Sternstunden des Universums
Blick Machbare weiter erschweren. Vor allem die Tatsache, dass alle Asteroiden relativ rasch rotieren, würde die Steuerung von Sonnensegeln oder auf dem Asteroiden fixierten Raketenantrieben vor große Probleme stellen. Auch hat man erkannt, dass die »Schale« vieler Asteroiden und Kometen keineswegs aus gewachsenem Gestein besteht. Vielmehr ist sie von eher schwammartiger Natur, gebildet von einer porösen Schicht aus Staub und kleinen Brocken, die durch sogenannte Van-der-Waals-Kräfte nur locker zusammengehalten werden. Auf einer derartigen Unterlage ein Objekt stabil zu verankern, dürfte schwerfallen. Kritisch könnte es auch für Abwehrmaßnahmen werden, die die Energie der Sonne in ihr Konzept einbeziehen. Schon auf dem Jupiter, der rund fünfmal so weit von der Sonne entfernt ist wie die Erde, ist die Intensität der Strahlung auf ein 25stel der Intensität auf der Erde gesunken. Fraglich, ob da eine Abwehr eines noch weit entfernten Asteroiden funktioniert. Sicherlich wird der menschliche Erfindergeist auch diese Probleme lösen. Man kann nur hoffen, dass dem kein bedrohlicher Asteroid zuvorkommt.
Ist nun das Image von Asteroiden und Kometen beim Leser negativ besetzt? Diese Körper scheinen nur Probleme zu bereiten! Doch das war nicht immer so. Zumindest nicht in der Frühzeit der Erdgeschichte. So soll vor Milliarden Jahren durch Asteroideneinschläge die Entstehung der Kontinente begünstigt worden sein ( Spektrum der Wissenschaft , Heft 5/2010). Und auch die Frage »Woher stammt das Wasser der Erde?« beantwortet die Wissenschaft mittlerweile mit dem Verweis auf Asteroiden und Kometen. Mehr dazu findet man beispielsweise in Chemie in unserer Zeit (Heft 4/2003). Auch die bereits angesprochene Entstehung des Mondes gehört in die Kategorie »Segensreicher Einschlag«. Ohne ihn gäbe es auf der Erde entweder gar keine oder abwechselnd stark unterschiedlich ausgeprägte Jahreszeiten. Kurzum: Manchmal haben Asteroideneinschläge auch positive Auswirkungen. Dass sie zumeist verheerend sind, darf man ihnen nicht ankreiden, denn in der unbelebten Natur ist Moral eine unbekannte Größe. Hier zählen allein die Naturgesetze.
Blenden wir noch mal zurück zum Yarkovsky-Effekt. Entdeckt wurde er an dem rund einen halben Kilometer großen Asteroiden Golevka. Messungen haben ergeben, dass der Asteroid im Zeitraum von zwölf Jahren, von 1991 bis 2003, etwa 15 Kilometer von seiner vorausberechneten Position abgedriftet ist. Unter Berücksichtigung der Rotationsgeschwindigkeit und der Oberflächenbeschaffenheit Golevkas hat man versucht, die Kraft, die auf den Asteroiden wirkt, zu berechnen. 0,25 Newton sollen es sein, entsprechend der Gewichtskraft, mit der ein 25-Gramm-Gewicht auf der Erdoberfläche lastet. In Anbetracht der Größe des Asteroiden scheint das vernachlässigbar zu sein. Aber die Kraft wirkt kontinuierlich, und über einen Zeitraum von Millionen Jahren kann sich das zu einer veritablen Bahnstörung auswachsen, die den Asteroiden aus dem Asteroidengürtel heraus in das innere Sonnensystem verfrachtet.
Eine Erweiterung des Yarkovsky-Effekts ist der »YORP-Effekt«, benannt nach seinen Entdeckern Y arkovsky, O ’Keefe, R adzievski und P addack. Auch er hat seine Ursache in der Emission von Infrarotstrahlung. Seine Wirkung zeigt sich insbesondere bei unsymmetrisch geformten Asteroiden. Je nachdem, welche Gestalt der Asteroid hat, wird die Strahlung nicht mehr in alle Richtungen gleichmäßig, sondern räumlich gerichtet abgegeben. Daraus resultiert ein Drehmoment, wodurch sich entweder die Rotationsgeschwindigkeit des Asteroiden oder die Lage seiner Rotationsachse oder beides ändert (Abb. 16). Erstmals beobachtet wurde dieser Effekt an dem im August 2000 entdeckten, 114 Meter großen Asteroiden 2000 PH5. Dieser Asteroid gehört zur Gruppe der erdnahen, sogenannten Aten-Asteroiden. Ihre Bahnen verlaufen jenseits der Venus um die Sonne und im Aphel, dem sonnenfernsten Bahnabschnitt, im Bereich zwischen Erde und Mars. Messungen der Rotationsgeschwindigkeit des Asteroiden von 2001 bis 2005 haben ergeben, dass sich seine Rotationsperiode von rund 12 Minuten gegenwärtig um 1 Tausendstelsekunde pro Jahr verkürzt. Außerdem zeigen Computersimulationen, dass 2000 PH5 noch mindestens 35 Millionen Jahre auf einer stabilen Bahn die Sonne umrunden wird. In dieser Zeit soll sich seine Rotationsperiode auf 20 Sekunden reduzieren. Damit würde sich 2000 PH5 in ferner Zukunft schneller drehen als alle bisher
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