Sternenschimmer
formte meine Hände zu einem Trichter. »HOOOOOOOOOOPE!!!«
Plötzlich erkannte ich ihre kleine Hand hinter einem Felsen im Wasser. Eine neue Welle umspülte sie.
Ich stürzte ins Meer, lief gegen die Strömung und schwamm dann wie eine Irre auf sie zu.
Es war nicht weit, doch ich konnte sie nicht erreichen. Die Wellen warfen mich immer wieder zurück. Ich holte tief Luft und tauchte in ihre Richtung. Die Brandung drang dumpf an meine Ohren. Luftbläschen verließen meinen Mund. Ich schrammte mit der Hand über einen scharfen Felsen; spürte den stechenden Schmerz, als meine Haut aufriss. Es war mir egal. Ich klammerte mich an den zerfurchten Stein und streckte japsend den Kopf aus dem Wasser.
Noch zwei Felsen. Noch zwei Felsen weiter, und ich hatte es geschafft. Dann würde ich bei ihr sein.
Wieder tauchte ich unter, hörte die dumpfe Macht der Brandung … diesmal stieß ich mir das Knie, bevor ich am nächsten Felsen auftauchte.
Und noch einmal. Luft holen. Tauchen. Brandung. Das Wasser riss an meinem Körper, spülte mich zurück. Ich schob mich mit letzter Kraft wieder vor und – schaffte es.
Ich nahm einen wilden Atemzug, öffnete die Augen und blickte in Hopes bangendes Gesicht. Es war so schön. So schön wie das eines Engels. Schützend legte ich meinen Arm um ihre Hüfte.
Hope hielt sich zitternd an meinen Schultern fest.
Mit der freien Hand tastete ich mich um den Felsen herum. Wie sollten wir hier nur wieder fortkommen? Hätte mich vorhin nicht die Angst um Hope getrieben, ich hätte es nie geschafft, nicht mal allein. Doch jetzt würde ich sie halten müssen, während ich schwamm. Mein Mut schwand immer mehr, bis er den Nullpunkt erreichte. Also verharrten wir gemeinsam, zusammen hier draußen. Denn hier konnten wir uns wenigstens festhalten, loszulassen war blanker Wahnsinn.
Eine neue brettharte Welle schlug mir ins Gesicht. Beinahe hätte sie Hope wieder von mir fortgerissen. Ich presste sie mit der einen Hand, so fest es ging, an meinen Brustkorb, während ich mich mit der anderen an den Felsen klammerte. Das Wasser spülte an uns hinab und wir rangen keuchend nach Atem. Hope war noch da, hier in meinen Armen. Die nächste Welle schwappte bis an ihr Kinn. Es half nichts, wir mussten hier fort. Ob wir jetzt im offenen Meer starben oder in Kürze hier am Felsen. Und Letzteres würde mit Sicherheit bald eintreffen, wenn wir nicht wenigstens versuchten, an Land zu kommen.
»Mia«, hörte ich sie zitternd sagen.
Ich sah in ihr erschöpftes Gesicht, sah, wie ihre durchweichten Locken an den blassen Wangen klebten, aber am schlimmsten, am allerschlimmsten war, dass ich keine Angst mehr in ihrem Blick fand. Sie hatte aufgegeben …
Da schoss ein Geistesblitz durch meinen Kopf. Mein Vater! Er hatte mir das Surfen beigebracht, bevor er gegangen war. Wie ein rettender Anker hallten seine Worte in meinem Kopf wider. » Kämpfe nie gegen das Meer, sondern mit ihm.« Wie oft hatte ich ihn verflucht, weil er sich für das Meer und gegen ein Leben mit uns unter der Kuppel entschieden hatte. Aber vielleicht würde sein Rat jetzt Hopes und mein Leben retten, vielleicht.
Zitternd wartete ich auf die nächste Welle. »Wir müssen noch einmal tief Luft holen«, rief ich laut, um das Tosen zu übertönen – klammerte sie mit aller Kraft an mich und ließ den Felsen los. Diesmal ging ich nicht gegen den Sog an, der uns mit sich riss. Ich bäumte mich nur ganz wenig gegen die schleudernden Wogen auf. Ich ließ mich tragen, genau wie die Möwen vom Wind. Was geschah, sollte geschehen …
Die nächste Welle spülte uns an Land.
Hope lag wie Blei in meinen Armen, während ich den Weg zum Haus zurückrannte. Auf der Einfahrt spürte ich meine Hände nicht mehr, aber ich hastete weiter.
Iason riss die Tür auf und stürmte die Stufen hinab.
»Was ist passiert?«, rief er mir entgegen und da hatte er uns auch schon erreicht.
»Sie ist von einer Welle erfasst worden.« Mein Atem ging so schnell, dass die Worte nur stoßweise aus mir herausbrachen.
Sein blaues Strahlen flackerte aus den Augen. »Gib sie mir.« Er riss Hope aus meinen Armen und eilte mit ihr ins Haus zurück.
Ich lief ihnen hinterher.
Iason brachte Hope ins Wohnzimmer. Ich stürmte in den ersten Stock und raffte so viele Decken zusammen, wie ich tragen konnte. Anschließend hastete ich in die Küche. Aus dem Wohnzimmer drang gedämpftes Murmeln. Bestimmt hatten inzwischen alle von dem Unfall erfahren. Ich riss einen Wärmebeutel aus dem
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