Sternstunden des Universums
Quasar IRAS04505-2958 bezieht seine Materie vermutlich aus dem »Abfall« des Verschmelzungsprozesses zweier Galaxien, die mit einer Geschwindigkeit von 1,5 Millionen Kilometern pro Stunde aufeinander zulaufen (Bildausschnitt obere Reihe, Mitte).
Die Energiequelle eines Quasars muss sich daher prinzipiell von der eines Sterns unterscheiden. Die längste Zeit ihres Lebens gewinnen Sterne ihre Energie, indem sie Wasserstoff zu Helium verschmelzen. Entsprechend der bekannten Einsteinschen Gleichung E = mc 2 wird dabei nur der Bruchteil von 0,7 Prozent in Energie umgewandelt. Um die Leuchtkraft eines Quasars sicherzustellen, ist das jedoch viel zu wenig. Quasare »leben« von einem Mechanismus, den man als »Akkretion« bezeichnet, das heißt, ein Objekt zieht aufgrund seiner Gravitationskraft Materie aus der Umgebung in einer um das Objekt rotierenden Materiescheibe zusammen. Akkretion ist um ein Vielfaches effizienter als das thermonukleare »Verbrennen« von Wasserstoff. Je nach Art des »Akkretors« können dabei bis zu 40 Prozent der aufgesammelten Materie in Strahlungsenergie umgewandelt werden. Wie diese »Maschinen« funktionieren, weiß man erst seit den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Die Theorie dazu wurde in den Jahren 1964 bis 1969 von den sowjetischen Astrophysikern Yakov B. Zeldovich und Igor D. Novikov sowie dem österreichisch-australisch-amerikanischen Kernphysiker Edwin E. Salpeter und dem britischen Astrophysiker Donald Lynden-Bell entwickelt.
Der eigentliche »Motor« eines Quasars ist ein supermassives Schwarzes Loch von bis zu zehn Milliarden Sonnenmassen, das Materie aus seiner Umgebung akkretiert. Gefüttert wird das Schwarze Loch aus einem aus kaltem Staub bestehenden Gebilde, dem sogenannten Staubtorus, dessen Form dem Schlauch in einem Autoreifen ähnelt und der das Schwarze Loch in einer Entfernung von einigen Lichtjahren wie ein Rettungsring umgibt. Die in dem Torus versammelte Materie speist sich im Wesentlichen aus dem Gas der Galaxie, die den Quasar beheimatet, und aus dem Staub von Sternen, die gegen Ende ihres Lebens einen Großteil ihrer Masse durch Sternwinde in den Raum hinausblasen. Bis zu 100 Millionen Sonnenmassen kann ein Staubtorus enthalten. Vom Innenrand des Torus »fließt« Materie spiralförmig in Richtung des zentralen Schwarzen Lochs und bildet dort die eigentliche Akkretionsscheibe, die wiederum in Korona und Scheibe zerfällt. In der Korona, dem hantelförmigen Gebilde unmittelbar um das Schwarze Loch, ist das Gas relativ dünn und sehr heiß, in der Scheibe hingegen sehr dicht, hat dort aber eine etwas niedrigere Temperatur (Abb. 53).
Abb. 53: Schematische Darstellung der »Elemente« eines Quasars.
Die Strahlung des Quasars entsteht vornehmlich in der Akkretionsscheibe, und zwar auf zweierlei Weise. Beim Transport der Materie von außen nach innen heizt sich das Gas durch Reibung auf Temperaturen von einigen zehn Millionen Grad auf. Da alle Körper, ob kalt, warm oder heiß, elektromagnetische Wellen abstrahlen, »leuchtet« auch dieses Gas. Dabei hängt die Energie der Strahlung von der Temperatur des Körpers ab: je höher die Temperatur, desto energiereicher die Strahlung. Im Jahr 1900 konnte der Physiker Max Planck diesen Zusammenhang erstmals in eine Formel fassen. Demnach emittiert jeder Körper nicht nur Licht einer bestimmten Wellenlänge beziehungsweise einer bestimmten Energie, sondern ein ganzes Wellenlängenspektrum. Die Summe aller Wellenlängen, also die gesamte von einem Körper emittierte Strahlung, bezeichnet man auch als »Schwarzkörperstrahlung«. In gleicher Weise ist auch das Gas der Akkretionsscheibe ein Schwarzer Körper und emittiert thermische Strahlung. Aufgrund der uneinheitlichen Temperatur in der Akkretionsscheibe überdeckt die Strahlung einen großen Wellenlängenbereich.
Die andere Art, wie in einem Quasar Strahlung erzeugt wird, ist nichtthermischer Natur. Hier fungiert kein heißes Plasma als Schwarzer Körper, vielmehr hat die Strahlung ihre Ursache in starken Magnetfeldern. Werden nämlich elektrisch geladene Teilchen durch Magnetfelder abgelenkt, emittieren sie sogenannte Synchrotronstrahlung. Der Name geht zurück auf einen in der Hochenergiephysik verwendeten speziellen Typ eines Teilchenbeschleunigers, das Synchrotron. Dort werden die Teilchen mithilfe starker Elektromagnete auf eine kreisförmige Bahn gelenkt, was einer Beschleunigung in Richtung Kreismittelpunkt entspricht. Die dabei entstehende
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