Sternstunden des Universums
Synchrotronstrahlung wird, je nach Teilchengeschwindigkeit, mehr oder weniger direkt in Flugrichtung emittiert. In einem Quasar sind es vornehmlich Elektronen, die durch starke Magnetfelder eine Beschleunigung erfahren. Auch laufen diese Teilchen nicht im Kreis, sondern sie bewegen sich auf spiralförmigen Bahnen um die Magnetfeldlinien fort. Der Effekt ist jedoch der gleiche. Die intensive, niederenergetische Radiostrahlung, welche die Quasare so auffällig macht, ist daher nichts anderes als Synchrotronstrahlung.
Auf Umwegen liefert diese »Radiosynchrotronstrahlung« auch einen Beitrag zu der von einem Quasar ausgehenden hochenergetischen Röntgen- und Gammastrahlung. Denn die Träger der elektromagnetischen Strahlung, die Photonen, können mit den Elektronen des Plasmas der Akkretionsscheibe in Wechselwirkung treten. Physiker sagen dazu: Die Photonen werden an den Elektronen gestreut. Bekannt ist dieser Vorgang unter dem Namen »Compton-Effekt« oder auch »Compton-Streuung«. Beim »normalen« Compton-Effekt wird ein Photon hoher Energie an einem Elektron gestreut, wobei ein Teil der Photonenenergie auf das Elektron übertragen wird. Beim umgekehrten Prozess, den man auch als »inverse Compton-Streuung« bezeichnet, erhöht sich die Energie eines niederenergetischen Photons auf Kosten der Energie eines Elektrons. Auf diese Weise werden niederenergetische Radiophotonen des Quasars zu hochenergetischer Röntgen- und sogar Gammastrahlung transformiert. Diese sogenannte Comptonisierung der Radiostrahlung macht sich im Spektrum eines Quasars deutlich bemerkbar.
Zusammengefasst überdeckt die von einem Quasar emittierte Strahlung einen Wellenlängenbereich, der von der Radiostrahlung über sichtbares und ultraviolettes Licht bis hin zu hochenergetischer Röntgen- und Gammastrahlung reicht. Die Quelle insbesondere der hochenergetischen, thermischen Strahlung ist die extrem heiße Korona. Dort wird aber auch Synchrotronstrahlung freigesetzt. Je weiter man sich vom Schwarzen Loch entfernt, desto kühler wird das Gas der Akkretionsscheibe, so dass in den äußeren Bereichen vermutlich die Erzeugung von Strahlung durch den Synchrotroneffekt überwiegt. Dass das Schwarze Loch im Zentrum des Quasars mit Materie gefüttert werden muss, um diese gigantische Strahlungsmenge hervorzubringen, wurde schon erwähnt. Auch, dass dazu das Materiereservoir des umgebenden Staubtorus angezapft wird. Kennt man die Leuchtkraft des Quasars, so kann man dessen Nahrungsbedarf berechnen. Beispielsweise benötigt der Quasar 3C-273 rund 20 Sonnenmassen pro Jahr, um seine Leuchtkraft aufrechtzuerhalten. Das geht so lange gut, bis der Materievorrat im Torus erschöpft ist. Doch wie lange ein Quasar wirklich aktiv ist, kann man derzeit nur schätzen. Eine Lebensdauer von rund zehn Millionen Jahren gilt als anerkannter Richtwert. Es ist jedoch nicht unwahrscheinlich, dass ein Quasar später erneut zündet. Beispielsweise könnte eine äußere Störung Umstrukturierungen in der Wirtsgalaxie verursachen und neues »Futter« heranführen. Sehr wahrscheinlich war auch das 3,6 Millionen Sonnenmassen schwere Schwarze Loch im Zentrum unserer Milchstraße einst aktiv. Für einen leuchtkräftigen Quasar ist dessen Masse allerdings zu klein.
Ein wesentliches Merkmal der Quasare blieb bisher noch unerwähnt. Gemeint sind die sogenannten Jets. Nicht alle Materie, die das Schwarze Loch akkretiert, wird verschluckt. Einem Teil gelingt es, der Anziehungskraft des Schwarzen Lochs zu entkommen. Jets sind gigantische Materieausflüsse, die beiderseits der Akkretionsscheibe in entgegengesetzte Richtungen Tausende, manchmal sogar Millionen Lichtjahre weit in den Raum hinausschießen (Abb. 54). Nicht immer sind beide Jets gleich stark. Häufig ist nur einer gut ausgebildet, manchmal fehlt der zweite ganz. Gefüttert werden die Jets von der Akkretionsscheibe des Quasars. Wie die Jets entstehen, glaubt man mittlerweile verstanden zu haben. Eine entscheidende Rolle spielen dabei wieder Magnetfelder, die mit dem Akkretionsfluss an das Schwarze Loch herantransportiert werden. Aufgrund der Rotation des Schwarzen Lochs werden die Magnetfelder wie Seile zu einem Zopf mehr und mehr verdrillt. Schließlich sind sie so dicht verschlungen, dass sich Felder entgegengesetzter Polarität berühren. In diesem Moment kommt es zu einem magnetischen Kurzschluss. Dabei wird die in den Feldern gespeicherte Energie schlagartig freigesetzt und in Form von Bewegungsenergie auf die
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