Sternenstaub
drangegangen?«
»Das war … äh … ausgeschaltet.«
»Mensch Mia, du weißt doch, wie schwer es für mich ist, von zu Hause wegzukommen.«
»Tut mir echt leid, Lena.«
Wir hatten den Sprachenraum erreicht, als Lena vor der Tür stehen blieb.
»Wo warst du denn überhaupt?«
»Ich?« Ich ging hinein.
Sie kam hinterher. »Ja, du. Wer sonst?«
Wir schlängelten uns durch die Tischreihen zu unseren Plätzen am Fenster.
»Och, ich bin im Tulpenweg geblieben.«
»Was?« Lena ließ die Tasche auf den Tisch fallen. »Und das erzählst du mir so ganz nebenbei?«
Ich kramte nach meinem Französischheft, während sie sich ungeduldig zu mir herüberbeugte.
»Und?« Wenigstens fragte sie leise, denn der Unterricht begann. Frau Krüger, die Französischlehrerin schrieb eine Reihe unregelmäßiger Verben an die Tafel. Ich wollte sie abschreiben, aber Lena ließ mich einfach nicht. Fordernd zupfte sie an meinem Shirt-Kleid und als das nichts half, klopfte sie mir auf die Jeans.
»Es war schön«, flüsterte ich schließlich.
»Weißt du jetzt, wie es auf Loduunisch geht?«
»Nein.«
»Aber ihr habt …?«
»Nein.«
Sie stutzte. »Wie, nein?«
»Psst«, zischte ich.
»Mia Wiedemann, mutierst du jetzt etwa zur Nonne!«
Alle drehten sich zu uns um.
Eine Tomate war nichts gegen mich.
Frau Krüger bedachte uns mit einem strengen Blick, wandte sich dann aber wieder der Tafel zu. Auch die anderen verloren nach und nach das Interesse.
Ich beschloss, die Fortsetzung des Gesprächs auf die Pause zu verschieben. Lena protestierte zunächst, merkte aber schnell, dass ich mich nicht erweichen ließ.
Aber nach dem Gongschlag zog sie mich schnurstracks in eine verlassene Ecke des Schulhofs.
»Ihr habt also nicht miteinander geschlafen?«, fragte sie dann auch gleich.
»Mensch, Lena, er ist Loduuner«, erinnerte ich sie. »Da verhält sich so manches anders. Ich weiß nicht mal genau, wie sie es … na, du weißt schon.«
»Es ist nichts gelaufen?« Sie war entrüstet – und enttäuscht.
»Nun ja.«
»Was, nun ja? Jetzt lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen, Herrgott.«
»Wir sind uns schon nahe gekommen.«
»Geht’s auch konkreter?«
»Näher als du deinem Gesicht nach schließt.«
Lena brannte förmlich auf die Details, das war ihr anzusehen. Dennoch atmete sie jetzt tief durch und fragte betont ruhig. »Wie genau nahe denn?«
» Sehr nahe und es war sehr schön. Und wie war dein Tag?«
Das Ergebnis ihrer Befragung machte sie sichtlich unzufrieden.
»Gib’s auf, Lena. Mehr ist nicht.«
Sie schmollte eine Weile, aber dann breitete sich ein feistes Grinsen auf ihrem Gesicht aus. »Weißt du was, Schätzchen?«
»Hm?«
»Manchmal bist du echt anstrengend.«
Ich verdrehte die Augen. »Das sagt gerade die Richtige.«
Wir lachten beide, weil wir uns trotzdem so gerne mochten.
»Übrigens, Iason hat mir erzählt, dass O’Brian heute vielleicht wiederkommt.«
»Woher weiß er das denn?«
So, wie sie das fragte, wusste ich, dass ihre vorgespielte Abneigung ihm gegenüber nur bedingt den Tatsachen entsprach.
»Keine Ahnung«, sagte ich schnell.
Mit einem Mal hatte es Lena sehr eilig, zum Englisch-Raum zu kommen. Auf dem Weg dorthin begegneten wir Iason, Finn und Frank.
Es klingelte zum Beginn der zweiten Stunde. Aber Mr O’Brian kam nicht. Stattdessen betrat wieder Frau Krüger als seine Vertretung den Raum.
»Ich muss Ihnen leider mitteilen, dass Mr O’Brian immer noch nicht in der Lage ist, seinen Unterricht wieder aufzunehmen«, spulte sie ihre Information ab. »Sein Gesundheitszustand ist weiterhin kritisch, und es wird wohl noch einige Wochen dauern, bis er zu uns stößt.«
»Pah«, machte ich und erntete dafür eine Rüge von Frau Krüger. Aber dann fiel ihr Blick auf Iason, der neben mir saß – und wanderte weiter zu Finn. Was hatte sie denn? Warum sah sie die beiden so komisch an?
Frau Krüger räusperte sich, so, als wäre es ihr unangenehm, was sie zu sagen hatte.
»Iason, Finn, ich muss Sie bitten, Ihre Halsbinden abzunehmen.«
»Was?!« Lena und ich sprangen gleichzeitig auf. Ein Raunen ging durch die Klasse.
Iason aber blieb irritierend ruhig; äußerlich zumindest. »Dürfte ich erfahren, weshalb?«, fragte er.
Ich setzte mich wieder. Lena blieb stehen.
Frau Krüger blätterte fahrig in ihren Unterlagen. »Laut einer neuen Schulordnung sind derartige Formen optischer Abgrenzung zu unterlassen.« Sie war nicht in der Lage, ihn anzusehen.
Finn stieß ein kurzes
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