Sternhagelgluecklich
nicht nur draußen in der Luft, sondern auch drinnen, in meinem Bauch und in meinem Herzen. Wenn es ein Glücksmessgerät gäbe, würde sein Zeiger gerade deutlich ausschlagen.
Ich denke zurück – an das, was Madan Kataria uns am Anfang der Woche versprochen hat: »Diese Woche wird euer Leben verändern.« Aber hat die Kunst des Lachyoga mein Leben wirklich verändert?
Als ich in dem Pavillon sitze und den Klängen der Tampura lausche, fühlt es sich nicht so an. Die Woche hat mein Leben bereichert, aber nicht auf den Kopf gestellt. Darüber bin ich auch sehr froh – denn ich merke, dass ich zwar auf der Suche nach dem Glück, aber im Gegensatz zu einigen anderen aus dem Kurs im Grunde bereits relativ zufrieden bin mit meinem momentanen Leben. Ich warte gar nicht auf den »Moment des Durchbruchs«, von dem Kataria so oft spricht. Eigentlich ein ziemlich gutes und beruhigendes Gefühl. Es muss sich gar nichts Grundsätzliches ändern.
Ein Münchner im Indienhimmel
Das Einzige, was sich jedoch ganz dringend ändern muss, ist das Alkoholverbot hier in der Schule der Weisheit. Für einen Münchner verstößt eine Woche ohne Bier eigentlich gegen die Genfer Konventionen und mehrere Menschenrechte, denke ich mir, und mir fällt der »Münchner im Himmel« ein, der droben zwar das ewige Leben und einen Stammplatz auf einer kuscheligen Schäfchenwolke bekommt – aber eben kein Bier. 28
Als das Tampura-Konzert zu Ende ist, gehe ich mit Nihat, dem traurigen Exilgriechen, der immerzu von seiner Chefin angeschnauzt wird, mit Megumi, einer schüchternen japanischen Architektin, und mit Rumi Hallelujah Baba, dem Bäumekletterer und ewigen Studenten, zurück zu den Wohnhäusern. Einerseits bin ich froh, dass die Woche vorbei ist – ich neige bei solchen Veranstaltungen schnell zum Gruppenkoller. Aber jetzt, in diesem Moment, soll der Abend noch nicht enden.
Die anderen sehen das zum Glück genauso. Als hätte er meine Gedanken lesen können, holt Rumi Hallelujah Baba einen Joint aus der Tasche seiner flatternden Weste und schickt ihn auf die Reise durch unsere kleine Gruppe. Ich habe seit Jahren nicht mehr Gitarre gespielt, aber als er mir seine in die Hand drückt, mir ein paar Akkorde ansagt und sich selbst die Ukulele schnappt, klingt es gar nicht mal schlecht. Nicht so schön wie bei den Profis vorhin am Teich, aber das ist egal. Die anderen beiden singen. Wir spielen Klassiker wie »With A Little Help From My Friends« und ausgedachte Lieder. Die ausgedachten machen mehr Spaß.
Irgendwann hören wir auf zu spielen und unterhalten uns über die vergangene Woche und darüber, wie es für jeden von uns ab morgen weitergeht. Es ist eine lustig zusammengewürfelte Gruppe, die nur in diesem Moment an diesem Ort zusammenkommen konnte, da uns nichts sonst verbindet. Aber das macht nichts – im Gegenteil. Ganz ohne Eingangsübung und ohne jedes »Veeerygood, veeerygood, yay!« fangen wir gemeinsam an zu lachen und können nicht mehr aufhören, und unser Lachen steigt wie ein aufgescheuchter Vogelschwarm empor durch die Bäume voller Mangos und Grillen, immer weiter nach oben bis zum beinahe vollen Mond, der weise den Kopf zu schütteln scheint über uns glückliche Narren.
Morgens im Park
Als das Lachyogacamp zu Ende ist, jeder sein Diplom erhalten hat und alle Gruppenfotos gemacht sind, kehre ich nach Bangalore zurück. Mir bleiben noch zwei Tage bis zu meinem Rückflug nach Deutschland. Ich habe gehört, dass sich jeden Morgen um sechs Uhr ein Lachyogaclub im stadtbekannten Cubbon-Park trifft. Das kann ich mir natürlich nicht entgehen lassen, und so stehe ich am nächsten Morgen um halb fünf auf und mache mich auf den langen Weg durch die Stadt. Als ich dort eintreffe, bin ich baff: Ich brauche mir gar nichts auf mein frühes Aufstehen einzubilden, denn der Park ist bereits voll mit Menschen – und das an einem Sonntagmorgen um Viertel vor sechs! Jungs spielen Cricket, Rentner führen ihre Hunde aus, Ehepaare in Jogginganzügen machen Dehnübungen. Die ganze Stadt scheint auf den Beinen – was es leider erschwert, den Lachyogaclub zu finden.
So kompliziert kann es eigentlich nicht sein, denke ich mir und erinnere mich an die Geschichte der »Monsoon Wedding«-Regisseurin Mira Nair: Nach eigenen Angaben hatte die Inderin gerade eine Art Schreibblockade und wusste nicht, wovon ihr nächster Film handeln sollte, als sie eines Tages in Mumbai mit dem Taxi im Verkehr steckenblieb. Der Grund: Hunderte von Frauen
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