Sternstunden des Universums
galaktische Kerne« bezeichnet oder kurz als »AGN« (englisch: »active galactic nuclei«). Das Wort »aktiv« besagt, dass man es mit einer Quelle starker elektromagnetischer Strahlung zu tun hat, und das »G« in AGN deutet darauf hin, dass diese Objekte in den Zentren von Galaxien zu finden sind. Neben den Quasaren umfasst die Gruppe der AGNs noch Radiogalaxien, Seyfert-Galaxien und Blazare. Allen ist gemeinsam, dass sie Energie aus der Akkretion von Materie auf ein Schwarzes Loch gewinnen. Letztlich bestimmen die Masse des Schwarzen Lochs und die Akkretionsrate, wie hoch die Strahlungsleistung eines AGN in den unterschiedlichen Wellenlängenbereichen ausfällt.
Radiogalaxien zeigen im Radiobereich eine enorme Leuchtkraft, weshalb man sie, wie übrigens auch die Quasare, als »radiolaut« bezeichnet. Ihre Leuchtkraft im sichtbaren Bereich des elektromagnetischen Spektrums ist dagegen eher bescheiden. Die Radiostrahlung dieser Typen entsteht als Synchrotronstrahlung in sogenannten Radiokeulen, den nahezu kugelförmigen Emissionsgebieten, die an den Enden extrem langer, oft weit über die Galaxie hinausreichender Jets sitzen. Noch ist rätselhaft, wie die für die Synchrotronstrahlung nötigen ultraschnellen Elektronen über die lange Jetbrücke von der Akkretionsscheibe bis zu den Strahlungskeulen transportiert werden.
Im Gegensatz zu Radiogalaxien sind Seyfert-Galaxien von geringer Radioleuchtkraft, weshalb sie auch das Attribut »radioleise« verdienen. Ihren Namen haben sie von dem Astronomen Carl Seyfert, der sie Anfang der 40er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts eingehend untersuchte. Verglichen mit den Quasaren ist ihre Gesamtleuchtkraft um Größenordnungen kleiner. Je nach dem Blickwinkel auf die Akkretionsscheibe unterteilt man Seyfert-Galaxien in zwei Typen: den Typ 1 und den Typ 2. Der Typ 1 ist so zum Beobachter ausgerichtet, dass man nahezu senkrecht zur Ebene der Akkretionsscheibe in das Zentrum des AGNs blicken kann. Der Typ 2 zeigt sich dem Beobachter von der Kante der Scheibe, so dass der Staubtorus den Blick auf das Zentrum verwehrt (Abb. 56).
Blazare gehören, wie die Quasare, zu den leuchtkräftigsten Objekten im Kosmos. Im Bereich der Gammastrahlung übertrifft ihre Leuchtkraft sogar noch die der Quasare. Der wesentliche Unterschied zwischen einem Blazar und einem Quasar besteht in der Ausrichtung des Objekts zum Beobachter. Während man die Jets der Quasare mehr oder weniger von der Seite sieht, ist ein Blazar-Jet direkt auf den Beobachter gerichtet. Man blickt also geradewegs in den Jetstrahl. Aufgrund dessen bewegt sich die Jetmaterie mit nahezu Lichtgeschwindigkeit auf den Beobachter zu, was zu einem als »beaming« bezeichneten Effekt führt. Das bedeutet, die Strahlung wird in Bewegungsrichtung des Jets sehr eng gebündelt oder, wie man auch sagt, kollimiert. Ferner macht sich ein ausgeprägter Dopplereffekt bemerkbar. Dopplerverschiebungen sind ja nichts Außergewöhnliches. Man denke an einen Feuerwehr- oder einen Streifenwagen, der auf uns zukommt, vorbeifährt und sich wieder entfernt. Ist das Auto mit uns auf gleicher Höhe, fällt der Ton des Martinshorns abrupt in eine tiefere Tonlage. Der Grund: Bei der Annäherung des Wagens werden die Schallwellen gestaucht und beim Entfernen gedehnt, die Frequenz des Tons ist also zuerst höher, dann aber niedriger als bei einer in Ruhe befindlichen Schallquelle. Ähnlich verhält es sich mit dem Jet eines Blazars, nur dass es sich hier um elektromagnetische Wellen handelt, also um Licht, das eine Dopplerverschiebung erfährt. Bei dem auf uns zukommenden Strahl werden die Wellen »gestaucht«, das heißt in den kurzwelligen Bereich des elektromagnetischen Spektrums verschoben. Aufgrund dieser beiden Effekte erscheint die Strahlung einem irdischen Beobachter noch intensiver und hochenergetischer, als sie ohnehin schon ist.
Abb. 56: Ob eine Seyfert-Galaxie vom Beobachter als Typ 1 oder Typ 2 wahrgenommen wird, hängt von der Orientierung der Galaxie relativ zum Beobachter ab.
Zum Schluss des Kapitels noch eine Anmerkung: Der Schein trügt! Denn wem die AGNs umfassend beschrieben zu sein scheinen, dem sei gesagt: Das ist nur ein Bruchteil dessen, was in der Fachliteratur über diese spektakulären Objekte zusammengetragen ist. Insbesondere die Prozesse, die zur Emission von Strahlung bei den unterschiedlichen Wellenlängen führen, sind deutlich komplexer und zum Teil auch noch gar nicht verstanden. Man kann sich also mit der Lektüre
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