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Sternstunden des Universums

Sternstunden des Universums

Titel: Sternstunden des Universums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Lesch
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elektrisch geladenen Teilchen der Akkretionsscheibe übertragen. Aufgrund ihrer so gewonnenen hohen kinetischen Energie gelingt es den Teilchen, der Anziehung des Schwarzen Lochs zu entkommen. Zusammengeschnürt von Magnetfeldern, strömt der »Ausfluss« mit annähernd Lichtgeschwindigkeit als eng gebündelter Materiestrahl hinaus in den Raum.

    Abb. 54: Links: die von dem Quasar 3C-175 (weißer Punkt in der Bildmitte) in entgegengesetzte Richtungen in den Raum hinausschießenden Materie-Jets. Rechts: der von dem zentralen Schwarzen Loch im Zentrum der Galaxie M87 ausgehende Jet.
    Auch die Jets geben Strahlung ab, die von den Radiowellen über das sichtbare und UV-Licht bis hin zur Röntgenstrahlung reicht. Wie diese Strahlung entsteht, ist noch nicht vollständig geklärt. Momentan werden zwei Theorien gehandelt. Zum einen setzt man wieder auf die schon besprochene Synchrotronstrahlung, die ihren Ursprung in der Beschleunigung hochenergetischer Jetteilchen in Magnetfeldern hat. Die andere Theorie führt die Strahlung auf die ebenfalls schon bekannte Comptonisierung niederenergetischer Photonen zurück. Die Photonen, die für diesen Effekt gebraucht werden, stammen jedoch nicht aus dem Jet, sondern werden von außerhalb »zugeführt«. Infrage kommen insbesondere die Photonen der allgegenwärtigen sogenannten kosmischen Hintergrundstrahlung. Das muss kurz erklärt werden. Manche sagen: Die kosmische Hintergrundstrahlung ist das Echo des Urknalls. Schön formuliert, aber wenig Information. Eigentlich stammt diese Strahlung aus der Zeit 380000 Jahre nach dem Urknall. Bis dahin waren die Photonen im Kosmos in einem steten Wechselspiel von Absorption und Emission eng an die Materie gekoppelt. Das heißt, sie wurden von den Atomen absorbiert, wobei Elektronen freigesetzt wurden. Im Gegenzug fingen sich die Atomkerne wieder Elektronen ein, wobei Photonen emittiert wurden. Dieses Spiel ging so lange gut, bis die Temperatur durch die fortwährende Ausdehnung des Universums so weit gesunken war, dass die Photonen nicht mehr genug Energie hatten, um die Atome zu ionisieren, das heißt, ihnen Elektronen zu entreißen. Die Strahlung hatte sich von der Materie abgekoppelt, und die Photonen konnten sich ungehindert ausbreiten. Da dieser Prozess simultan überall im Universum ablief, entstand ein in alle Richtungen bis auf winzige Schwankungen gleichmäßiger Strahlungshintergrund. Aufgrund der unaufhaltsamen Expansion des Universums hat sich die Strahlung mittlerweile in den Bereich der Mikrowellen verschoben. Den Kosmologen dient sie heute als Beweis für die Theorie eines heißen Urknalls, und sie gibt Auskunft über die Materieverteilung im frühen Universum sowie über grundlegende Parameter unseres Universums.
    Vermutlich sind es also diese niederenergetischen Photonen der Hintergrundstrahlung, welche im Jet durch den inversen Compton-Effekt in den hochenergetischen Bereich der Röntgenstrahlung gestreut werden. Neue Beobachtungen am Jet des Quasars 3C-273 geben jedoch weitere Rätsel auf (Abb. 55). So glauben Forscher festgestellt zu haben, dass die hochenergetischen Elektronen, die im Jet für die Entstehung der Röntgenstrahlung verantwortlich sind, eine Lebensdauer von nur etwa 100 Jahren haben. Ab da besitzen sie nicht mehr ausreichend Bewegungsenergie, um Synchrotronstrahlung zu erzeugen. Das würde bedeuten, dass die Elektronen, auch wenn sie mit Lichtgeschwindigkeit von der Akkretionsscheibe loslaufen, nur 100 Lichtjahre weit vorankämen. Der Jet von 3C-273 erstreckt sich jedoch über rund 100000 Lichtjahre! Entlang des gesamten Strahls müsste es folglich weitere Quellen für hochenergetische Teilchen geben. Das könnten Schockfronten sein, wo ultraschnelles Jetgas auf langsamere Jetmaterie trifft und sie aufheizt. Vielleicht sorgen aber auch elektrische Felder für eine mehrmalige Nachbeschleunigung der von der Akkretionsscheibe kommenden Teilchen. Bis Klarheit herrscht, welche Prozesse wirklich ablaufen, wird es wohl noch eine Weile dauern.

    Abb. 55: Der Jet des Quasars 3C-273 erstreckt sich über mehr als 100000 Lichtjahre. Die von den einzelnen Abschnitten des Jets emittierte Strahlung ist farblich kodiert (blau: Röntgenstrahlung, grün: sichtbares Licht, rot: Infrarotstrahlung). In den gelben Bereichen überlappen sichtbare und IR-Strahlung.
    Abschließend noch ein kurzer Blick über den Tellerrand. Streng genommen sind Quasare nur die extremen Vertreter einer großen Klasse von Objekten, die man als »aktive

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