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Sternstunde der Liebe (German Edition)

Sternstunde der Liebe (German Edition)

Titel: Sternstunde der Liebe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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so rasender Geschwindigkeit, als hätten sie Angst zu platzen, wenn sie ihr Wissen über die Erste-Hilfe-Maßnahmen bei Tieren nicht umgehend loswurden.
    Quinn versuchte, sich auf die Fragen zu konzentrieren. Ihre Augen überflogen die Worte. Ihr Verstand nahm die Bedeutung wahr, aber sie war nicht mit dem Herzen dabei. Sie mochte nicht an Hundewelpen mit Fadenwürmern denken, oder an Katzen, die Fischgräten verschluckt hatten.
    »Oh nein«, keuchte Quinn beim Anblick einer schematischen Darstellung eines Kanarienvogels mit einem gebrochenen Flügel. Hummer zu fangen, um sie zu verspeisen, war eine Sache, aber verletzte Tiere zu verarzten stand auf einem anderen Blatt. Rumer – Dr. Larkin – blickte von ihren Papieren auf.
    »Gibt es ein Problem?«
    »Der arme Kanarienvogel.« Quinns Augen füllten sich mit Tränen. Sie war übermäßig empfindsam und sensibel. Sie sah darin einen Krankheitszustand, genauso real wie Asthma oder ein rasselndes Geräusch beim Herzschlag. Es hatte in dem Jahr angefangen, als ihre Eltern ertrunken waren, und bisweilen übermannte sie das Gefühl wie eine riesige Welle, die aus dem Meer emporstieg.
    Die Klasse feixte, als sich Dr. Larkin langsam von ihrem Stuhl erhob und den Gang entlangging. Sie war zierlich und gertenschlank, trug ein langes, blassbraunes Kleid. Manchmal hatte sie, wenn sie direkt aus ihrer Tierarztpraxis kam – der einzigen in der Stadt – einen weißen Laborkittel an. Quinn fragte sich, ob sie wohl wusste, dass ihre Schüler Bemerkungen über ihren Aufzug machten, der so schlicht war, als wollte sie sich den Tieren anpassen, die sie so liebte.
    »Was ist los, Quinn?« Dr. Larkin blieb neben ihrem Tisch stehen.
    »Der sieht so echt aus.« Quinn deutete auf das Bild des gelben Vogels, dessen linker Flügel auf schmerzvolle Weise abgeknickt war. Sie schloss die Augen. »Wie jemandes Haustier … ein heiß geliebtes. Ich weiß nicht, wie Sie das schaffen, verletzte Tiere anzufassen, zu verarzten …«
    Ryan Howland, der Junge, der vor ihr saß, lachte. »Das ist eine Prüfung, Quinn. Du sollst Fragen beantworten, keine stellen … und abgesehen davon, essen die Leute die Hummer, die du fängst. Sie töten sie.«
    »Ich rede mit Rumer – Dr. Larkin – nicht mit dir.« Sie stieß seinen Stuhl mit ihrem Fuß nach vorne, der in Stiefeln steckte.
    »Hey, lass das!« Er drehte sich um und starrte Quinn mit wütender und zugleich gekränkter Miene an.
    Rumer beugte sich zu Quinn hinunter und sah ihr in die Augen. Quinn wusste, dass sie diese Klasse aus reiner Gutherzigkeit unterrichtete. Viele Familien in Black Hall hielten Haustiere und sie wollte den Jugendlichen Verantwortungsbewusstsein und Fürsorglichkeit nahe bringen. Sie musterte Quinn mit einem Blick, der besagte: »Was soll ich bloß mit dir machen?«
    »Ich hätte diesen Kurs nie als Wahlfach nehmen sollen«, flüsterte Quinn. »Ich habe das nur gemacht, weil du ihn gibst. Es wäre besser gewesen, Karosseriebau zu belegen. Autos können sich nicht verletzen oder Schmerzen empfinden – sie rosten nur.«
    »Das A und O an diesem Kurs ist, Tieren zu helfen, damit sie ebenfalls keine Schmerzen haben. Und jetzt mach weiter, ja?«, bat Rumer lächelnd.
    Während Quinn die Augen schloss und zu ignorieren versuchte, was Ryan über das Töten der Hummer gesagt hatte, hörte sie den Wind draußen in den Bäume rauschen. Sie stellte sich die kühle Brise vor, die vom Meer herüberwehte, von Wickland Shoal über Firefly Beach, die felsige Steilküste hinauf, durch die Marsch und über die drei weißen Kirchturmspitzen der Stadt, unmittelbar in ihre Seele; sie versuchte sich einzureden, dass es von einer hochherzigen Gesinnung zeugte, wenn jemand wie sie Nahrung für die Familien heranschaffte.
    Sie zwang sich, ihre ungeteilte Aufmerksamkeit auf die nächste Frage zu richten: Welche Vorteile hat es, mehr als ein Haustier gleichzeitig zu halten? War das nicht ähnlich wie bei ihr und ihrer Schwester? Ein Leben ohne Allie war für sie unvorstellbar. Vielleicht hatte die Frage aber auch mit Liebe zu tun: Dass es für Tiere wichtig war, beisammen zu sein, genau wie für Menschen. Gesellschaft zu haben, Liebe zu spüren …
    Ihre Gedanken schweiften ab, zu ihren Eltern, gingen unter mit ihrem Schiff, für immer und ewig auf dem Meeresgrund vereint … Mit offenen Augen träumend, unfähig, sich auf die Haustiere zu konzentrieren, starrte sie das leere Blatt Papier an. Sonnenlicht fiel durch die lange

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