Sternenschweif, 41, Verzauberte Herzen (German Edition)
auf und schlüpfte in ihre Hose und einen Pulli. Dann streifte sie noch ihre Jacke über. Beim Fliegen wehte meistens ein kühler Wind. Im Flur zog sie ihre Turnschuhe an. Als sie durch die Hintertür nach draußen gehen wollte, fiel ihr Blick auf die Hundekörbchen. Buddy gab wie immer ein leises Pfeifen im Schlaf von sich, doch Walter hatte den Kopf gehoben undsah sie an. Laura ging zu ihm und kniete sich kurz hin. „Na, wie geht es dir?“, fragte sie flüsternd und kraulte ihm seine Ohren.
Walter gab natürlich keine Antwort. Aber oft hatte Laura trotzdem das Gefühl, dass er sie verstehen konnte. Er hatte früher Mrs Fontana gehört, der Buchhändlerin, die Laura an die Welt der Einhörner herangeführt hatte. Nachdem die alte Dame zu ihrem eigenen Einhorn nach Arkadia, dem Land der Einhörner, gegangen war, hatte Lauras Familie den Hund bei sich aufgenommen. Laura liebte ihn sehr. Durch ihn fühlte sie sich immer noch mit Mrs Fontana verbunden. „Ich hoffe, dass es dir gut geht“, sagte sie und hatte doch gleichzeitig Sorge, dass mit Walter etwas nicht stimmen könnte.
Nachdenklich schlich sie zum Stall hinüber. Sternenschweif schnaubte leise, als er sie sah. Nahezu lautlos führte sie ihn aus dem Stall hinaus in den Schatten der Bäume am Rand seiner Koppel. Hier waren sie sicher vor fremden Blicken. Zwar würde um die Uhrzeit vermutlich niemand vorbeikommen, doch Laura wollte nichts riskieren. Sie strich Sternenschweif über den Hals. Dann sprach sie mit fester Stimme den Verwandlungszauber:
„Silberstern, Silberstern,
hoch am Himmel, bist so fern.
Funkelst hell und voller Macht,
brichst den Bann noch heute Nacht.
Lass dies Pony grau und klein
endlich doch ein Einhorn sein.“
Kaum hatte sie die letzten Worte ausgesprochen, da flammte ein leuchtend violetter Blitz in der Dunkelheit auf. Als er erloschen war, stand ein edles weißes Einhorn vor ihr und schüttelte seine seidig glänzende Mähne. Sternenschweif! Laura fiel ihm um den Hals. Immer wieder faszinierte es sie, wie wunderschön er in seiner Einhorngestalt war, wie weich sein Fell. Laura schmiegte sich an ihn. „Schön, dass es dich gibt“, sagte sie. „Komm, wir fliegen ein paar Runden am Himmel.“
„Ja, steig auf“, erwiderte Sternenschweif fröhlich. Sobald Laura auf seinem Rücken saß, nahm er ein paar Schritte Anlauf und galoppierte dann sicher in den Nachthimmel hinauf.
Laura hielt ihr Gesicht dem Wind undden Sternen entgegen, die millionenfach über ihr glitzerten. „Das Fliegen ist einfach das Allerschönste auf der Welt!“, sagte sie und Sternenschweif wieherte zustimmend.
Immer kleiner wurde die Welt unter ihnen. Die Häuser von Lauras Dorf schrumpften auf Spielzeuggröße und die wenigen erleuchteten Fenster waren nur noch winzige Lichtpunkte. Schließlich flogen sie über den Wald, der von oben wie ein dunkles Blättermeer aussah. An manchen Stellen schimmerte das Laub der Bäume silberschwarz im Mondschein. Laura schaute sich aufmerksam um. Oft sahen Sternenschweif und sie aus der Luft Tiere oder Menschen, die in Not geraten waren und denen sie helfen konnten. Ein Reh etwa, das sich im Geäst eines Strauchs verfangen hatte unddas sie befreiten. Oder ein Tier, das sich verletzt hatte und das Sternenschweif dann mit seinem Horn berührte und heilte. Doch heute war alles ruhig um sie herum. Laura atmete erleichtert auf.
„Anscheinend geht es heute allen gut“, sagte sie und musste sogleich an Walter denken.
„Stimmt!“ Sternenschweif nickte. „So können wir den Flug umso mehr genießen.“ Sie drehten noch einige Schleifen am Himmel, dann landete Sternenschweif auf der geheimen Lichtung. Dies war der Lieblingsort der beiden. Er lag verborgen im Wald und niemand außer den Einhornfreunden konnte ihn finden. Golden glitzerten die Blütenspitzen der Mondblumen, die das ganze Jahr über auf der Wiese blühten.
Laura ließ sich von Sternenschweifs Rücken gleiten. Trotz des kühlen Windes hatte sie ganz rote Wangen von dem Flug durch die Nacht. Es hatte Spaß gemacht, doch sie war mit ihren Gedanken schon wieder bei Walter. Seufzend setzte sie sich auf ihren Lieblingsbaumstamm.
Sternenschweif sah sie forschend an. „Du hast doch irgendwas?“, fragte er behutsam. Er merkte meistens, wenn Laura etwas bedrückte, und darüber war sie sehr froh. Sternenschweif war einfach ihr bester Freund, mit ihm konnte sie über alles reden. Jedes Geheimnis konnte sie ihm anvertrauen. Und die geheime Lichtung war ein Ort, wo
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