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Sternenspiel

Sternenspiel

Titel: Sternenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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abblasen. Denn ein laxes Verhalten in puncto Gesundheitszustand der Crew legen die Ärzte nur auf anderen Planeten, nur bei den Außerirdischen an den Tag … da reicht es, wenn die Leute nüchtern sind, alles andere spielt keine Rolle …
    Hunderte von Problemen.
    Stopp! Was tat ich hier eigentlich?!
    Ich zerbrach mir ja den Kopf darüber, wie wir ein Raumschiff kapern könnten!
    Ich unterdrückte meinen ersten Impuls, mich auf den Zähler zu stürzen, und versuchte, Ordnung in meine Gedanken zu bringen. Schließlich würde mich der Zähler doch nicht wirklich manipuliert haben?
    Nein, anscheinend nicht.
    Meine Einstellung zu dem Plan, den mein Großvater und der Zähler ausgeheckt hatten, war nach wie vor die gleiche. Mir schmeckte das nicht … zumindest nicht, solange sie mir keine klaren Erklärungen geliefert hatten. Und ich hatte nicht die geringste Absicht, mir mit Gewalt Zutritt zu einem Schiff zu verschaffen, mit einer MPi im Anschlag und meinem Großvater im Huckepack!
    Nein, mich hatte einfach Wut erfasst. Nach dieser genialen Fassung von Romeo und Julia in moderner Sprache, nach der Werbung für den elektrischen Korkenzieher, nach dem alten Film, der nur feige mitten in der Nacht gezeigt wurde und in dem die Aliens nicht gerade im besten Licht erschienen.
    Alles würde nur schlimmer und schlimmer werden. Wir würden degenerieren. Schnell und unwiderruflich. In eine Rasse von Idioten würden wir uns verwandeln.
    Die Tür knarzte.
    »Petja?« Mein Großvater lugte besorgt ins Zimmer. »Ist alles in Ordnung?«
    Ich stand schnell auf, huschte auf Zehenspitzen zur Tür und schlüpfte hinaus in die Diele. Hier war es dunkel, nur im ersten Stock schimmerte an der Treppe matt eine Glühbirne. Ich glaube, als Kind habe ich mich vor der Dunkelheit gefürchtet … aber ich weiß nicht mehr, warum. Mein Großvater hatte mir damals versprochen, an meiner Tür würde immer ein Licht brennen, und er hat sein Versprechen gehalten. Kein Nachtlicht überm Bett – mein Großvater hat meinen Ängsten nie Vorschub geleistet –, sondern ein Licht über der Tür. Mir hatte das jedoch genügt. Diese Glühbirne konnte man nicht mal abschalten. Sie brannte immer … sowohl wenn ich in meinem eigenen Bett schlief als auch an den Tagen, an denen ich in der Ausbildungsstätte übernachtet hatte oder wenn ich mir in einem Hotel auf einem fremden Stern ein Zimmer nahm.
    »Ist alles in Ordnung, Petja?«, fragte mein Großvater beunruhigt.
    In dem alten Pyjama und den Latschen wirkte er nicht gerade wie der Chefideologe des Chauvinismus der Menschheit oder wie ein durchtriebener Demagoge und unerbittlicher Opponent aller Regierungen. Jetzt war er nur noch ein aufgedunsener Alter, der seine Tage längst mit einem Glas Kefir vorm Fernseher verbringen sollte …
    »Du … machst dir meinetwegen Sorgen?«, fragte ich. »Glaubst du, der Zähler würde versuchen, mich zu manipulieren?«
    Mein Großvater blickte woanders hin.
    »Ich habe nur Fernsehen geguckt.«
    »Gibt’s was Neues?«
    »Einen elektrischen Korkenzieher«, sagte ich achselzuckend. »Er öffnet zwanzig Flaschen pro Minute.«
    Mein Großvater lächelte pflichtschuldig. So lächelt man ein Kind an, das aufgeregt seinen ersten Witz erzählt. Aber ehrlich gesagt fand ich die Sache inzwischen selbst schon nicht mehr komisch.
    »Wir stürzen in einen Abgrund, Großpapa«, behauptete ich und ließ mich gegen den Türrahmen sacken. »Wir verblöden. Und … sind glücklich dabei.«
    »Glückliche Verblödung, das trifft es genau.« Mein Großvater nickte.
    »Also, ich glaube nicht, dass der Zähler mich manipuliert hat … vielleicht liegt es einfach an der Nacht. Ich habe angefangen, darüber nachzudenken, wie man eine Fähre entführt!«
    Mein Großvater wartete geduldig.
    »Die Nacht … da wächst die Wut, Großpapa. Ich bin daran gewöhnt, nachts zu schlafen. Und tagsüber gute Bücher zu lesen oder gute Filme zu sehen. Da bleibt mir keine Zeit, über etwas Böses nachzudenken. Ob ich einen Fehler mache, wenn ich nachts schlafe?«
    »Du hast dich durch zwei, drei Kanäle gezappt und zwei, drei dumme Sendungen gesehen«, stellte mein Großvater fest. »Bist du danach etwa immer noch der Ansicht, man müsse sich an die Regeln halten, die diese Menschheit aufgestellt hat?«
    »Ja, wahrscheinlich schon. Aber es waren fünf Kanäle.«
    »Du hast nicht ganz recht, Petja. Die glückliche Verblödung ist nämlich der Normalzustand der Menschen. Sie nimmt nur unterschiedliche Formen an.

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