Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sternenspiel

Sternenspiel

Titel: Sternenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
Vom Netzwerk:
vor, hingen mir inzwischen aber zum Hals raus.
    Ich erkundete mit den Beinen das Nichts. Dann schloss ich hinter mir die Klappe und balancierte auf dem schmalen Rand entlang. Bis zum Wasser war es nicht weit, das Plätschern klang ganz nah.
    Als ich sprang, stand mir überdeutlich vor Augen, wie eine spitze Stange, die aus dem tosenden Strom herausragte, meinen Körper aufspießte …
    Das Wasser kam mir nur warm vor. Dabei war es normales Meereswasser. Salzig. Das kannte ich inzwischen. Die Strömung erfasste mich und trug mich eine enge, dunkle Röhre entlang. Der Raum über dem Wasser war ganz knapp bemessen, gerade mal meinen Kopf konnte ich herausstrecken.
    Eine Wasserleitung, die vom Meer her kam!
    Ich schwamm vorwärts, spuckte das Wasser aus, tauchte bald unter, bald wieder auf und sog jedes Mal gierig Luft ein. Es trieb mich Richtung Kuppel. Damit sah ich mich mit einer unermesslichen Zahl von Möglichkeiten konfrontiert. Gitter, Schaufeln, Kühlsysteme von Reaktoren, geschlossene Reservoire.
    Nein! Das konnte nicht sein. Die Geometer hatten eine sehr sorgsame Einstellung gegenüber dem Leben. Wenn die Klappe nicht blockiert gewesen war, wenn es keine Warnhinweise und keine Sicherheitsgitter gegeben hatte, dann hieß das, dass einem Menschen, der in den Tunnel fiel, keine Gefahr drohte!
    Natürlich war das eine sehr freie Interpretation. Aber sie half mir, jene Minute zu überstehen, als die Strömung mich durch den Tunnel trug. Irgendwann funkelte schwaches Licht vor mir auf, die Strömung ließ nach, und ich ertastete allmählich Boden unter den Füßen. Ein letztes Mal schleuderte es mich herum, dann wurde ich auf ein maschendrahtartiges Metallgitter gespült, das den Boden bildete. An der Decke brannten schwache Lampen. Ich erhob mich. Erst jetzt verspürte ich Angst.
    Ein kleiner runder Raum. Der Boden war durchlöchert wie ein Sieb, hier und da hingen Algen und Dreckbrocken darin. Das durch den Tunnel strömende Wasser schäumte, floss auseinander und stürzte nach unten.
    Diese Geometer! Ich befand mich mitten in einem Klärwerk. Ausgesiebt mit anderem Dreck.
    Auf wackligen Beinen taumelte ich zur einzigen Tür, die aus dem Raum hinausführte. Wenn sie sich nicht öffnen ließ, war ich ein seltener Idiot. Ließ sie sich dagegen öffnen, war ich ein Idiot, der Glück gehabt hatte.
    Ich sollte Glück haben. Die Tür ging auf, dahinter lag ein schmaler, nach oben führender Schacht mit in der Wand befestigten Bügeln. Auf dem Boden waren Erdklumpen und fauliger Mulm verteilt. Ohne weiter darüber nachzudenken, kraxelte ich nach oben. Drei Meter über mir gab es eine Metallluke. Was sich wohl dahinter befand?
    Die Luke fügte sich meinem Druck, ich klappte sie auf. Das Gemisch, das auch den Boden des Schachts bedeckte, rieselte in leichtem Regen auf mich herab. Von außen war der Ausgang nachlässig mit Erde getarnt.
    Ich zog mich durch die Luke hoch und krabbelte nach draußen. So wie ich mich umsah, hätte man glauben können, ich sei noch in der Lage zu fliehen oder zu kämpfen. Doch ich fiel nur noch bäuchlings auf den Boden. Über mir hingen die Äste der Bäume, über diesen die Glaskuppel, noch weiter oben das fahle Dämmerlicht.
    Ich hatte es geschafft. Ich war in die Siedlung der Geometer vorgedrungen.
    Ob das Grund zur Freude oder zur Klage war, stand allerdings noch nicht fest.
     
    Zwanzig Minuten lag ich einfach da und genoss die Ruhe. Meine Haut fing an zu kribbeln, als das Gefühl in sie zurückkehrte, weil der Cualcua den Schutz aufhob.
    Ich musste etwas essen. Als Erstes musste ich die Kräfte des Symbionten wiederherstellen, erst dann durfte ich mich ausruhen … Der Gedanke war überraschend aufgetaucht, und ich verkrampfte mich prompt. Beeinflusste der Cualcua am Ende doch mein Bewusstsein?
    Nein, eigentlich war das eher unwahrscheinlich. Ich spürte keinerlei Gewalt. Eher handelte es sich um jene Fürsorge, mit der ich auf der Erde meinen Hund gefüttert hatte. Und mehr verlangte der Cualcua ja auch nicht.
    Es war komisch, über einen Außerirdischen nachzudenken und zu versuchen dahinterzukommen, ob sich in seinen Handlungen Arglist und Verrat verbarg – wenn er jeden Gedanken las. Daran musste man sich nicht nur einfach gewöhnen, solch eine Situation musste man akzeptieren, da musste man vertrauen.
    Wenn man über eine Situation keine Kontrolle hat, bleibt nur Ohnmacht. Die nennen wir dann Vertrauen, und schon sind wir zufrieden …
    Ich erhob mich. Schaute mich um. Der Schacht

Weitere Kostenlose Bücher