Stets Zu Diensten, Mylady
ankämpfend, die ihr in den Augen brannten, rief sie: “Ich bin keine eiserne Jungfrau. Wenn du es genau wissen willst, bin ich überhaupt keine … ich meine …”
Ihre Tante zog erstaunt die Brauen hoch. “Dann hat er es doch geschafft, was? Und das war zu viel für dich? Oder hat er danach festgestellt, dass er dich doch nicht genug liebt, um ein Leben lang deinen Lakai zu spielen? Machte sich einfach davon? Ohne ein Wort?”
Rebecca schluchzte laut auf und warf sich auf das Sofa. “Nein, nein”, widersprach sie, das Gesicht in einem Kissen begraben. “Er hat mir einen Brief geschrieben, dass er mich liebt und deshalb gehen muss und ähnlich dummes Zeug …” Sie schluchzte hemmungslos.
Tante Petronella besaß bei allem stacheligen Äußeren einen ausgesprochen weichen Kern. Ihre Nichte so verzweifelt zu sehen, wollte ihr nun doch schier das Herz brechen. Sie setzte sich neben sie, umarmte sie und tröstete sie wie ein Kind, bis das Schluchzen langsam nachließ. Erstaunlicherweise wehrte Rebecca sie nicht ab, sondern schmiegte ihr tränennasses Gesicht an die Schulter ihrer Tante, nahm das hingereichte Taschentuch und putzte sich die Nase.
“Nun einmal ehrlich, mein Mädchen”, sagte die alte Dame mit Zärtlichkeit in der tiefen Stimme. “Dann fühlst du dich besser. Du hast es nicht wahrhaben wollen, aber du liebst ihn, nicht wahr? Liebst ihn wirklich und von ganzem Herzen?”
Rebecca nickte heftig.
“Aha. Und das hast du erst richtig gemerkt, als er fort war? Oh ja, das geht uns allen häufig so. Hast du ihm je
gesagt
, dass du ihn liebst?”
Rebecca schluchzte erneut auf. “Nicht direkt. Ich … ich dachte, er müsste es wissen, nachdem wir doch …”
“Männer sind anders als wir, Kind. Sie müssen so etwas laut und deutlich hören, sonst glauben sie es nicht. Das ist ähnlich mit der Ehre. Männer müssen sich selbst beweisen, wie ehrenhaft sie sind. Das werden wir vielleicht nie verstehen.”
“Ich verstehe gar nichts mehr”, schluchzte Rebecca erneut fassungslos. “Wo ich doch gerade erst erkannt hatte, wie sehr ich ihn liebe …”
“Schluss damit”, kommandierte Tante Petronella in ihrem gewohnten Kasernenton. “Heulen hilft nichts. Willst du ihn zurück haben? Gut. Dann musst du ihn suchen und nicht hier herumsitzen wie ein Häufchen Elend. Passt nicht zu dir.”
“Ich suche ja schon nach ihm”, verteidigte Rebecca sich. Sie zeigte bereits wieder ein wenig ihren alten Kampfgeist. “Ein Bow Street Runner hat Erkundigungen über Will eingeholt, aber viel Neues war über ihn nicht herauszubekommen.”
“Denk nach. Ist dir irgendetwas Seltsames an seinem Verhalten aufgefallen?”
“Alles an Will scheint erklärungsbedürftig”, meinte Rebecca. “Da ist zum Beispiel sein seltsamer Umgang mit Geld. Vor unserer Hochzeit arbeitete er für verschiedene Leute als Buchhalter, um zu überleben. Was machte er mit seinem kleinen Einkommen, wenn er es nicht für sich selbst gebrauchte?”
Die beiden Damen saßen eine Weile schweigend und in Nachdenken versunken.
Plötzlich meinte Tante Petronella: “Mich hat immer gewundert, dass Will sich von der hübschen Summe, die du ihm regelmäßig zahlst, nicht einmal einen Einspänner oder wenigstens ein eigenes Pferd gekauft hat.”
“Du hast recht, Tante”, antwortete Rebecca. “Was machte er mit all dem Geld? Die Bank sagt, am Quartalsende war immer alles verbraucht.” Nachdenklich hielt sie inne. “Meinst du, es ging an die gleiche Adresse wie das kleine Einkommen vor unserer Hochzeit?”, fragte sie schließlich zögernd.
Tante Petronella nickte. “Naheliegende Vermutung. Aber bringt uns die weiter?”
Rebecca schwieg. Ihr war ein furchtbarer Gedanke gekommen. War Will vielleicht schon verheiratet und hatte irgendwo Frau und Kinder, als sie selbst ihm die Ehe anbot? War er vielleicht zu dieser Familie zurückgekehrt?
Allein die Vorstellung erschütterte sie bis ins Mark. Lieber nicht darüber nachdenken, sagte sie sich, erst recht nicht darüber sprechen! Nein, das kann nicht wahr sein!
Zu ihrem Glück war Tante Petronella ganz mit sachlichen Problemen beschäftigt. “Die Bank weiß natürlich, wohin das Geld ging. Die Frage ist nur, ob man dir dort Auskunft gibt. Wie ich Coutts kenne, ist er verschwiegen wie ein Grab. Muss er wohl sein in dem Geschäft. Sonst hätte er den Prinzregenten nicht mehr lange als Kunden, was?” Sie lachte ein wenig boshaft vor sich hin. “Trotzdem, du solltest es versuchen.”
“Das
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