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Sternenspiel

Sternenspiel

Titel: Sternenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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glücklicherweise nicht zu dem Bankett zu. Dafür traf ich jedoch zwei Amerikaner von Delta, die letzte Nacht von Kerinnari-3 zurückgekehrt waren. Lächelnde, schlanke Menschen mit weißen Zähnen.
    »Auf den Heldenmut der russischen Piloten!«, toastete der hagere Alte Kisseljow und stürzte das erste Gläschen hinunter. Die Amerikaner applaudierten. Ich kam nicht umhin, ebenfalls auf ex zu trinken.
    Zwanzig Minuten später herrschte in dem kleinen Raum ein ausgelassenes Treiben. Alle hatten sich von ihren Stühlen erhoben, kleine Gruppen gebildet und diskutierten jetzt hitzig über dieses und jenes. Das gepflegte Bankett war zu einem typisch russischen Gelage mutiert. Entsetzt verfolgte ich die Fraternisierung und das Brüderschaftstrinken der amerikanischen Piloten und des russischen Generals. Die Offiziere kippten Wodka oder Kognak in sich hinein und aßen winzige Brotscheiben mit Kaviar oder Schinken dazu. Die Menschen im Raum schienen sich förmlich zu vermehren. Zigarettenrauch stieg zur Decke auf, in einer Schüssel mit Salat, aus der ich mir etwas auftun wollte, entdeckte ich sogar ein paar noch qualmende Kippen.
    Für einen Moment löste sich Danilow aus dem Knäuel. Er schaute mich an, passte einen vorbeihuschenden Kellner ab – einen Soldaten in weißem Kittel – und erteilte ihm einen Befehl. Kurz darauf brachte der Soldat mir auf einem Tablett einen Teller Borschtsch.
    »Iss nur«, forderte mich Danilow auf, der plötzlich hinter mir stand. »Und achte nicht auf die Leute um dich herum, sie haben sich heute Morgen reichlich Sorgen gemacht …«
    Als ob ich mir keine gemacht hätte!
    Das tolle Treiben dauerte noch rund eine halbe Stunde. Ich kauerte mich am Tisch zusammen und wünschte aus tiefstem Herzen, kleiner zu sein. Rasch verschlang ich die Suppe. Einer der Amis näherte sich mir, erstrahlte und zog einen Photoapparat heraus, um ein paar Aufnahmen von mir zu machen. Dabei wählte er die Perspektive so, dass auch einige leere Wodkaflaschen mit ins Bild kamen. Innerlich explodierte ich schon, doch da schlängelte sich abermals Danilow aus der Menge, die inzwischen garantiert auf dreißig Leute angewachsen war, als hätte sich jeder Oberst verdoppelt und jeder General einen Ableger bekommen. Obwohl er nicht weniger als die anderen getrunken zu haben schien, wirkte er völlig nüchtern.
    »Rechne mit deinem Portrait im Playboy oder dergleichen«, foppte Danilow mich. »Der russische Held bei der Erholung … Petja, schlag dich zum Ausgang durch, ich komm gleich nach.«
    »Aber was ist …?«
    »Es ist alles in Ordnung, deine Rolle als Ehrengast hast du hervorragend gespielt.« Danilow breitete die Arme aus. »Nur keine falsche Bescheidenheit. Und jetzt zum Ausgang!«
    Ich stand auf und kämpfte mich mit verkrampftem Lächeln zum Ausgang durch. Am anderen Ende des Tischs klaubte ein kleinerer, schüchterner Major Schinkenscheiben und roten Fisch von den Broten und verfrachtete beides in eine Plastiktüte.
    »Guten Tag, Petja«, begrüßte er mich ein wenig verlegen und streckte mir die Hand hin. »Ich bin Maxim. Maxim Hiller. Ich habe Sie vom Kontrollzentrum aus geleitet …«
    »Vielen Dank, Maxim«, erwiderte ich aufrichtig.
    »Ich habe Katzen zu Hause«, erklärte Maxim. »Eine sehr seltene Rasse. Ohne Fell. Kennen Sie die?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Ich wollte ihnen eine kleine Freude machen … Damit sie mal etwas Anständiges zwischen die Zähne bekommen, nicht immer bloß ihr Whiskas.«
    »Dann nehmen Sie auch noch etwas Käse mit«, riet ich ihm.
    Maxim nickte zufrieden. »Das mache ich, nach Käse sind sie nämlich ganz verrückt …«
    Ich quetschte mich an den Kellnern vorbei und schlüpfte ins Vorzimmer von Kisseljow. Den Eingang bewachten zwei Sergeanten mit MPis. Sobald sie mich erblickten, nahmen sie eine stramme Haltung an. Ich ließ mich auf den nächstbesten Stuhl plumpsen und rieb mir die Stirn.
    Was für ein Albtraum!
    Die Sergeanten mussten die reinsten Haltungswunder sein …
    »Finden hier häufig solche Banketts statt?«, wandte ich mich an die beiden.
    Sie wechselten Blicke. »Eigentlich nicht«, antwortete einer der beiden Sergeanten dann mit gedämpfter Stim me. »Vielleicht zwei Mal pro Woche, Genosse Major …«
    »Sind Sie früher noch nie dabei gewesen?«, erkundigte sich der zweite und kühnere Wachtposten.
    »Nein«, gestand ich.
    … Normalerweise müsste ich mich nämlich jetzt um alle Formalitäten kümmern, was mich einen halben Tag kosten würde. Die

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