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Sterntaucher

Sterntaucher

Titel: Sterntaucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Paprotta
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gesehen hatte, doch er rannte nur, stolperte die Treppen herunter und hörte ein merkwürdiges Pfeifen im Kopf, als er keuchend auf die Straße lief.
    Draußen schwatzte Nicole mit der Henkel.
    Sieh an, die hat mich abgepaßt. Ein Anruf von den Kripoleuten und die Einsatzzentrale war zu Diensten, jawohl, Frau Oberkommissarin, der Polizeimeister mußte zu einem Perversen, und wenn er den erledigt hat, ist Feierabend. Ihr dunkler Vectra stand hinter dem Streifenwagen, und die Kommissarin lehnte mit verschränkten Armen und gekreuzten Beinen dagegen wie eine der Bahnhofsnutten, wenn sie Langeweile hatten.
    Nicole erzählte ihr gerade von dem Verrückten. »Der Typ wurde also von diesem Arzt operiert, und jetzt fühlt er sich verstümmelt und bildet sich ein, der Doktor verfolge ihn auf Schritt und Tritt, um auch noch den Rest zu erledigen.« Sie maß ein bißchen ab zwischen Daumen und Zeigefinger. »Der Doktor hat ihm nämlich für teuer Geld eine Verlängerung gemacht, aber die soll schrecklich mißlungen sein.«
    Ina kapierte es nicht. »Wie – Verlängerung?«
    »Na, sein Teil, sein bestes.« Nicole lächelte. »Operation mißlungen, Teil lebt auch nicht mehr. Sagt er. Im Endeffekt vielleicht drei, vier Millimeter mehr, und seit Monaten ohne Saft und Kraft.«
    »Das erzählt der?«
    »Sicher. Er hat es recht ausführlich dargelegt, ich hab befürchtet, er läßt auch noch die Hosen runter.«
    Sie kicherten beide. »Mir wär das total unangenehm«, sagte Ina, »wenn ich wüßte, da ist was falsch. Ich meine, von irgendwoher müssen sie den Rest ja holen bei solchen dings, solchen Eingriffen, ich frag mich bloß, was sie da –« In diesem Moment sah sie Dorian und sagte »Hi«, was eine Spur zu munter klang.
    »Ist er endlich friedlich?« fragte Nicole.
    Er nickte und sah noch einmal zum Haus zurück, weil er fürchtete, der Irre würde sich schreiend aus dem Fenster lehnen, doch alles blieb ruhig, als sei nichts geschehen.
    Lieber Gott, Robbi, ich hab noch nie einem Menschen Böses getan.
    Du bist schuld, du bist schuld.
    »Trinken wir was?« Ina klopfte auf das Dach ihres Wagens. »Hast du nicht diese Stammkneipe, da könnten wir hin.«
    Dorian sah aus dem Fenster und sagte: »Sie nehmen es, glaube ich, vom Oberschenkel. Von der Haut da.«
    »Was meinst du?« Ina fuhr schnell, ein bißchen zu ungeduldig vielleicht.
    »Das hast du doch wissen wollen eben. Ich hab das mal im Fernsehen gesehen, bei Penisverlängerungen nehmen sie Haut vom Oberschenkel.«
    »Ah so«, sagte sie zögernd, und als er darüber nachdachte, meinte er, den Bericht vielleicht doch falsch verstanden zu haben. Wenn man es genau bedachte, war Haut ein bißchen wenig. Sollte er das sagen? Nein, sie schien nicht darüber reden zu wollen, zumindest nicht mit ihm, denn wenn sie gerade noch Nicoles schwatzende Freundin war, wurde sie nun wieder zur unnahbaren Ermittlerin, schweigend, abwartend, lauernd. Ihre Fingerspitzen tippten im Takt zu einer unhörbaren Musik auf das Steuer, und der Wind blies ihr durch das offene Schiebedach ein paar Haarsträhnen ins Gesicht.
    Robin schlug vor, daß sie besser an die Küste fuhren statt zu einer nutzlosen Vernehmung, aber welche Küste denn, Robbi, hier gibt’s doch kein Meer. Egal, wenn der Straßenlärm Meeresrauschen war und sie im offenen Wagen dahinrasten, würde sie ihm alles glauben, auch das städtische Meer. Er guckte auf ihre enge Hose. Klar, sie würden anhalten, um in einem schicken Restaurant zu essen, und mieteten später ein Zimmer in einem kleinen Hotel. Sag schon, Robbi, würde sie sich an ihn klammern, um seinen Namen zu rufen, erst ganz verhalten und dann lauter, immer heftiger, bis zum Schrei? Er drückte eine Hand in den Nacken. Das würde ihm gefallen, was? Nein, Robin mochte Frauen nicht besonders, hatte Dorians vorletzte Freundin eine Dusselkuh genannt, obwohl er sie kaum kannte, und Billa Hufnagel vor allen Gästen eine Schnepfe, aber ob Frauen Lärm machten im Bett, hatte ihn komischerweise immer brennend interessiert. Wie isse denn so, wollte er manchmal wissen, schreit se rum?
    Er räusperte sich. »Ich sollte vielleicht erst die Uniform ausziehen.«
    »Nein, brauchst du nicht.« Das kam so schnell, als hätte Ina darauf gelauert, daß er endlich etwas sagte. »Stört doch keinen.«
    »Doch, die Leute im Sterntaucher. Die mögen keine Polizei.«
    »Das treiben wir ihnen aus.« Sie lächelte. »Sie könnten die Uniformen natürlich schicker machen. Ist so ’ne potthäßliche

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