten?«, alberte Danilow. »Meiner Ansicht nach beträgt der Abstand zwischen den einzelnen Objekten fünfzig, maximal hundert Kilometer …«
Ich vertraute dem Augenmaß des Obersten. Wäre unsere Beziehung auch nur ansatzweise die alte gewesen, hätte ich, ehrlich gesagt, nichts dagegen gehabt, ihm das Kommando zu überlassen. Das spürte Danilow.
»Petja, du bist natürlich derjenige, der hier die Befehle erteilt, aber ich würde dir raten, zehn, zwanzig Kilometer von einer dieser Anomalien entfernt zu landen. Möglichst in einem Bereich mit angenehmem Klima. Wahrscheinlich sollten wir am besten zu Fuß gehen.«
»Gut.«
Wir landen, Bordpartner. Der Landepunkt sollte …
Sieben
Wenn Danilow bereits die von den alarischen Ingenieuren umgerüstete Wolchak für einen undenkbaren, nie zu erreichenden technischen Durchbruch hielt – was wollte er dann erst zum Schiff der Geometer sagen?
Bis auf die Plasmawoge jenseits der Schiffshülle war bei der Landung nichts so, wie wir es kannten. Keine Beschleunigung, kein Geschüttel, nicht einmal Geräusche, die ins Cockpit der Fähre gedrungen wären.
Das Problem mit der Schubreserve existierte ebenfalls nicht, denn wir stiegen auf einer derart energieintensiven Bahn ab, dass jeden Ballistiker der Schlag getroffen hätte.
»Selbst die Starken Rassen verzichten lieber auf solche Experimente«, stieß Danilow aus, als das Schiff die Geschwindigkeit drosselte. »Das ist nicht nur einfach energieintensiv, das ist auch gefährlich. Es belastet die Konstruktion …«
Die technische Vollkommenheit der Geometer machte ihm nach wie vor zu schaffen. Früher wurde der Fortschritt einer Gesellschaft an ihren wissenschaftlichen Errungenschaften gemessen, an ihrer Produktionskapazität oder den sportlichen Leistungen einzelner Menschen. Danilow war anscheinend noch immer in solchen Schemata verfangen.
Im Unterschied zu mir.
Ich wusste nämlich nicht mehr, warum eine Zivilisation einer anderen eigentlich überlegen sein sollte. Weil sie größere Strecken zurücklegen konnte? Härtere Legierungen herstellte? Über einen unerschöpflichen Energievorrat verfügte? In dem Falle wären die Geometer wirklich allen anderen überlegen. Aber auch wenn man jenes zarte Ding nahm, das sich gewöhnlich menschliches Glück nannte, war die Situation nicht ganz klar.
Denn sie waren ja glücklich …
Mochten ihrer Gesellschaft auch aus meiner Sicht unentbehrliche Attribute der Freiheit fehlen, mochte der unbestreitbare Fortschritt auch von militärischer Askese überdeckt werden. Aber selbst wenn man das Gute und das Böse gegeneinander abwog, das Glück und das Unglück, war die Erde den Geometern hoffnungslos unterlegen. Denn selbst Tausende solcher
Weitere Kostenlose Bücher