Sterntagebücher
Raketen.«
»Wozu?« fragte ich. »Mir genügt meine.«
»Ich zweifle nicht an ihrer Vollkommenheit«, erwiderte er, »aber es geht hier um Tarnung. Sie werden in einer Rakete fliegen, die äußerlich allem, nur nicht einer Rakete gleicht. Das wird – aber das werden Sie ja selbst sehen. Außerdem müssen Sie dort nachts landen…«
»Wieso nachts?« wandte ich ein. »Der Feuerstrahl der Raketentriebwerke würde mich verraten!«
»Diese Taktik haben wir bisher immer angewandt«, meinte er, sichtlich bekümmert.
»Ich werde mich schon an Ort und Stelle umsehen«, sagte ich. »Soll ich in Verkleidung reisen?«
»Ja. Das ist erforderlich. Unsere Experten werden sich Ihrer annehmen. Sie warten bereits. Bitte, wenn Sie gestatten…«
Man führte mich durch einen geheimen Gang in ein Zimmer, das einem kleinen Operationssaal ähnelte. Dort nahmen mich vier Mann in Empfang. Als man mich nach einer Stunde vor einen Spiegel stellte, konnte ich mich selbst nicht mehr erkennen. In Bleche geschmiedet, mit viereckigen Schultern und einem ebensolchen Kopf, mit gläsernen Augenschlitzen statt der Augen sah ich wie der gewöhnlichste Roboter von der Welt aus.
»Herr Tichy«, sagte der Chef der Tarnungsabteilung zu mir, »Sie dürfen mehrere wichtige Dinge nicht vergessen. Erstens, Sie dürfen nicht atmen.«
»Sie sind wohl nicht bei Trost«, erwiderte ich. »Wie kann ich das? Ich ersticke doch!«
»Ein Mißverständnis. Natürlich, atmen Sie nur, aber leise. Keine Seufzer, kein Schnaufen, kein tieferes Einatmen – alles geräuschlos, und um Himmels willen nur kein Niesen. Das wäre Ihr Ende.«
»In Ordnung. Was noch?« fragte ich.
»Sie bekommen auf die Reise einen Stapel Jahrgänge des Elektro nenkuriers und der Oppositionszeitung Stimme des Alls mit.«
»Die haben also auch eine Opposition?«
»Ja, aber an ihrer Spitze steht ebenfalls der Kalkulator. Professor Mlassgrack nimmt an, daß er außer an elektrischer auch noch an politischer Bewußtseinsspaltung leidet. Hören Sie weiter. Kein Essen, kein Bonbonbeißen – nichts dergleichen. Essen werden Sie ausschließlich nachts, durch diese Öffnung hier; wenn Sie den Schlüssel hineinstecken – das ist ein Sicherheitsschloß –, öffnet sich die Klappe, so, sehen Sie? Verlieren Sie nur nicht den Schlüssel, sonst droht Ihnen der Hungertod.«
»Richtig, Roboter essen ja nicht.«
»Nähere Einzelheiten ihrer Sitten und Gebräuche sind uns aus verständlichen Gründen nicht bekannt. Studieren Sie die kleinen Anzeigen ihrer Zeitungen, das ist im allgemeinen sehr nützlich. Und wenn Sie sich mit jemandem unterhalten, dann stellen Sie sich bitte nicht zu dicht vor Ihren Gesprächspartner, damit er nicht durch das Mikrophonsieb hineinschauen kann. Am besten, Sie schwärzen sich ständig die Zähne, hier haben Sie eine Schachtel Henna. Und vergessen Sie nicht, sich jeden Morgen ostentativ alle Scharniere zu ölen, wie das alle Roboter tun. Allerdings dürfen Sie nicht übertreiben, wenn Sie etwas quietschen, wird das nur einen guten Eindruck machen. So, das wäre mehr oder weniger alles. Was denn, Sie wollen so auf die Straße gehen? Sie sind wohl nicht gescheit? Hier ist ein geheimer Durchgang, bitte hier…«
Er drückte auf ein Buch in der Bibliothek, ein Teil der Wand öffnete sich, und ich stieg über eine schmale Treppe klappernd in den Hof, wo ein Lastenhubschrauber bereitstand. Man verstaute mich darin, und die Maschine erhob sich in die Lüfte. Nach einer Stunde landeten wir auf einem geheimen Kosmodrom. Neben den üblichen Raketen stand auf dem Beton ein Kornspeicher, rund wie ein Turm.
»Um Himmels willen, das soll die Rakete sein?« sagte ich zu dem Geheimoffizier, der mich begleitete.
»Ja. Da drinnen ist alles, was Sie brauchen: Kodes, Chiffren, Radio, Zeitungen, Lebensmittel und verschiedene Kleinigkeiten. Auch ein großer Krebs.«
»Ein Krebs?«
»Zum Schneiden von Panzerschränken… Als Waffe nur im Not
fall zu gebrauchen! Ich wünsche Ihnen Hals- und Beinbruch«, sagte der Offizier höflich. Ich konnte ihm nicht einmal anständig die Hand drücken, sie stak nämlich in einem eisernen Handschuh. Durch eine Tür gelangte ich in den Kornspeicher. Im Inneren erwies er sich als die gewöhnlichste Rakete. Ich verspürte große Lust, aus dem eisernen Kasten herauszukriechen, aber man hatte mich davor gewarnt. Die Fachleute meinten, es sei besser, wenn ich mich an diese
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