Sternenschimmer

»Mia, sorry, wenn ich dir das sage, aber du siehst furchtbar aus.«
    »Ich bin auch schlagskaputt«, gestand ich.
    Barbara nahm Greta am Ärmel und zog sie zur Tür. Greta ließ es mit sich geschehen, schnipste dann aber auf halbem Weg noch einmal Iason zu. »Kümmer dich um sie, klar? Mia ist manchmal nicht die Vernünftigste.«
    »Ach?«, war alles, was der dazu sagte.
    Ich sah ihr hinterher, während Barbara sie hinauszog.
    Seufzend streifte ich mir die Hausschuhe von den Füßen.
    »Ist dort das Fenster?« Iason wies auf das herabgelassene Rollo.
    »Ja.« Mit einem Mal fühlte ich mich schon viel wacher. »Kannst du es sehen?«
    »Ich erkenne es an dem hellen Schein, der davon ausgeht.«
    »Das ist ein Fortschritt.«
    Er lächelte und half mir aus dem Bademantel. Tastend hängte er ihn in den Schrank zurück. Ich schlug meine Beine unter und machte es mir auf dem Bett gemütlich. Als ich zu Iason hinsah, lehnte er, die Arme verschränkt, mit der Schulter am Schrank.
    »Mia, wir sollten über uns reden. Du kannst nicht ewig davor weglaufen.«
    »Was ich mich schon die ganze Zeit gefragt habe«, beeilte ich mich zu sagen, »was hast du eigentlich, kurz bevor du das Dampfrohr durchtelekiniert hast, an meiner Jackentasche gemacht?«
    »Du weißt, was ich meine.«
    »Jetzt sag schon, was du da gemacht hast.«
    Eine merkwürdige Stille breitete sich zwischen uns aus.
    »Also«, hakte ich nervös nach. »Wie war das mit meiner Jacke?«
    Eine ganze Weile noch sagte Iason nichts. Dann senkte er ergeben die Lider und nickte. »Na, du hattest doch noch Eiskonfekt darin verstaut«, sagte er leise.
    »Und das hast du dir während des Sleitens in den Mund gestopft?«, dockte ich erleichtert an.
    Er zuckte mit den Schultern. »Ich wusste, dass es eine knappe Sache werden würde. Da greift man nach jedem Strohhalm.«
    Iason kam näher und ich legte mich hin. Eine knappe Sache, in der Tat, das war es gewesen. »Als es immer dunkler wurde … und dieser schwarze Nebel aus deinen Augen kam, das war dein Schattenblick, stimmt’s?«
    »Fast. Ich habe mich im letzten Moment umentschieden.«
    »Deshalb konntest du überleben.«
    Er setzte sich an meinen Bettrand und deckte mich zu.
    »Wie gut, dass dein Schattenblick nicht für alle reichte, sonst wäre die Sache vielleicht anders ausgegangen«, sagte ich.
    Ein grimmiges Lächeln schob sich in sein Gesicht. »So viel Hass, wie in mir war, hätte ich sie damit mühelos allesamt töten können.«
    »Aber du hast es nicht getan.«
    »Anfangs konnte ich ihn kaum aufhalten, er kam einfach so aus mir heraus, aber plötzlich dachte ich an mein Versprechen, wirklich zu versuchen, diesen Blick nicht einzulösen. Unddann«, jetzt hob er den Blick, »ich hatte gehofft, na ja, weil du doch immer sagst, die irdische Lebensform fiele bei uns beiden auch ins Gewicht, nun, so gab es wenigstens eine Chance, nach der Erfüllung meines Sinns weiterzuleben. Der Gedanke, dich zurückzulassen … das war … das war kaum zu ertragen.«
    Ich stützte mich auf die Unterarme. »Ich fass es nicht. Du glaubst an meine Theorie?«
    Er spielte mit meinem Daumen. »Es ist nur eine zarte Hoffnung. Doch wahrscheinlich ist mein Sinn einfach noch nicht vollendet.«
    Ich seufzte, sagte aber nichts.
    Für einen kurzen Augenblick versank ich in Erinnerungen. Sie waren noch immer ziemlich löcherig, aber ich fühlte förmlich, wie es war, als ich glaubte, ihn verloren zu haben.
    Auch seine Miene wurde ernst. »Dennoch habe ich die Leute umgebracht.«
    »Es war Notwehr, Iason.«
    »Ach, Mia.« Er schüttelte den Kopf.
    »Welche andere Möglichkeit hätte es denn gegeben?«, wollte ich ihn überzeugen.
    »Soll ich dir etwas sagen? Darüber habe ich überhaupt nicht nachgedacht. Und weißt du, warum? Weil es nicht in meiner Natur liegt, in solch einem Moment einen anderen Weg zu wählen. Ich bin, was ich bin. Zum Töten geboren, genau wie SAH es war.«
    »Du kannst dich doch nicht mit diesem Mörder vergleichen!«
    »Ach nein?« Seine Finger spannten sich an. »Warum wird gemordet? Aus Hass, oder? Ich habe Der Hand gegenüber einen solchen Hass verspürt, dass er sogar fast meinen Schattenblick ausgelöst hätte. In diesem Punkt bin ich genau wie SAH. Verstehst du? Ich bin in der Lage, so sehr zu hassen, dass mein Blick töten kann.«
    Ich umgriff seine Faust. »Aber dann hat deine Liebe gesiegt. Und das unterscheidet dich von ihm.«
    »Ob Schattenblick oder nicht, ich habe diese Leute umgebracht. Ja, wir mussten uns