Sternstunden des Universums
Prognose: Der Kohlenstoffkern muss ein Energieniveau bei 7,65 MeV besitzen, ansonsten ist eine Verschmelzung von Beryllium und Helium zu Kohlenstoff kaum möglich (Abb. 29).
Abb. 29: Energieniveaus des Elements Kohlenstoff. Die Gesamtenergie des Beryllium-Helium-Paares liegt knapp unterhalb des Energieniveaus des angeregten Kohlenstoffkerns. Mit der beim Zusammenstoß der beiden Kerne zusätzlich zur Verfügung stehenden kinetischen Energie wird jedoch das Energieniveau von 7,654 MeV erreicht und die für die Reaktion von Be und He zu C nötige Resonanz herbeigeführt.
Von den Kernphysikern wurde diese Nachricht mit Skepsis aufgenommen. Aber schon kurz danach gelang es dem späteren Nobelpreisgewinner Willy Fowler am California Institute of Technology, die Existenz eines derartigen Energieniveaus in einem angeregten Kohlenstoffkern experimentell nachzuweisen. Damit war die unverzichtbare Resonanz zwischen dem Beryllium-Helium-Paar und dem Kohlenstoffkern bestätigt. Fazit: In der Summe liegt die Bindungsenergie der beiden Kerne Beryllium und Helium zwar deutlich unterhalb der Resonanzenergie des angeregten Kohlenstoffs, aber zusammen mit der kinetischen Energie der beiden Teilchen wird diese Lücke geschlossen. Da die Teilchen ihre kinetische Energie der hohen Temperatur im Stern verdanken, spricht man auch von »Thermischer Resonanz«.
Ende gut, alles gut? Nicht ganz! Zwei Hürden sind noch zu nehmen. Die erste Hürde hängt damit zusammen, dass es sich bei den per Heliumfusion entstehenden Kohlenstoffkernen nicht um Kerne im Grundzustand handelt, sondern um »angeregte« Kerne. Ähnlich wie man ein Atom anregen kann, indem man ihm Energie zuführt, lassen sich auch Atomkerne in einen angeregten Zustand versetzen. Ein Atom wird vornehmlich durch die Absorption eines Photons, eines Lichtquants, angeregt, wobei ein Elektron der Elektronenhülle auf eine weiter außen liegende, höherenergetische Schale gehoben wird. In einem Atomkern gibt es jedoch keine Elektronen, nur Protonen und Neutronen. Dort führt eine Energiezufuhr, beispielsweise durch einen Stoß, zu einer »Aufheizung« des Kerns. Dabei gewinnen die Nukleonen des Kerns, die Protonen und Neutronen, ähnlich wie die Teilchen eines Gases zusätzliche thermische Energie. Der gesamte Kern wird in Schwingungen versetzt. Man kann das mit einem mit Wasser gefüllten Luftballon vergleichen, der nach einem Stoß zu »wabbeln« beginnt. Beiden Anregungsformen gemeinsam ist, dass sie nach sehr kurzer Zeit, nach etwa 10 -8 Sekunden, wieder in den Grundzustand zurückfallen und dabei die Anregungsenergie wieder abgeben.
Die aus der Beryllium-Helium-Fusion hervorgehenden Kohlenstoffkerne gehen durch Emission von zwei Gammaquanten in den Grundzustand über. Überraschenderweise schaffen aber nur 4 von 100000 Kernen diesen »Sprung«. Das sind nur 0,004 Prozent aller Kohlenstoffkerne. Der überwiegende Teil zerfällt wieder in seine Ausgangsteilchen, noch ehe sich die Kerne »abregen« können. Die Ausbeute an stabilem Kohlenstoff ist also außerordentlich gering. Und sie wird, wie sich gleich zeigen wird, noch kleiner werden. Ist der Kohlenstoffkern jedoch einmal in den Grundzustand übergegangen, so ist er stabil und kann nicht mehr in seine Bestandteile zerfallen. Das liegt daran, dass die Restenergie des Kerns nach dem Verlust der beiden Gammaquanten nunmehr zu klein für die Bildung eines Beryllium-Helium-Paares ist.
Die zweite Hürde stellt sich dem Kohlenstoff in Form einer möglichen Fusion mit einem weiteren Heliumkern zu Sauerstoff in den Weg. Dieser Schritt würde den gesamten bereits fusionierten Kohlenstoff wieder hinwegraffen, vorausgesetzt, auch zwischen dem Sauerstoffkern und dem Kohlenstoff-Helium-Paar bestünde Resonanz. Glücklicherweise ist das nicht der Fall. Zwar hat auch der Sauerstoff ein Energieniveau nicht weit entfernt von der Energie des Kohlenstoff-Helium-Paares, doch dieses Energieniveau liegt geringfügig tiefer. Zur Erinnerung: Bei der Fusion von Kohlenstoff ist es ja gerade umgekehrt – das entsprechende Resonanzniveau des Kohlenstoffs liegt etwas höher als die Bindungsenergie des Beryllium-Helium-Paares. Wenn also bei der Kollision eines Kohlenstoffkerns mit einem Heliumkern noch die unvermeidliche kinetische Energie der beiden Teilchen zur Bindungsenergie des Paares hinzukommt, so liegt die Gesamtenergie deutlich oberhalb des infrage kommenden Energieniveaus des Sauerstoffs von 7,12 MeV. Von einer Thermischen Resonanz kann also
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