Sternstunden des Universums
mittlere um 35 Prozent reduzierte Ozonkonzentration ein. Da sich die Verringerung der Ozonkonzentration um mindestens 10 Prozent rund fünf bis sieben Jahre erhält, bleibt diese Situation über mehrere Jahre stabil. Vermutlich müssten mindestens zehn Jahre vergehen, bis die anfängliche Ozonkonzentration wiederhergestellt wäre. Nebenbei sei angemerkt, dass die Menschheit durch die in den vergangenen Jahren freigesetzten Fluorchlorkohlenstoffe eine Abnahme der globalen Ozonkonzentration um 3 Prozent zu verantworten hat.
Etwa 90 Prozent der von der Sonne kommenden UVB-Strahlung werden von den Ozonmolekülen absorbiert. Verringert sich die Ozonkonzentration, so nimmt die UVB-Intensität auf der Erdoberfläche zu. Folglich hat die teilweise Zerstörung der Ozonschicht einschneidende Konsequenzen für das Leben auf der Erde. Beispielsweise führt eine Reduzierung um 50 Prozent zu einer dreifach höheren UVB-Strahlenbelastung. Da UVB-Strahlung von biologischem Material stark absorbiert wird, sind insbesondere Proteine, DNA-Moleküle und einfache Organismen wie beispielsweise das Phytoplankton der Meere, die Grundlage der maritimen Ernährungskette, stark gefährdet. Chemische Bindungen werden aufgebrochen, Zellstrukturen verändert und Mutationen im Erbgut ausgelöst. Obwohl die Funktionsfähigkeit der Zellen auch bei hohen Strahlendosen zunächst meist erhalten bleibt, können die Strahlenschäden nach einiger Zeit zum Zelltod führen. Schon eine Erhöhung der UVB-Belastung um 10 bis 30 Prozent – andere Quellen sprechen von einer Verdoppelung – reicht aus, um besonders empfindliche Organismen abzutöten. So könnte ein Gamma-Ray Burst dafür verantwortlich gewesen sein, dass vor rund 460 Millionen Jahren in der erdgeschichtlichen Periode des Ordoviziums die meeresbewohnende Klasse der Gliederfüßler, die Trilobiten, ausstarb, weil das für ihre Ernährung wichtige Plankton zugrunde ging. Alternativ können gering geschädigte Zellen sich unkontrolliert teilen und zu bösartigen Tumoren wachsen. Mit anderen Worten: Eine HN in der Entfernung von Eta Carinae hätte allein schon aufgrund ihres Einflusses auf die Ozonkonzentration dramatische Auswirkungen auf das Leben auf der Erde.
Doch das ist noch nicht alles! Das bei der Reaktion der Gammaquanten mit dem Stickstoff der Atmosphäre anfallende Stickoxid (NO 2 ) ist ein braunes Gas. Es reduziert die Durchlässigkeit der Atmosphäre und blockiert vor allem das Licht der Sonne im sichtbaren und nahen UV-Bereich des elektromagnetischen Spektrums. Das hat zur Folge, dass sich die Erdoberfläche weniger erwärmt und die Temperatur der Atmosphäre sinkt. Eine durch einen Gamma-Ray Burst ausgelöste erhöhte Konzentration könnte sogar zu einer kompletten Vereisung des Planeten führen.
Mittlerweile weiß man, dass die von der Sonne abgestrahlte Energie variiert. Eine »aktive« Sonne, erkennbar an einer großen Anzahl von Sonnenflecken, emittiert etwa 0,1 Prozent mehr Energie als eine »ruhige« Sonne, auf der sich nur wenige Flecken zeigen. Wie in den Jahren zwischen 1645 und 1715 zu beobachten war, kann das Auswirkungen auf das Klima der Erde haben. In dieser Zeit zeigte die Sonne nahezu keine Sonnenflecken. Das ging einher mit einer Schwächung des auf die Erde fallenden Sonnenlichts um etwa 0,36 Prozent. In dieser fast sonnenfleckenfreien Zeit, dem sogenannten Maunder Minimum, war es so kalt, dass in London die Themse über einen Zeitraum von mehreren Monaten immer wieder zufror. Man sprach damals von einer kleinen Eiszeit, die Europa erfasst hatte. Heute glaubt man, dass dies kein globales, sondern ein lokales Ereignis war. Auswertungen des Wettergeschehens über viele Jahre haben gezeigt, dass insbesondere für Zentralengland ein Zusammenhang zwischen einer fleckenarmen Sonne und Zeiten kälteren Klimas besteht. Man vermutet, dass eine reduzierte Sonneneinstrahlung, vornehmlich im Bereich des ultravioletten Lichts, die Luftmassen in der Stratosphäre stark beeinflusst. Dadurch kommt es zum »Abknicken« des hoch über Europa wehenden »Jetstreams« (starker Höhenwind), wodurch der Weg für kalte Luftmassen aus dem Osten frei wird. Doch vermutlich ist die langjährige Abwesenheit von Sonnenflecken nicht allein für die reduzierte Sonnenstrahlung verantwortlich zu machen. Zeitgleich mit der »ruhigen« Sonne ereigneten sich mehrere Vulkanausbrüche. Sehr wahrscheinlich haben auch in die Atmosphäre geschleuderte Aschepartikel einen Teil des Sonnenlichts blockiert
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