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Sternhagelgluecklich

Sternhagelgluecklich

Titel: Sternhagelgluecklich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Koch
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Job bleiben? Endlich kaufen statt mieten? –, bleibt mir erspart.
    Aber eine kleine Sache möchte ich mir von dem Geld gönnen. Irgendetwas, das eigentlich nicht nötig ist und das ich mir sonst nicht leisten würde. Einfach so. Ohne lange nachzudenken und Preise zu vergleichen. Was kostet die Welt?
    Die Entscheidung, was es sein wird, ist schnell getroffen: Ein neuer Schreibtisch! An meinem jetzigen sitze ich schon, seit ich ihn vor fünfzehn Jahren bei IKEA gekauft und in meinem Zimmer des Studentenwohnheims zusammengeschraubt habe. Ich habe ihn seitdem bestimmt ein Dutzend Mal auseinandergeschraubt und in einem anderen Zimmer und mitunter in einer neuen Stadt wieder aufgebaut. Er würde wohl noch ein Dutzend weitere Umzüge und weitere fünfzehn Jahre durchhalten. Aber mit einem Mal kann ich ihn nicht mehr sehen.
    Der neue Luxusschreibtisch aus dem Lottogewinn ist im Gegensatz zu dem Fünfzig-Mark- IKEA -Möbel eine Maßanfertigung. Es macht Spaß, Gestell, Plattengröße, Farbe und Beschichtung auszuwählen und nicht wie sonst bei solchen Anlässen immer die Preisspalte im Auge behalten zu müssen. Von meinem alten Schreibtisch kann ich mich trotzdem nicht ganz trennen: Er wandert als Arbeitstisch und Ablagefläche in den Keller.
    Werde ich an dem neuen Schreibtisch jeden Tag meine Arbeit frohlockend und glücklich verbringen statt wie sonst so oft mürrisch und müde? Sicherlich nicht. Aber es macht Spaß, sich auch mal etwas Unvernünftiges zu gönnen – egal wie schnell man sich daran gewöhnt. Und egal wie schnell auch der deutlich größere Schreibtisch wieder unter Zetteln, Büchern und Unterlagen versinkt – sodass man gar nicht mehr sehen kann, was für ein Schmuckstück sich darunter verbirgt.
    Auch als ich am Abend nach dem Schreibtischkauf Jessica in ein teures Restaurant einlade, fühlt es sich außergewöhnlich und besonders an. Wie ein unerwartetes Geschenk – eben die andere Bedeutung von Glück. Der glückliche Zufall, das Glück im Spiel, der Glückstreffer, das Chancenglück. Das Deutsche ist interessanterweise eine der wenigen Sprachen, die dafür das gleiche Wort benutzen wie für die dauerhafte Zufriedenheit, um die es in diesem Buch vorwiegend geht. Engländer und Amerikaner unterscheiden zwischen »luck« (Zufallsglück) und »happiness« (Zufriedenheitsglück), die Franzosen zwischen »chance« oder »fortune« einer- und »bonheur« andererseits.
    Für das längerfristige Lebensglück und meine innere Zufriedenheit sind dagegen die Besuche im Seniorenheim zu einem wichtigen Bestandteil geworden. Ich seufze immer noch jeden Dienstag, wenn ich versuchen muss, die Arbeit eines ganzen Tages in den Vormittag zu quetschen, damit ich nachmittags in die Straßenbahn Richtung Seniorenheim steigen kann. Aber wenn ich zurückkomme, merke ich jedes Mal, dass es den Aufwand wert war. Neben Frau Knapp besuche ich dort im Wechsel jede zweite Woche Herrn Regner. Die beiden abwechselnd zu besuchen, war die Idee der Heimleitung, und diese erweist sich als sehr praktisch. Falls der eine beim Arzt oder anderweitig verhindert ist, besuche ich einfach den anderen. Herr Regner ist ebenfalls schon über neunzig, aber ein ganzes Stück sanftmütiger als die freche Frau Knapp. Lustig und liebenswert sind beide.
    Karl, det bin ick.
    Herr Regner ist schon seit fast zwanzig Jahren verwitwet, die letzten Jahre hatte er wieder eine Freundin. »Wir haben uns in der Volkssolidarität kennengelernt«, hat er mir bei unserem ersten Treffen im Januar erzählt. »Später ist sie dann auch hierher ins Seniorenstift gezogen. Sie hat gesagt: ›Ich will da wohnen, wo Karl ist.‹« Lange Pause. Schlucken. Tränen in den Augen. »Karl, det bin ick. Vor einem Monat ist sie gestorben. Und ick bin sehr traurig.«
    Auch Herr Regner legt keinen großen Wert auf meinen ursprünglichen Plan vom Vorlesen. »Lassen Sie mal«, sagt er. »Aber wenn Sie mit mir spazieren gehen und sich unterhalten würden, det würde mir freuen.«
    Auch gut. Während ich mit Frau Knapp alle zwei Wochen eine kleine Einkaufsrunde durch die umliegenden Geschäfte mache, spaziere ich mit Herrn Regner und seinem Gehwagen durch den Garten. Er zeigt mir den kleinen Streichelzoo, in dem ein paar Ziegen, Schweine und Meerschweinchen von den Bewohnern getätschelt und versorgt werden, und den Kräutergarten hinter dem Haus. Ich zerreibe jeweils ein paar Blätter Salbei, Pfefferminze und Basilikum zwischen den Fingern und halte sie ihm unter die Nase. Wie Frau

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