Sternenschimmer
dann mit einem»Mia, ich …« an, als der Aufzug ruckte. Kurz darauf stand die verdammte Kiste still.
»Warte«, sagte ich schnell, »das haben wir gleich.«
Ich bediente die Durchfahrtstaste. Es tat sich nichts. Ich drückte den Notrufknopf. Wieder nichts. Ich merkte, wie mir der Schweiß ausbrach. Der Kasten hier ist gar nicht so klein, wie er wirkt, versuchte ich mir einzureden.
»Ganz klasse. Ich muss in Bio und Umweltdynamik gleich ein Referat halten.« Es war die letzte Chance, meinen schlechten Punktestand zu verbessern, aber das würde ich ihm bestimmt nicht sagen.
»Ich könnte mir auch Besseres vorstellen, glaub mir«, erwähnte er.
Tja, mit Mirjam hier festzusitzen wäre ihm wohl lieber gewesen.
Iason sah zur Reinigungsklappe an der Decke, die zum Aufzugsschacht führte. Für den Bruchteil einer Sekunde verengte er die Augen. Was dann geschah, ließ mich einen Satz zurückmachen.
Das Schloss der silbernen Klappe öffnete sich wie von Geisterhand. Anschließend streckte er sich und stieß sie mühelos nach oben.
Telekinese , ich vergaß.
Er fasste an den Rand der Öffnung und zog sich hinauf.
Einen kurzen Moment verschwand er, dann sahen seine blöden, schönen strahlenden Augen wieder durch die Luke. »Können wir da raus?«
Ich betrachtete missmutig das Loch, das sich auf zweieinhalb Metern Höhe befand. Egal wie hoch ich springen würde, dort käme ich niemals dran.
»Du schon«, brummte ich.
Das blaue Strahlen verstärkte sich und dieses Blau stand ihm so unverschämt gut, es ließ ihn noch besser als bisher aussehen –, falls das überhaupt möglich war.
»Ich könnte dir helfen.«
Es war nicht die Tatsache, dass er sich anbot, sondern mehr die Art, wie er es tat. So was Selbstgefälliges war mir echt noch nie untergekommen. Ich kratzte meinen letzten Rest Würde zusammen. »Geht schon, danke.«
»Dann warten wir eben«, zischte er und sprang mit einem Satz in den Aufzug zurück.
Ich wandte mich ab, zumindest halb. Es war besser, ihn im Auge zu behalten.
Nach einer Weile sog er mit einem leisen Geräusch Luft durch die Zähne ein.
Ich schielte zu ihm hinüber. Er sah mich an.
»Was ist?«, fragte nun ich.
Doch er schüttelte nur den Kopf.
Mein Schnauben sollte abschätzig klingen, aber leider verschluckte ich mich dabei und es klang mehr wie ein Krächzen. Verdammt, warum musste ich ausgerechnet mit ihm in diesem Käfig festsitzen!?
Wir schwiegen. Und warteten. Und schwiegen … und warteten. Puh, war das eng hier drin.
»Na gut. Dann hilf mir halt da hoch.«
»Sag bitte.«
Die Empörung raubte mir kurz die Luft. »Hör mal zu. Du sitzt hier genauso fest wie ich.«
»Ja, aber ich komme allein raus. Im Gegensatz zu dir.«
Auffordernd riss ich die Arme hoch. »Was hält dich noch?«
Er legte den Kopf schief. Sein Strahlen wurde zu einem Flimmern – und mir wurde immer enger. Das machte er doch extra!
»Gib’s zu, du bist nur zu stolz, mich um Hilfe zu bitten.«
Ich schloss die Augen und begann, langsam zu zählen. Bei neunundvierzig angelangt, öffnete ich sie einen Spaltbreit.
Iason stand lässig mit verschränkten Armen an die Wand gelehnt und blendete mich geradezu unverschämt direkt mit seinem Flimmerblick.
»Ich dachte, du müsstest so dringend zu Bio.«
Wo war die nächste Sahnetorte!?
In diesem Moment ruckte der Aufzug. Die Fahrt ging weiter. Wenige Sekunden später öffneten sich die Stahltüren.
Lena stand aufgewühlt am Ausgang. »Beeil dich. Oh, hallo, Iason. Mensch, Mia, Bio fängt gleich an. Du weißt doch, dass dieses Ding ständig stecken bleibt. Zum Glück konnte ich sofort den Hausmeister finden.«
»Bin schon da«, sagte ich, zog meine Jacke straff und verließ den Fahrstuhl.
Sie hakte sich bei mir unter und drehte sich noch einmal verwundert zu Iason um. »Warum guckt denn der so komisch?«
Ich zuckte ahnungslos die Schultern. »Vielleicht gibt es auf Loduun keine Aufzüge.«
In Anbetracht dieser Vorkommnisse war mein Referat erstaunlich gut gelaufen und ich sehr erleichtert, als Frau Müller mir zusagte, dass sich meine Note um zwei Punkte verbessert hatte. Sie meinte sogar, ich könnte es in ihrem Unterricht ohne Probleme auf zehn Punkte schaffen, wenn ich mich etwas mehr anstrengen würde. Ach, wenn die gute Frau Müller doch nur den Hauch einer Ahnung hätte, was alles in meinem Kopf vorging. Ein blasser Schimmer dessen, und sie würde verstehen, dass für Bio, optimistisch gesehen, gerade noch eine einzige Gehirnzelle übrig
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