Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sternenspiel

Sternenspiel

Titel: Sternenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
Vom Netzwerk:
Erde recht nützlich sein«, bemerkte ich. »Zum Beispiel indem du die Verbrecher kurierst. Indem du aus ihrem Bewusstsein alle asozialen Neigungen löschst.«
    »Das hieße, einer Persönlichkeit Gewalt anzutun.«
    »Und was ist mit dem Terroristen, der eine Bombe im Supermarkt hochgehen lässt?«, konterte ich in Erinnerung an den Anschlag in Stawropol im letzten Jahr. »Wendet der etwa keine Gewalt an?«
    »Die Menschen würden kaum zustimmen, dass ein Vertreter einer außerirdischen Zivilisation an ihrer Psyche rumbastelt … und sei es an der Psyche eines Mörders. Die Menschen bevorzugen alte, erprobte Methoden. Gefängnis und die Todesstrafe.«
    Vermutlich hatte er recht. Ich seufzte.
    »Irgendwann«, fuhr der Zähler mit weicher Stimme fort, »wenn unser Plan klappt, werden unsere Rassen einander besser verstehen … und die Hilfe der anderen Seite ohne Vorbehalte annehmen. Das externe Handeln war für uns nie von entscheidender Bedeutung, Pjotr. Aber wir leben nun mal in einer materiellen Welt, und das Rad der Zeit lässt sich nicht zurückdrehen. Früher haben wir in unseren Nestern geschlummert – und die Welt verstehen gelernt. Als unser Planet uns keine weiteren Informationen bot, sind wir in den Kosmos aufgebrochen. Vielleicht war das ein Fehler … Wir sind auf Daenlo gestoßen, und das Konklave hat uns gezwungen, mit anderen Rassen zusammenzuarbeiten.«
    »Bedauert ihr wirklich, dass ihr nicht auf eurem Planeten geblieben seid?«, fragte ich erstaunt.
    »Ein wenig.«
    »Aber es ist unmöglich, neues Wissen zu erlangen, wenn man sich nicht im Raum ausbreitet! Wenn Erkenntnis für euch das wichtigste Ziel im Leben ist, dann musstet ihr in den Kosmos vorstoßen!«
    »Nicht unbedingt, Pjotr. Jedes Atom trägt die Informationen über das Universum in sich. Ein Neutrino, das durch einen Planeten wandert, liefert mehr Informationen als tausend Schiffe, die den Weltraum erforschen. Wir hätten auch diesen Weg gehen können, aber er ist lang … zu lang. Damit hätten wir riskiert, dass unser Stern verlischt, noch ehe wir die Welt ganz begreifen. Wir wollten lieber auf Nummer sicher gehen …«
    Der Zähler seufzte, genau wie ein Mensch.
    Was für ein seltsamer Kerl. Mitunter wirkte er wie ein Mensch in der Haut eines Reptils – dabei war das nur Illusion.
    »Gut, Karel. Schlaf jetzt … oder wie auch immer du das nennst.«
    Der Zähler beobachtete, wie ich mich zur Lampe an der Wand vorbeugte. »Hilfst du uns, eine Fähre zu kapern?«
    »Karel, das ist unmöglich.«
    »Nichts ist unmöglich auf der Welt, Pjotr.«
    »Dann weiß ich es noch nicht«, gab ich ehrlich zu. »Es ist ein Verbrechen. Und das Schlimme ist nicht mal, dass so eine Fähre Milliarden von Dollar kostet. Wenn man eine Fähre entführen will, muss man Gewalt anwenden.«
    Der Zähler hüllte sich in Schweigen.
    »Du betonst doch auch, wie friedfertig du bist«, erinnerte ich den Zähler. »Das gefällt mir. Aber dann musst du verstehen, dass ich meine Freunde nicht mit einer Waffe bedrohen will. Diejenigen, die mich in den Kosmos bringen, diejenigen, die mir helfen, nach Hause zu kommen. Und wenn ich schießen müsste …«
    Der Zähler hörte gespannt zu.
    »Ich kann das nicht, Karel.«
    »Mord ist für dich kein gangbarer Weg?«
    »Der Mord von Unschuldigen? Nein!«
    »Schlaf jetzt«, sagte der Zähler. »Morgen früh sehen wir weiter.«
    »Schwöre, dass du meine Psyche nicht manipulierst!«, verlangte ich. Ob mein Großvater vielleicht genau das wollte? Hatte er womöglich nach dem langen und ergebnislosen Streit, bei dem er mich nicht von seiner Position hatte überzeugen können, beschlossen, diese »Überzeugungsarbeit« dem Alien zu überlassen?
    Was für Mist mir in den Sinn kam!
    »Warum glaubst du, ein Versprechen würde mich daran hindern?«, fragte der Zähler.
    »Keine Ahnung. Aber ich merke bestimmt, wenn du meine Psyche veränderst. Nehme ich jedenfalls an. Du könntest mich doch wohl kaum unbemerkt manipulieren. Wenn ich nur den leisesten Verdacht habe, dass du dich in meinen Verstand einschleichst … dann liefere ich dich aus. Dann informiere ich Roskosmos und die Wesi.«
    »Ich schwöre, dass ich ohne deine vorherige Einwilligung niemals auf deinen Verstand einwirken werde«, erklärte der Zähler.
    Ich ließ mir den Wortlaut seines Versprechens durch den Kopf gehen und nickte. »Gute Nacht.«
    Nachdem ich das Licht ausgeschaltet hatte, streckte ich mich im Bett aus. So still, wie der Zähler dalag, konnte man fast

Weitere Kostenlose Bücher