Sternenschimmer
hat sie gesagt?«
»Sie hat Hope zu uns geschickt.«
Ich runzelte die Stirn. »Merkwürdig.«
»Das kannst du laut sagen. Unter anderen Umständen hätte ich Mirjam nie im Leben davonkommen lassen, aber zu diesem Zeitpunkt galt meine Sorge ausschließlich euch, deshalb habe ich ihr keine weitere Beachtung mehr geschenkt und bin in den Bunker gestürzt. Barbara hat sich unterdessen um Hope gekümmert und ist mit ihr zur Windkraftanlage gerannt.«
»Mirjam wusste, dass du sie mit Hope nicht gehen gelassen hättest.«
Finn zuckte mit den Schultern. »Wir werden es wohl nicht mehr erfahren. Mirjam ist mit ihren Eltern untergetaucht.«
Ich schaute aus dem Fenster.
»Hast du was von Lena gehört?«, fragte ich nach einer Weile.
»Ja, sie hat sich in der Schule immer bei mir erkundigt, wie es dir geht.«
Erkundigt. Aber sie war nicht gekommen. Jeden Tag hatte ich gewartet.
»Gib ihr noch etwas Zeit, Mia. Sie hat viel zu verdauen.«
Ein riesiger Schatten schob sich über das Gebäude, während sich die Kuppel vor meinen Blicken auf den Himmel schob.
»Und du, Mia?« Finns Stimme war plötzlich ungewohnt vorsichtig. »Wie steht’s um dich?«
Ich wusste, worauf er hinauswollte, und damit hatte er einen wunden Punkt getroffen. Die Verletzung an meinem Kopf war nichts gegen die in meiner Seele. Ich spürte eine bittere Kompromisslosigkeit in mir aufsteigen.
»Finn.« Ich versteifte mich beim Klang meiner eigenen Stimme, so hart war sie. »Iason sieht nichts mehr. Das lässt mir jetzt weder die Zeit noch die Kraft, um über etwas anderes nachzudenken, klar? Im Moment bin ich einfach nur froh, dass wir alle am Leben sind.« Ich dachte an SAH und seine Leute. Es war Notwehr, schob ich diesen Gedanken schnell weg.
»Verstehe«, sagte Finn und ließ es dabei bewenden.
Dennoch hatte er in mir etwas berührt und es schmerzte zu wissen, wie verdammt voll mein Koffer schon wieder war.
37
E s klopfte an der Tür. Die Krankenschwester kam mit Iason herein. »Dieser junge Mann hier möchte Sie zu einem kleinen Ausflug einladen.«
Ich legte mein eBook zur Seite. »Gern, wohin geht es denn?«
»An die frische Luft, wenn du erlaubst. Dort wartet eine Überraschung auf dich.«
Für den Hauch eines Augenblicks glaubte ich, ein schwaches Strahlen aus Iasons Augen glimmen zu sehen.
»Oh ja. Ich erlaube.« Froh, nach achtundzwanzig Tagen endlich einmal aus meinem muffigen Zimmer rauszukommen, richtete ich mich auf, ließ die Füße über den Bettrand baumeln und büßte für meine zu schnellen Bewegungen sofort mit einer Kopfschmerzattacke. Ich brauchte einen Moment, um den Schwindel zu bekämpfen. Anschließend schlüpfte ich in meine Hausschuhe und den Bademantel, der über dem Fußende lag – alles etwas vorsichtiger diesmal. »Es kann losgehen«, sagte ich dann mit pochendem Schädel. Mithilfe der Schwester hievte ich mich in den Rollstuhl und wir machten uns auf den Weg.
Iason nahm meine Hand.
»Schicke Sonnenbrille«, bemerkte ich auf dem Weg zum Fahrstuhl.
»Danke.«
Hätte ich nicht gewusst, weshalb er sie trug, ich wäre begeistert gewesen, so cool sah er damit aus.
Im Erdgeschoss angekommen, traten wir ins Freie. Das heißt, Iason trat ins Freie, mich fuhr ja die Schwester. Es war herrlich,die Sonne auf der Haut zu spüren. Ich sog die frische Luft ein und lauschte einen Moment den Vögeln.
»Da vorn ist ja Tom!«
Iason lächelte. »Wie sieht er aus?«
Ich musterte unseren Lehrer. »Noch schlimmer als ich. Seine Arme und ein Bein sind komplett geschient, das andere Bein ist eingegipst und einen Verband am Kopf trägt er außerdem. Aber«, ich seufzte, »er lebt.«
Iason drückte meine Hand. »Ja, er lebt.« Dann wandte er sich an die Krankenschwester. »Könnten Sie uns bitte zu ihm bringen?«
Sie nickte. »Gern.«
Iason blieb an meiner Seite, während die Schwester mich den gewundenen Weg zur Parkbank fuhr, neben der Tom ebenfalls im Rollstuhl saß.
»Hi, Tom!«, begrüßte ich ihn.
Etwas umständlich wandte er den Oberkörper. »Mia!« Tom starrte auf meinen mumifizierten Kopf.
Die Schwester stellte mich neben ihm ab und zog die Bremse.
»Hauptsache, wir haben es überlebt«, meinte ich.
»Ich komme in einer halben Stunde wieder, in Ordnung?«, fragte die Schwester.
»Klar, danke«, antwortete ich ihr.
»In die Armlehne ist ein Notruf eingelassen, falls etwas sein sollte.« Mit diesen Worten tätschelte sie mir die Schulter und ließ uns allein.
Tom freute sich riesig. »Ich würde dich jetzt
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