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Sterntaucher

Sterntaucher

Titel: Sterntaucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Paprotta
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Streifenwagen, wo Nicole ihr entgegensah und fast unhörbar murmelte: »Ich faß das einfach nicht.«
    Polizeihauptmeisterin Nicole Mewes ließ sich Nicki rufen; so heißt der Kanari meiner Mutter, hatte Ina einmal gesagt, so heißen alle Kanaris, doch das prallte an ihr ab. Der ganze Job schien an Nicki Mewes abzuprallen, Beschimpfungen und Schlägereien, Leichen, Lärm und Gestank, nur an diesem Abend hatte sie ihre übliche Gelassenheit verloren.
    »Es ist entsetzlich«, sagte sie. »Der Dorian hat nichts gesagt, die ganze Zeit hier hat er kein Wort gesagt, daß es sein Bruder ist. Das war der Schock, oder?« Sie senkte den Kopf, und nur der Schein einer Straßenlampe fiel auf ihr rotes Haar. Kein Lichtstrahl kam mehr vom Gelände, und auch das blaue Licht des Streifenwagens war erloschen. Wortlos standen sie nebeneinander und starrten vor sich hin, bis Nicole sagte: »Siehst geschafft aus.«
    »Kann sein.«
    »Der Luftdruck.« Nicole seufzte.
    »Was für ein Luftdruck?« fragte Ina. Die Polizeimeisterin hatte einen Wettertick, schob alles, was geschah, auf Temperaturen, Windrichtung und sonst etwas.
    »Durchknallwetter.« Nicole nickte, dankbar, wieder auf festem Boden zu sein. »Seit Tagen sagen sie Gewitter an.«
    »Die sagen viel.« Ina sah sich nach Kissel um. »Wir hatten heute fünf Stunden Vernehmung am Stück, fünf Stunden. Konnten noch nicht mal aufs Klo, weil’s so fisselig war. Außerdem mußten wir den Ventilator ausschalten, weil der die Bandaufnahme versaut hat, und dann noch die Bereitschaft, die haben sie mir aufgedrückt, ich war gar nicht dran, und ich hab verdammt noch mal –« Sie holte Luft, schüttelte den Kopf. »Ich hab noch nie einen Kollegen vernommen.«
    Im Wagen gab sie Kissel den Zettel mit den Adressen von Kammer, Tillmann und Hollstein. Zumindest fahren konnte er jetzt; an der Befragung Dorians hatte er sich nicht beteiligt, was sie ihm übelnahm. Sie hatte mehrere Hänger gehabt, da hätte er übernehmen müssen, so ging das Spiel.
    »Zuerst zur Mutter«, sagte er. »Oder hast du andere Pläne?«
    »Nein.« Sie wünschte, er würde langsamer fahren, denn der Auftritt als Todesbote kam noch früh genug.
    »Muß der Friedhof jetzt neu geweiht werden«, fragte er, »weißt du das?«
    »Nein«, sagte sie.
    »Muß nicht?«
    »Mensch, ich weiß es nicht.«
    Er gähnte, daß der Kiefer knackte. »Sag was«, murmelte er dann.
    »Darf ich schon wieder reden?« Sie sah ihn an. »Ich hätt auch lieber am Baum gestanden und zugehört, weißt du? Warum hast du nichts gesagt?«
    »Die Situation war neu. Der Kollege der Schutzpolizei erkennt in der Leiche seinen Bruder.« Pfeifend stieß er die Luft aus. »Darüber kann man einen Roman schreiben.«
    »Wir werden ihn auch fragen müssen, nicht?« Sie räusperte sich. »Ich meine, Alibi und so. Wenn wir die Todeszeit haben.«
    »Sicher müssen wir.« Kissel lächelte leicht. »Hättest schon mal vorfühlen können, hast doch Leichenstarre festgestellt, kannst dir doch die Todeszeit denken.«
    »Sag mal, geht’s noch? Stehst da und hilfst mir nicht und der einzige Mist, der dir einfällt, ist das mit der Genehmigung, wenn er sich was dazuverdienen will, ich glaube, ich spinne.«
    »Fertig?« fragte er. »Sagt dir der Name der Mutter was? Er hat ja so getan, als war die ein Superstar.«
    »Nein. Gar nichts.«
    »Dann wird sie vielleicht was Anständiges singen, weder Rock noch Rap.« Er lachte. »Kannst du sie nicht kennen.«
    »So.« Ina sah aus dem Fenster, sah Lichter und wollte ganz woanders sein. Sie besaß alle CDs von Metallica, hielt Nirvana für die tollste Band des vergangenen Jahrhunderts und hatte für Kurt Cobain eine rasende Schwäche gehabt. Sie hatte sich sogar vorgestellt, als Ermittlerin in das Haus zu kommen, in dem er sich erschossen hatte, und vermutlich wäre sie dort mit einem Schreikrampf aufgefallen, oder es wäre sonst etwas Peinliches passiert, von dem sie hoffte, daß es niemals geschah. Nein, mit einer Katja Kammer wußte sie nichts anzufangen. Sie stellte sich eine Frau mit Klampfe vor, die auf dem evangelischen Kirchentag sang.
    »Was macht dein Lover?« Kissel fing an zu summen, als interessiere ihn die Antwort nicht.
    »Schläft wohl.« Sie sah auf die Uhr.
    »Schläft schon? Dann hat er keine Kondition.«
    »Doch, die hat er.« Sie löste den Gurt. »Der spielt einmal die Woche Fußball, außerdem raucht er nur noch heimlich auf dem Balkon.«
    Als sie vor dem Haus hielten, in dem Katja Kammer wohnte, hatte sie

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