Sternstunden des Universums
sein. 1855 beobachtete er bei dem etwa 17 Lichtjahre entfernten Doppelstern 70 Ophiuchi deutliche Bahnanomalien. Als Ursache vermutete er einen unsichtbaren Planeten, der aufgrund seiner Schwerkraft die Bahnen der beiden Sterne stört. 44 Jahre später konnte jedoch der amerikanische Astronom Forest Ray Moulton zeigen, dass ein System, bestehend aus dem Doppelstern und einem Planeten mit den angegebenen Daten, nicht stabil sein kann. Damit war der Fall erledigt.
Bis zur nächsten »Entdeckung« nach Moultons Einspruch vergingen 89 Jahre. Die kanadischen Astronomen Bruce Campbell, Gordon Walker und Stevenson Yang hatten bei dem 45 Lichtjahre entfernten Doppelsternsystem Gamma Cephei Anzeichen für einen Planeten gefunden. Aufgrund des geringen Auflösungsvermögens der damaligen Messinstrumente war dessen Existenz jedoch nicht zweifelsfrei zu belegen. Die Entdeckung wurde daher nur »unter Vorbehalt« veröffentlicht und später – voreilig – ganz zurückgezogen. Voreilig insofern, als im Oktober 2002 Artie P. Hatzes von der Friedrich-Schiller-Universität in Jena mit seinem Team Gamma Cephei nochmals unter die Lupe nahm. Mit den zwischenzeitlich gewonnenen sehr präzisen Messwerten konnte er zweifelsfrei zeigen, dass der massereichere Stern des Gamma-Cephei-Systems von einem Planeten umkreist wird. Damit ist Gamma Cephei b, so sein Name, der erste in der langen Liste der bislang entdeckten Exoplaneten.
In den Jahren nach 1988 stieg die Rate der Entdeckungen steil an. 1989 ging den Planetenjägern ein Trabant bei dem rund 130 Lichtjahre entfernten Stern HD 114762 »ins Netz«; 1992 konnten Aleksander Wolszczan und Dale Frail zeigen, dass der Pulsar PSR B1257+12 von zwei Planeten mit mindestens 3,4 beziehungsweise 2,8 Erdmassen umkreist wird. 1995 fanden dann Michel Mayor und Didier Queloz den ersten Planeten bei einem sonnenähnlichen Stern (51 Pegasi) und ein Jahr später Geoff Marcy und Paul Butler je einen Planeten bei den sonnenähnlichen Sternen 70 Virginis und 47 Ursae Majoris.
Bis Ende September 2010 hatte man rund 500 Exoplaneten entdeckt. Sie einzeln aufzuzählen würde zu weit führen. Viel interessanter sind ein paar charakteristische Daten, die helfen, die »Funde« einzuordnen. Was also hat man entdeckt? Vornehmlich Planeten, die allesamt mehr Masse besitzen als unsere Erde (der mit knapp zwei Erdmassen »leichteste« ist der 2009 entdeckte Planet Gliese 581e), die mehrheitlich ihren Stern in geringerem Abstand umlaufen als unsere Erde die Sonne und die für einen Umlauf oftmals nur wenige Tage benötigen. Mehr als die Hälfte der Planeten hat mehr Masse als der größte Planet in unserem Sonnensystem, der Jupiter. Knapp 20 Exoplaneten haben die Planetenforscher den hochtrabenden Titel »Supererde« verliehen. Das klingt verheißungsvoll, hat jedoch wenig zu bedeuten. Per Definition ist das ein Planet, der im Aufbau unserer Erde gleicht und der mindestens eine Erdmasse besitzt, aber weniger als unser Planet Uranus. Über die sonstige Beschaffenheit des Planeten sagt der Begriff nichts aus, insbesondere nichts darüber, ob der Planet eine Atmosphäre hat, ob es dort Wasser gibt oder, noch spezifischer, ob dort dem Leben zuträgliche Verhältnisse herrschen. Als Quintessenz bleibt die Erkenntnis: Nach allem, was man weiß, taugt keiner der Planeten als Wiege für eine Form von Leben, wie es auf der Erde entstanden ist. Der erhoffte erdähnliche Planet findet sich nicht unter den 500 Exoplaneten.
Dann, am 30. September 2010, die Topnachricht des Tages: »NASA-Astronomen entdecken zweite Erde.« Dazu die Schlagzeilen »NASA findet bewohnbaren Planeten« und »Auf Gliese 581g ist Leben möglich«.
Was war da los? Am 29. September 2010 gaben Steven Vogt und Paul Butler, Astronomen an der University of California beziehungsweise an der Carnegie Institution of Washington, die Entdeckung von zwei Planeten bei dem 20 Lichtjahre entfernten Stern Gliese 581 bekannt. Nach den von den Astronomen veröffentlichten Daten ist einer der Kandidaten, Gliese 581g, ein erdähnlicher Planet, auf dem sogar Leben möglich sein sollte. Eine Sensation! In seiner Begeisterung über diesen »Fund« ließ sich Steven Vogt auf einer Pressekonferenz zu der Aussage hinreißen: »Die Chance für Leben auf diesem Planeten beträgt 100 Prozent.« (»Personally, given the ubiquity and propensity of life to flourish wherever it can, I would say, my own personal feeling is that the chances of life on this planet are 100 percent, I have
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