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Sterntaucher

Sterntaucher

Titel: Sterntaucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Paprotta
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genügten sie einander, war er vorbeigegangen, ohne zu grüßen.
    Als er den Kopf hob, blickte er in Billas trübe Augen.
    »Magst du was essen?« fragte sie.
    »Bei der Wärme verdirbt dir doch das Essen, so wie du es lagerst.«
    »Nein«, sagte sie ruhig, »es ist alles frisch«, doch er schüttelte den Kopf und bestellte ein Pils.
    »Einen Tee hätt ich gern«, sagte Ina, und Billa sah sie an, als hätte sie nach einem Präser verlangt.
    »Oder haben Sie bloß Beuteltee?«
    »Ja, allerdings.« Billa seufzte ungehalten. »Dafür aber zwei Sorten.«
    »Nein, dann nehme ich Cappuccino. Mit Sahne.«
    »Mit was denn sonst?« fragte Billa.
    »Na, zum Beispiel mit Milch. Will ich aber nicht.«
    »Das wäre dann Milchkaffee. Café au lait«, sagte Billa, bevor sie sich mit so schleppenden Schritten entfernte, als hätte sie auch einen Geist im Kreuz, wie Dorian.
    Ina blickte ihr hinterher. »Kaffee mit Milch ist auch Cappuccino«, murmelte sie rechthaberisch, »wie ich in Italien war –«
    Dorian fiel ihr ins Wort. »Die Pressemeldung ist nicht richtig.« Er hatte lange überlegt, ob er das ansprechen sollte, aber die dürren Worte der Polizeipressestelle, die er gelesen hatte, rumorten in seinem Kopf herum. »Sie schreiben da nur, daß der achtzehnjährige Robin Kammer Opfer eines Tötungsdeliktes geworden ist. Sie haben nicht dazugeschrieben, daß er Katja Kammers Sohn ist.«
    »Das tun sie nie«, sagte sie, was sich anhörte, als würden am laufenden Band Söhne von Katja Kammer ermordet.
    »Aber es interessiert die Leute«, sagte er. »Wenn der Sohn eines Prominenten ermordet wird, ist das doch wichtig.«
    »Für wen?« fragte Ina. Mit leicht heruntergezogenen Mundwinkeln sah sie zu, wie Billa ihr den Cappuccino mit Sahne servierte. Vermutlich hatte sie eine Mischung aus der Tüte erwartet, doch es schwammen sogar Schokosplitter auf dem Schaum.
    »Die Zeitungen schreiben mehr, wenn das Opfer prominente Angehörige hatte.« Mit dem Ärmel seiner Uniform wischte er die kleine Bierpfütze weg, die entstand, als Billa ihm das Pils hinknallte.
    Doch Ina wollte das Versagen der Pressestelle nicht rechtfertigen, das auch ihr eigenes Versagen war, weil die Pressestelle auf Informationen der Ermittler angewiesen war. Sie wartete, bis Billa weg war, dann sah sie ihm direkt in die Augen und feuerte das erste Geschoß auf ihn ab: »Kennst du einen Mann namens Kemper?«
    »Ich weiß nicht –« Vor seinen Augen begannen Flammen zu züngeln, knisternde Flammen, vor denen er Ina beschützen mußte, doch sie schien sie nicht zu spüren. Er hob einen Arm, um sie abzuwehren, da sah er ihren erstaunten Blick. Kein Feuer, sie spürte es nicht.
    »Steffen Kemper«, sagte sie.
    »Steffen, ja.« Er nickte. »Steffen, früher hab ich ihn gekannt.«
    »Weiter«, sagte sie. »Was heißt früher? Wann?«
    »Wir haben kurz bei ihm gewohnt. Erst haben wir in einem Dorf gewohnt und dann bei ihm.«
    »Hast du noch Kontakt mit ihm?«
    »Nein. Wir sind ja dann ausgezogen.«
    »Wohin?«
    »Zum Bahnhof, in das Hotel Calypso. Da hatten wir –« Er hätte gerne eine Suite gesagt, aber das stimmte ja nicht, und so sagte er: »Zwei Zimmer. Wir sind jeden Morgen zu Frau Manz in den Laden und haben uns Süßigkeiten gekauft, die gehörte zur Familie.« Er schüttelte den Kopf. Das interessierte sie doch nicht.
    Ina leckte bedächtig ihren Löffel ab und warf ihn dann mit einem so entsetzlichen Geräusch auf den Teller, als müsse sie auf einer betrunkenen Versammlung um Aufmerksamkeit für eine Rede bitten. Doch ihre Stimme blieb so sanft wie immer. »Auf dem Friedhof hast du uns das Haus genannt, in dem ihr mit diesem Mann gelebt habt, offenbar Steffen Kemper, nicht? Daß wir deine Mutter da nicht finden würden, hast du gewußt, da wohnt sie schon seit über zehn Jahren nicht mehr. Ich hab dich auch am Telefon danach gefragt. Jetzt kommst du mit dem Hotel, und das ist ja nun auch schon wieder eine Weile her.« Ihr Blick schien sich zu verschleiern. »Warum machst du das?«
    »Ich war zu durcheinander.« Er fing an, einen Bierdeckel zu zerreißen. »Ich weiß nicht, wo sie zur Zeit ist, aber sie wird zurückkommen.«
    »Wann hattest du zuletzt Kontakt mit ihr?«
    Polizeideutsch, Kontakt, kein normaler Mensch konnte das beantworten. Mit einem Finger strich er über das rauhe Holz des Tisches und zählte die Kerben. Kontakt hatte man mit Holz, mit Erde, mit Bakterien; er fand es unverschämt von ihr, ihm Fragen zu stellen, als wäre er nur ein polizeiliches

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