Sternstunden des Universums
Bahnberechnungen lieferten ein Ergebnis, das ziemlich erschreckt hat. Denn im Jahr 2029 sollte der Asteroid die Erde mit einer Wahrscheinlichkeit von 2,7 Prozent treffen, bei seiner Wiederkehr im Jahr 2036 mit einer Wahrscheinlichkeit von rund 0,02 Prozent. Ob es zu einer Kollision kommt, hängt weitgehend davon ab, wie stark der Asteroid bei einem Vorbeiflug an der Erde aus seiner Bahn abgelenkt wird. Auf der zehnstufigen Torino-Skala, einer Skala zur Bewertung des Einschlagrisikos von NEOs, rangierte Apophis zu diesem Zeitpunkt auf Stufe 4. Nachdem es 2005 und 2006 gelungen war, Apophis nochmals mit dem Arecibo-Radioteleskop in Entfernungen von 27 bis 40 Millionen Kilometern aufzuspüren, konnte man die Bahndaten des Asteroiden präzisieren. Demnach sollte Apophis am 13. April 2029 an unserem Planeten vorbeifliegen, und zwar in einer Entfernung von rund 30000 Kilometern (Abb. 14). Für einen Einschlag 2036 ergaben die Rechnungen jedoch immer noch eine Wahrscheinlichkeit von 1 zu 45000 beziehungsweise 0,0022 Prozent. Damit fiel Apophis auf Stufe 1 der Torino-Skala. Mittlerweile hat ein Astronomenteam an der Universität Hawaii Hunderte bisher unveröffentlichter Bilder des nächtlichen Himmels ausgewertet und dabei eine Reihe weiterer Daten zur Position von Apophis gewonnen. Unter Einbeziehung dieser Daten und anderer Faktoren, die auf die Bahn von Apophis einen nicht zu vernachlässigenden Einfluss haben, hat man dann im Oktober 2009 neue Bahnberechnungen angestellt. Das Resultat ist sehr erfreulich. Es bestätigt die Bahndaten für 2029, und es reduziert nochmals die Wahrscheinlichkeit für eine Kollision im Jahr 2036 von 0,0022 auf 0,0004 Prozent beziehungsweise 1 zu 250000 (Stand 2010). Aufgrund dieser günstigen Prognose rangiert Apophis gegenwärtig auf Stufe 0 der Torino-Skala. Radarmessungen, die für das Jahr 2013 geplant sind, sollen dieses Ergebnis erhärten. Nach Ansicht der NASA wird sich dabei auch zeigen, dass Apophis die Erde 2036, am Ostersonntag, in einem Abstand von mindestens 49 Millionen Kilometern passieren wird.
Abb. 14: Entsprechend den Berechnungen der Astronomen soll der Asteroid Apophis im April 2029 im Abstand von circa 30 000 Kilometern an der Erde vorbeifliegen und dabei leicht abgelenkt werden. Die blaue Linie zeigt die Flugbahn des Asteroiden, der weiße Querbalken veranschaulicht die Unsicherheit in der Berechnung der Flugbahn. Der Mond umrundet unsere Erde in einem rund 13-mal größeren Abstand (mittlere Entfernung Erde – Mond: 384 400 Kilometer).
Wie sehr Apophis die Astronomen umtrieb, mag eine kleine Geschichte verdeutlichen. 2006, als die Bahndaten des Asteroiden noch sehr schwammig waren, lobte die »Planetary Society«, eine gemeinnützige, nichtstaatliche Organisation, die die Erforschung des Sonnensystems unterstützt, einen Preis von 50000 Dollar für eine Mission zur hochgenauen Erfassung der Apophis-Bahn aus. Auch amerikanische und europäische Raumfahrtorganisationen begleiteten den Wettbewerb. Gewonnen hat das Rennen 2008 ein Team von SpaceWorks Engineering in Atlanta mit dem Vorschlag, 2012 eine Sonde zu Apophis zu schicken, um dessen Masse sowie Massenschwerpunkt zu ermitteln und regelmäßig Messungen seiner Position vorzunehmen. Im Jahr 2019 soll das Rendezvous mit dem Asteroiden stattfinden. Ob man auch heute noch an diesem Vorhaben festhält, ist den Autoren nicht bekannt. Im Grunde genommen machen die mittlerweile gewonnenen Erkenntnisse die Mission überflüssig.
Apophis darf man also getrost vergessen. Doch was kann man tun, wenn der Einschlag eines Asteroiden zweifelsfrei bevorsteht? Von der Erde aus ist mit Sicherheit nichts auszurichten, dazu sind die Entfernungen zu groß. Man muss hin zu dem Objekt! Dass man über die Technik dazu verfügt, haben etliche Missionen gezeigt. 1986 flog die Sonde »Giotto« in knapp 600 Kilometer Entfernung am Halleyschen Kometen vorbei, die Sonde »Galileo« passierte 1991 auf ihrem Flug zum Jupiter den Asteroiden Gaspra in 1600 Kilometer Entfernung, zwei Jahre später auch noch den Asterioden Ida, und im Juli 1999 näherte sich die Sonde »Deep Space« bis auf 26 Kilometer dem Asteroiden Braille.
Andere Erkundungsflüge verlaufen noch spektakulärer: Die Sonde »NEAR Shoemaker« erreicht 2000 den Asteroiden Eros und schwenkt in einen zeitweise nur 50 Kilometer über dem Asteroiden verlaufenden Orbit ein. Elf Monate später landet »NEAR« sogar auf Eros. Die Sonde »Deep Impact« bombardiert 2005 den Kometen Tempel 1
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