Sternenzitadelle
verfügen nicht über dieselben Schutzmechanismen, die Aphykit Alexu besitzt. Sie sind Jersaleminer.«
»Jer Salem wurde durch eine Explosion zerstört …«
»Sie konnten ihren Planeten vorher verlassen und reisten im Bauch der himmlischen Zugvögel, der Xaxas, zur Terra Mater. Dort wurden sie kryogenisiert.«
»Es fällt mir schwer, Euch Glauben zu schenken, Großinquisitor.«
»Hier geht es nicht um Glaubensfragen, Eure Eminenz, sondern um Fakten.«
Der Kardinal rieb sich nachdenklich die Wange. Sollte Wyroph nicht lügen – doch welches Interesse hätte er zu lügen? –, erwies sich sein spontaner Besuch Bawalos noch
lohnender als vorhergesehen. Das zunehmende Entsetzen auf den Gesichtern der beiden Jersaleminer während er Erklärungen Wyrophs fegten seine letzten Zweifel hinweg.
Eigentlich bin ich nur gekommen, um einen ins Wanken geratenen Missionar auf den rechten Weg zu führen, dachte er, doch nun sind mir zwei Häretiker, die legendäre Naïa Phykit und ihre Tochter, und ein Verräter ins Netz gegangen. Nicht zu vergessen den Julischen Korund, das Siegel des Kreuzes, der Garant der Nachfolge des Muffis …Wenn ich es geschickt anstelle und meine Verdienste ins rechte Licht rücke, kann ich zu Ruhm und Reichtum gelangen, vielleicht sogar auf Platonia eine neue Hauptstadt bauen, die mit Venicia konkurrieren kann, wo ich Alleinherrscher bin. Eine Stadt, die meiner würdig ist.
»Meine Tochter ist sehr krank«, sagte Aphykit leise. »Ist jemand unter Ihnen, der sie behandeln könnte?«
Der Kardinal durchbohrte die Frau mit einem eiskalten Blick aus seinen Schlangenaugen. Sie verkörperte alles, was er bei Menschen hasste: natürliche Schönheit, Adel und einen unbezähmbaren Stolz.
»Ich habe Ihnen noch nicht das Wort erteilt, meine Dame!«, wies er sie zurecht. »Die Kirche bestraft Ihre Tochter für deren Arroganz. Sie hat nicht das Recht, den Julischen Korund zu tragen! Bekennen Sie sich zum Wahren Wort, geben Sie der Kirche den Ring des Muffis zurück, dann wird Ihnen Ihre Tochter vielleicht im Jenseits zurückgegeben.«
Als er Tränen über die blassen Wangen Aphykits rinnen sah, konnte er kaum ein triumphierendes Lächeln verbergen. Ein Schauder lief ihm über den Rücken, nicht weil er sie begehrte, sondern weil er seine Macht auskostete.
»Ich appelliere an Eure Menschlichkeit, Eure Eminenz«,
bat Aphykit. »Solltet Ihr so hartherzig sein, mein Kind sterben zu lassen, ohne wenigstens den Versuch unternommen zu haben, es zu retten?«
Der Kardinal betrachtete eine Weile den reglosen Körper des kleinen Mädchens. Ohne Mitgefühl, ohne Erbarmen. Dann starrte er den Ring an. Er hatte seine Strahlkraft verloren und schimmerte jetzt in tiefem Blau, fast schwarz.
»Es tut mir leid, meine Dame, aber in diesem Dorf gibt es keinen Arzt. Und was die Heilkünste der Eingeborenen betrifft, die eher Hexerei sind, so werden sie in einer Stunde ausgelöscht. Ihre Tochter kann nicht gerettet werden. Vielleicht sollten Sie sich um ihre Seele kümmern? Das Kreuz in seiner Güte wird sie in seinen Schoß aufnehmen, sollte sie vorher von ihren Sünden befreit worden sein. Doch wenn ich Ihrer beider Kleidung betrachte …«
»Und welches Urteil wird das Kreuz sprechen, wenn einst Ihr vor Ihm stehen werdet, Eure Eminenz?«, zischte Aphykit, außer sich vor Zorn.
»Du wagst es, mich zu kritisieren, Hexe?«, brüllte der Kardinal. Seine autopsychische Selbstkontrolle hatte er vollständig vergessen. »Du solltest mir dankbar sein. Denn der Tod deiner Tochter wird sehr sanft im Vergleich zu deinem sein. Sie wird nie die Schmerzen des Feuerkreuzes erfahren …«
Bei diesen Worten stürzte sich San Francisco auf den Kardinal, legte die Hände um seinen Hals und begann ihn zu würgen. Die Augen des Kirchenmanns traten aus seinem Kopf, er atmete pfeifend. Er öffnete den Mund, ein Gurgeln drang aus seiner Kehle. Die Exarchen standen wie versteinert da und dachten nicht einmal daran, ihrem Vorgesetzten zu Hilfe zu kommen.
Doch San Francisco spürte, wie ein eisiger Strom in sein Gehirn glitt. Sofort verlor er jegliche Kontrolle über seinen Körper, ließ – wenn auch gegen seinen Willen – den Kardinal los, und seine Arme fielen kraftlos herab.
Der Kardinal war leichenblass. Er hustete, spuckte aus und schöpfte mühsam in langen Zügen Atem. Dann stieß er die Exarchen rüde beiseite, die ihm nun endlich helfen wollten.
Vergeblich versuchte San Francisco wieder die Kontrolle über seine Arme zu
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