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Sterntaucher

Sterntaucher

Titel: Sterntaucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Paprotta
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höre.«
    »Aber ihr macht euch lustig über einen Behinderten.«
    »Nur über die Effekte. Wenn er gegen die Wand brettert, jault es halt, aber das Spiel ist ja dazu da, daß man aufpaßt.«
    »Das ist doch unmöglich.«
    »Na, wenn du meinst. Wahrscheinlich liest du einen Haufen Bücher abends, stimmt’s?«
    »Nein, immer nur eines.«
    »Ja, glaub ich dir. Und dann gibt’s Deppen, die behaupten, am Computer wär man isoliert oder so. Da kann man aber wenigstens noch mit anderen quasseln. Es gibt doch nichts Isolierteres als so vor sich hin zu lesen.«
    »Ina, du hast wirklich keine Ahnung.«
    »So, findest du?«
    Tom hatte gar nichts gesagt, was sie ihm noch tagelang übelnahm, Tom war dem Streit gefolgt wie ein Zuschauer einem Tennismatch, Kopf nach links und Kopf nach rechts.
    »Frau Belloff«, sagte Kissel gedehnt, »wir möchten jetzt eigentlich nur mit Ihrem Mann sprechen.«
    Frau Belloff sprach einen Spielfilmsatz. »Wir haben keine Geheimnisse.« Sie verzog die Lippen, doch es wurde kein Lächeln daraus, noch nicht einmal ein böses. Sie schob einfach ihre Mundwinkel nach oben, ohne daß sich etwas tat in ihrem Gesicht.
    Ihr Mann schien zu ahnen, worum es ging. »Ich hatte einen schweren Unfall«, sagte er. »Seitdem ist Aufregung Gift für mich.« Ein älterer Mann mit schütterem Haar, dem sie die Rolle des Postbeamten geben könnten in einer dieser Fernsehkomödien. Ina biß sich auf die Lippen, als sie seine Hosenträger sah, warum trug er die im Sitzen? Rutschte doch nichts mehr. Aber vielleicht hatte er das sein halbes Leben lang so gemacht und brauchte sie, so wie sie selbst Parfüm brauchte auf der Haut, morgens, abends und manchmal in der Nacht.
    Sie räusperte sich. »Herr Belloff, es geht um diese ehemalige Kleingartenkolonie am Riederwald. Es geht um einen ausgebauten Schuppen da in der Nähe. Sie wissen, was ich meine?«
    Der Mann hüstelte. »Ich bin Ingenieur. Was wollen Sie mit einem Schuppen?«
    Sie reichte ihm das Foto, auf dem Geli zu sehen war und die Männer mit den Messern über ihr. »So etwas fand da statt.«
    Belloff schien sich aufrichten zu wollen. Er drückte eine Hand auf die Räder seines Rollstuhls und beugte den Oberkörper vor. Dann rief er so laut, als hätte er sich im Wald verirrt: »Ja und?«
    Kissel lachte los, ein Lachen, das fast fröhlich klang. »Was haben Sie denn sonst noch für Hobbys, Häuten, Zerlegen, Vierteilen? Lassen Sie mich nachher mal in Ihren Kühlschrank gucken.«
    Stille, jetzt saß er einfach nur da. »Wieso«, fragte seine Frau, »kommen Sie auf meinen Mann?«
    »Weil es eine Zeugenaussage gibt.« Kissel lehnte sich zurück und wirkte gutgelaunt. »Genauer gesagt, gibt es zwei Zeugen, mit denen man Sie konfrontieren kann und wird, Herr Belloff.«
    »Nach unseren Erkenntnissen«, sagte Ina, »gehörten Sie zu den Besuchern dieses Schuppens. Damit werden sich im einzelnen unsere Kollegen von der Sitte auseinandersetzen, wir sind von der Mordkommission.«
    Stille. »Haben Sie das verstanden?« fragte sie und hörte, daß sie fast brüllte.
    »Die haben alle überlebt«, rief der Mann. Wieder sah es aus, als wollte er den Rollstuhl verlassen, sich herausschwingen und rennen. »Mordkommission, so ein Unsinn, wie kommen Sie auf die Idee, da wäre jemand tot geblieben? Kein Mensch ist da tot geblieben.« Er schnaufte.
    »Da haben Sie aufgepaßt«, sagte Ina. »Ja?« Sie sah Kissel lächeln, während Belloff schon wieder an ihr vorbeiguckte, als sei es ein langweiliger Nachmittag mit lästigen Verwandten. Neben ihm seine Frau mit grauem Gesicht, in dem ein Muskel zuckte, bevor sie aufstand und fragte: »Ist er nicht genug gestraft? Gucken Sie ihn sich doch an, wie man ihn zugerichtet hat, das war Fahrerflucht. Hat sich die Polizei da angestrengt? Nein, den haben sie bis heute nicht gefunden. Außerdem ist diese andere Geschichte doch verjährt.«
    »Nein«, sagte Ina. »Sicher nicht.«
    »Glauben Sie, ich hätte das nicht gewußt?« Leicht vorgebeugt stand Frau Belloff wie eine Reisende da, die auf dem Bahnsteig den Zug einfahren sieht. »Was haben sie denn groß verbrochen? Er hätte ja alles mögliche machen können, zu Prostituierten gehen oder, Sie wissen schon, mit Kindern, das kommt ja alles vor. Kümmern Sie sich doch mal um die ganzen Kinderschänder, überall sind die doch, aber so war er nie, so etwas hat er nie getan. Das waren doch bloß Asoziale, mit denen sie da –«
    Kissel nickte interessiert. »Die sie bestraft haben.«
    Frau Belloff sah

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