Stets Zu Diensten, Mylady
einmal, ob Will überhaupt noch Angehörige besaß.
Damit wusste Miss Rowallan jedoch genug, um sich seiner sicher zu fühlen. Offenbar allein in der Welt und bis zum Halse in Schulden verstrickt, blieb ihm kaum eine andere Wahl, als auf ihr Angebot einzugehen.
Als der Butler dann eintrat, um Besucher anzumelden, stellten sich diese allerdings nicht als Mr Shafto, sondern als Mr Beaucourt und sein Sohn Hedley heraus. Rebecca verspürte nicht das geringste Verlangen, sie zu empfangen, doch sie waren Verwandtschaft, wenn auch entfernte, und Mr Beaucourt war bis zu ihrer Volljährigkeit ihr Vormund gewesen. Seufzend erhob sie sich.
“Mr Beaucourt”, begrüßte sie ihn mit gewohnter Kühle, während sie dem Sohn lediglich mit einem beiläufigen Nicken bedachte.
“Aber nicht doch, Rebecca. Ich bin dein Onkel”, protestierte Mr Beaucourt. Gleichzeitig versuchte Hedley, ihre Finger für einen Handkuss zu erhaschen. Er griff daneben, und seine Verbeugung ging ins Leere.
“Nicht ganz”, korrigierte ihn Miss Rowallan kalt. “Wir sind nicht einmal blutsverwandt.”
“Immerhin stehen wir uns nahe genug, dass ich dein Vormund wurde”, beharrte Beaucourt.
“Was, wie Sie sehr wohl wissen, durchaus nicht meinem Wunsch entsprach. Würden Sie mir bitte mitteilen, warum Sie mich mit Ihrem Besuch beehren?”
Wohl oder übel setzte Rebecca sich wieder in ihren Sessel und forderte die Herren Beaucourt mit einer stummen Geste auf, auf dem Sofa Platz zu nehmen. Umständlich und mit weit ausholenden Armschwüngen warfen die beiden ihre Frackschöße hoch und ließen sich nieder. Vater wie Sohn gaben sich sichtlich alle Mühe, es den bekanntesten Dandys der Gesellschaft gleichzutun. Ihre Gastgeberin dagegen war wieder übertrieben streng gekleidet, diesmal in ein stumpfes Taubenblau.
“Du siehst famos aus, Cousine”, sagte Hedley mit seiner etwas quäkenden Stimme, wobei er auch noch sein Lorgnon ans Auge hob. “Habe dich allerdings nie anders gesehen.”
Miss Rowallan überhörte sein Kompliment geflissentlich und wiederholte ihre Frage nach dem Grund des Besuches.
“Aber meine Liebe, du weißt genau, was uns herführt”, antwortete Mr Beaucourt vorwurfsvoll. “Ich habe das Thema oft genug angesprochen. Du bist fünfundzwanzig, eine wohlhabende Erbin, und hältst dich von allen gesellschaftlichen Anlässen fern. Dabei solltest du längst verheiratet sein. Du musst sogar heiraten. Du brauchst einen Ehemann, der deine Ländereien und dein Vermögen verwaltet, und es war schon immer mein Wunsch, dass du dich mit meinem Sohn Hedley vermählst.”
Beim Klang seines Namens sprang Hedley auf und machte einen schnörkelreichen Kratzfuß. “Das ist auch mein Wunsch”, versicherte er überflüssigerweise.
Rebecca hätte schwerlich sagen können, wen von den beiden sie abstoßender fand. Mit einem eisigen Lächeln entgegnete sie: “Und ich habe Ihnen bereits mehrfach versichert, dass ich überhaupt nicht zu heiraten gedenke. Außer, natürlich, ich fände einen derart anziehenden Mann, dass auch die Vorstellung einer Ehe anziehend würde.”
Der Vater beugte sich vor und legte ihr in vertraulicher Geste die Hand auf das Knie. Rebecca wischte sie fort. “Aber, aber, meine Liebe”, meinte er begütigend. So schnell ließ er sich nicht entmutigen. “Ich kann vollkommen verstehen, dass du fürchtest, du selbst und dein Vermögen könntet ausgenutzt werden. Aber gerade eine solche Gefahr besteht nicht bei dem Vorschlag, den ich dir machen will.”
Hier legte Mr Beaucourt eine beredte Pause ein, offenbar um eines dramatischen Effektes willen – den ihm Miss Rowallan allerdings gründlich verdarb.
“Ich glaube, Sir, den haben Sie mir bereits viele Male gemacht. Meine Antwort war und blieb: Nein. Ich will Ihren Sohn
nicht
heiraten, denn das wollten Sie mich doch fragen, nicht wahr?”
Mr Beaucourt senior stieß einen melancholischen Seufzer aus. Hedley zog ein kummervolles Gesicht und begann, heftig den silbernen Knauf seines Spazierstöckchens zu drehen.
“Meine Liebe, du sprichst übereilt. Uns kannst du getrost vertrauen, denn uns liegt dein Wohl wirklich am Herzen. Du läufst aber als unverheiratete junge Frau immer Gefahr, auf ein hübsches Gesicht hereinzufallen.”
Weiter kam er nicht. Miss Rowallan richtete sich kerzengerade auf und fiel ihm in die Rede: “Das reicht, Sir. Sie beleidigen mich. Wie kommen Sie auf eine derart absurde Idee? Um Ihrer Hartnäckigkeit ein für alle Male ein Ende zu setzen, lassen
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