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Sternstunden des Universums

Sternstunden des Universums

Titel: Sternstunden des Universums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Lesch
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Kohlenstoff eine Menge unterschiedlicher Bindungsmöglichkeiten. Die einfachste Kohlenstoffverbindung ist das Methanmolekül. Hier hängt an jeder Valenz des Kohlenstoffatoms ein Wasserstoffatom in Form von Einfachbindungen. Neben diesen Einfachbindungen sind auch Doppel- und Dreifachbindungen möglich. Dabei beansprucht ein gebundenes Atom zwei beziehungsweise drei Kohlenstoff-valenzen für sich. Das bekannte Kohlendioxidmolekül ist ein schönes Beispiel für eine Doppelbindung. Zwei Sauerstoffatome sind dort über je zwei Bindungen an ein Kohlenstoffatom gekoppelt. Was die Stabilität derartiger Bindungen anbelangt, so sind Doppelbindungen »haltbarer« als Einfachbindungen und Dreifachbindungen wiederum fester als Doppelbindungen.
    Kohlenstoff kann nicht nur Verbindungen mit anderen Atomen eingehen, sondern auch mit seinesgleichen. Auch da kommt es zu Einfach-, Doppel- und Dreifachbindungen. Auf diese Weise entstehen äußerst komplexe Moleküle mit einem Gerüst aus einer langen Kohlenstoffkette, an die seitlich die verschiedensten Atome oder auch ganze Molekülgruppen angehängt sein können. In einem der wichtigsten Makromoleküle des Lebens, der Desoxyribonukleinsäure, der DNA, ist das verwirklicht. Dieser beim Menschen knapp einen Meter lange Molekülstrang beinhaltet den kompletten Bauplan des Individuums. Und nicht zuletzt ist der Kohlenstoff auch zu sogenannten aromatischen Verbindungen fähig. Das sind zu einem Ring geschlossene Verbindungen von sechs Kohlenstoffatomen. Rund ein Drittel aller bekannten organischen Verbindungen sind aromatische Verbindungen.
    Insbesondere für das Leben ist der Kohlenstoff unverzichtbar. Leben ist ein außerordentlich komplexer und wandelbarer Zustand der Materie. Um beispielsweise die identische Reproduktion von Zellen bei der Zellteilung oder des gesamten Individuums bei der Fortpflanzung sicherzustellen, muss eine Menge an Information übermittelt werden. Und je höher die Informationsdichte, umso komplexer müssen die Informationsträger, die Moleküle, sein, welche die Information transportieren. Die Komplexität des bereits angesprochenen DNA-Moleküls zeigt das exemplarisch. Hier kommen die vielfältigen Bindungsmöglichkeiten des Kohlenstoffs voll zum Tragen. Denn je variabler die Struktur der zum Aufbau der Zellen des Individuums verfügbaren Moleküle, desto spezifischer sind auch die Funktionen, welche die Zellen zu übernehmen in der Lage sind.
    Neben Kohlenstoff könnte auch das Element Silizium als Baustein für ähnlich komplexe Moleküle dienen. Auch Silizium ist vierwertig. Da jedoch Bindungen zwischen zwei Siliziumatomen schwächer sind als Bindungen zwischen Silizium und Wasserstoff oder Sauerstoff, brechen Moleküle, die eine Siliziumkette zum Gerüst haben, leicht entzwei. Wie fest und schwer zu lösen dagegen Silizium-Sauerstoff-Bindungen sind, zeigt sich beispielsweise am Siliziumdioxidmolekül. Im Gegensatz zu Kohlendioxid ist Siliziumdioxid unter normalen Bedingungen nicht gasförmig, sondern ein Festkörper, nämlich Quarz. Außerdem ist Silizium nicht zu gegenseitigen Doppel- oder Dreifachbindungen in der Lage, was die Bandbreite der möglichen Bindungsformen erheblich einschränkt. Vermutlich waren diese Nachteile ausschlaggebend, dass das Leben den Kohlenstoff zur Basis seiner komplexen Moleküle gemacht hat, und das, obwohl die Erdkruste zu mehr als 50 Prozent aus Silizium besteht und Kohlenstoff dort nur eine untergeordnete Rolle spielt. Diese »Entscheidung« der Natur unterstreicht eindringlich die Bedeutung des Elements Kohlenstoff für das Leben.
    Doch zurück zur Eingangsfrage: Woher kommt der Kohlenstoff? Woher kommen überhaupt die Elemente? Über ihre Entstehung entscheiden die im Kosmos herrschenden Bedingungen. Ein wesentlicher Parameter ist die Temperatur. So war der Kosmos etwa 1 Millionstelsekunde nach dem Urknall rund 10 Billionen Grad heiß. Bei dieser Temperatur war das Universum mit einem Gemenge aus freien Elementarteilchen erfüllt, dem sogenannten Quark-Gluonen-Plasma. Die Quarks sind die Bausteine der Protonen und Neutronen, und die Gluonen fungieren als Träger der starken Kernkraft, welche für den Zusammenschluss der Quarks in den Protonen und Neutronen verantwortlich sind. Mit der fortschreitenden Ausdehnung des Universums sank aber die Temperatur. Und so reichte schon Augenblicke später die Energiedichte im Kosmos nicht mehr aus, um die Quarks auseinanderzuhalten. Ab da konnte die starke Kernkraft ihre volle

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