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Sternenspiel

Sternenspiel

Titel: Sternenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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hätte zu gern gewusst, wie meine dreckigen Füße, das schmutzige Hemd und das weiße Band zusammenpassten.
    Dann klopfte ich an.
    »Komm rein, Nik«, erklang leise die Stimme des Ausbilders Fed. »Es ist offen.«
    Ich berührte die Tür, und sie glitt in die Wand.
    »Guten Morgen, Ausbilder Fed«, begrüßte ich ihn beim Eintreten.
     
    Hier, im Weißen Meer, war Feds Zimmer viel größer. Es war trapezförmig, den ganzen Raum um die Tür herum nahmen einfache Gerätschaften ein. Federn, Gegengewichte und Griffe. Man brauchte keine besonderen Kenntnisse, um zu wissen, dass es sich hier um Sportgeräte handelte. Man hatte sie auseinandergenommen, zur Tür geschleppt, aber noch keine Zeit gefunden, sie aus dem Zimmer zu expedieren. Vermutlich hatte der bisherige Bewohner die körperliche Fitness recht hochgehalten.
    »Komm rein, Nik. Setz dich.«
    Der Ausbilder Fed sah mich nicht einmal an. Er saß da, mit dem Rücken zu mir, und starrte auf einen Bildschirm, der die Halle zeigte, in der der kleine Wachtposten friedlich schlief.
    Die Sessel standen weit weg, und auf das gemachte Bett wollte ich mich nicht setzen. Deshalb nahm ich mit dem Sattel eines Sportgeräts vorlieb, das verdammt an ein Fahrrad erinnerte. Also, ein begnadeter Erfinder würde aus mir in dieser Welt nicht werden, das Fahrrad hatten die Geometer schon selbst erfunden.
    »Was soll diese Wache an der Tür, Fed?«, fragte ich. »Kinder sollten nachts schlafen.«
    »Kinder müssen zu Verantwortung erzogen werden. Und in erster Linie zu Verantwortung für andere. Dieser Junge ist leider noch weit vom Ideal entfernt.«
    Der Ausbilder Fed drehte sich in seinem Sessel um. Er betrachtete mich mit aufmerksamem Blick. Natürlich hatte er mich längst gesehen, auf dem Bildschirm, und in seinen Augen lag keinerlei Neugier.
    »Du bist übel zugerichtet, Nik«, sagte er. »Darf ich dich nach wie vor Nik nennen?«
    »Warum nicht?«
    »Aus dem einfachen Grund, weil du nicht Nik Rimer bist«, antwortete der Ausbilder seufzend. »Du bist nicht mein Schützling.«
    Man kann nicht auf ehrliche Weise einen Falschspieler schlagen. Man kann nicht heimlich in eine Zivilisation von Spionen eindringen.
    »Wie kommst du darauf, Ausbilder?«
    »Deine Reaktion, Junge. Du benimmst dich fast wie Nik … unter Berücksichtigung der Amnesie, natürlich. Ich bin nicht gleich auf die Idee gekommen, die Archive nach der Operation Schatten zu durchforsten. Erst nachdem … als ich wieder zu mir gekommen bin. Nik hätte mich nicht geschlagen, Junge. Er hätte frech werden können, weinen, abhauen oder nicht mehr mit mir sprechen können. Mehr nicht. Für die Bewohner des Schattens wäre diese Reaktion jedoch völlig normal gewesen. Ein symbolischer Schlag, als Zeichen der Verachtung.«
    »Nicht nur für die Bewohner des Schattens …«
    Waren die Geometer also vor einer weiteren humanoiden Rasse geflohen? Vor Menschen, die fähig waren, so zu handeln wie ich?
    »Mag sein, Junge. Der Kern ist groß …«
    Sie waren aus dem Zentrum der Galaxis gekommen! Das hätte ich mir eigentlich gleich denken müssen! Ein Himmel, flammend vor Sternen!
    »Wie soll ich dich nennen?«
    »Pjotr.«
    »Pjor?«, fragte der Ausbilder irritiert zurück.
    »Pjotr«, artikulierte ich die Laute so klar wie möglich. In ihrer Sprache war das »t« ganz weich, fast nicht hörbar. Daher war es schwer, etwas aus dem Russischen in der Sprache Der Heimat wiederzugeben.
    »Pjoter …«, brachte Fed heraus und erinnerte mich damit an Elsa von der Lufthansa. Herr im Himmel! Das war weniger als zwei Wochen her! Der Weltraumbahnhof auf Hyxi, das Glas Bier in der Bar … »Sag mir, Pjoter, lebt Nik Rimer noch?«
    »Er ist tot.«
    »Hast du ihn umgebracht?«
    »Nein. Ich glaube, er war ein guter Mensch, Fed. Ich hätte ihn nicht umbringen können.«
    »Und einen schlechten – den schon?«
    »Ja«, gab ich ehrlich zu. »Jetzt könnte ich das.«
    Der Ausbilder senkte den Blick. Er starrte auf den Boden, wo zwei nicht ausgepackte Taschen standen. In einer von ihnen befanden sich bestimmt die Photos, die an der Wand in seinem alten Zimmer gehangen hatten.
    »Du bist ihm wirklich ähnlich …«, flüsterte Fed. »Aber selbst Nik hätte gegen die Wendigen keine Chancen gehabt … und wäre nicht halbnackt bis zum Internat gekommen.«
    Unbestimmter Schmerz überkam mich. Alles war so hoffnungslos. Gewiss, man konnte den Helden spielen, sich mit Aliens prügeln und den Mistkerlen unter den Menschen die Fresse polieren. Aber eine

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