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Sterntaucher

Sterntaucher

Titel: Sterntaucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Paprotta
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seine Hände nicht ruhig halten konnte. Über die Lippen fuhren sie, wanderten hoch über die Nase zur Stirn und fingen dann am Kinn von vorne an. Ein Kokser vermutlich, irgendein Drogenschwein. Er trug einen schwarzen Anzug, und an seinem kleinen Finger blitzte ein Stein. Vor ihm die Kommissarin Henkel, ihr Gesicht ganz nah an seinem. Sie hatte die Hände auf den Tisch gestützt und redete auf ihn ein.
    »Stell mal an«, sagte der Kollege hinter ihm. »Wenn die Pause machen, kannste rein.«
    Dorian drehte sich um; »Der grüne Knopf«, sagte der Kollege, und als Dorian ihn drückte, war die Stimme der Henkel im Raum, wie er sie noch nie gehört hatte, hart und kalt, Eis auf Metall.
    »Wie viele Fotos haben Sie ihm verkauft?«
    »Nichts«, rief der Mann, »ich habe nie –«
    »Lippert hat Ihren Namen im PC gespeichert. Zusammen mit den Fotos. Welche Fotos, Herr Thiele? Alle oder nur die Farbfotos, die mit den ausgestochenen Augen?«
    »Nein, Quatsch, keine ausgestochenen – ich meine – nein.«
    »Gut, keine ausgestochenen Augen. Welche Fotos dann?«
    Ein langgezogenes Wimmern. »Ich weiß doch nicht mehr, ich hab ihm zwei Fotos gegeben, harmlose, die hatte ich mal von irgendwoher. Der Scheißkerl war krank, der hat jede Summe gezahlt. Ich selber hab nie so was gesammelt, Sie können meine Wohnung durchsuchen, ich habe nichts. Zwei Stück hatte ich und hab sie ihm verkauft, ich wollte die nicht haben.«
    »Lippert hatte auch ein Video von dem Jungen«, sagte Ina. »Wann wurde das aufgenommen?«
    Der Mann schüttelte nur den Kopf.
    »Wie alt war der Junge?«
    »Ich kenne ihn nicht.«
    »War er gefesselt?«
    »Ich kenne den doch nicht.«
    »Ich will wissen, ob er gefesselt war.«
    »Ich weiß nicht.«
    »Sie erinnern sich nicht?« Sie knallte ihre Sätze so schnell hinter seine, als spielten die Stimmen Nachlaufen, und ihre mußte seine unbedingt überholen.
    »Ich kann mich nicht erinnern«, rief er, »weil –«
    »Hier, schauen Sie ihn sich noch mal an.« Sie schob etwas in seine Richtung, ein Foto vermutlich, doch er drehte den Kopf weg.
    »Wurde er geschlagen, gewürgt, mit dem Messer traktiert?«
    »Wie soll ich –«
    »Wurde er getreten?«
    »Wie?«
    »WURDE ER GETRETEN? Das ist eine klare, deutliche Frage.«
    »Ich glaub nicht«, flüsterte der Mann.
    »Nein«, sagte sie und mit einem Mal wurde ihre Stimme leiser, fast zärtlich. »Nein, Herr Thiele, nicht getreten. Das ging ausgefeilter zu. Robin Kammer wurde geschlagen. Mit was, Peitsche, Schlagring, Ketten?«
    »Robin Kammer wurde geschlagen«, wiederholte Dorian flüsternd. Er spürte nicht viel bei diesen Worten, nur Leere, doch war Leere ein schlimmeres Gefühl als Verachtung oder Haß.
    »Hast du den festgenommen?« fragte der Kollege hinter ihm. »Oder wozu brauchen die dich?«
    »Nein, ich hab ihn nicht festgenommen, nein. Den kenne ich nicht.«
    »Hm«, sagte er. Dorian drehte sich nicht um und spürte dennoch seinen Blick.
    »Ich hab den nie gesehen«, rief drüben der Mann. »Hängen Sie mir das nicht an.«
    »Wo fand das statt?« fragte die Henkel. »Wie habt ihr es eigentlich genannt, Partys? Zusammenkünfte?«
    Der Mann rieb sich so heftig die Stirn, als müsse er Dämonen vertreiben, Geister, die kamen und gingen. »Ich gehöre nicht zu denen, ich selber hab nie –«
    Kissel übernahm. »Wir haben eine Zeugin, Herr Thiele, eines eurer Opfer. Wir machen eine Gegenüberstellung.«
    »Aber das wäre falsch.« Der Mann sprang auf, schwankte und setzte sich wieder. »Das ist Jahre her, ich war – ich gehörte nicht zu denen, ich hab mich da nicht beteiligt.«
    Die Henkel stützte wieder die Hände auf den Tisch und sah ihm direkt in die Augen. »Wir haben übrigens zwei Videos, nicht nur das von dem Jungen. Da hat euch einer gefilmt, sollen wir uns das mal zusammen anschauen?«
    Der Mann wurde kleiner auf seinem Stuhl.
    »So ein Pech«, sagte die Henkel.
    »Aber ich war doch nur da, weil er sagte, weil –« Er riß am Bund seines T-Shirts.
    »Wer sagte was?«
    »Ich wollte mir die Leute angucken, die dahin kamen, die Kunden. Wollte ein paar Namen. Gut, ich wollte bißchen kassieren bei denen, aber hab’s dann doch nicht gemacht, man kam ihm besser nicht in die Quere.«
    » Wem, Herr Thiele?«
    »Dem Typen, der es aufgezogen hat. Weiß nicht mehr, wie er hieß. Er sagte, hör dich um, bring mir Leute. Damals hab ich in einem Laden gearbeitet, da bot sich das an.«
    »Welcher Laden?«
    Der Mann hob die Schultern. »So ein Pornoshop. Da sollte

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