Steuerflucht - Das Milliardengeschaeft mit dem Schwarzgeld Ein Insider packt aus
Steuerfluchtindustrie bedient. Gegenmaßnahmen der Industriestaaten werden immer wieder mit neuen Offshore-Schlupflöchern unterlaufen. Ein Wettstreit, bei dem die Steuergesetze immer komplexer werden. Das schafft wiederum neue Möglichkeiten für Vermögende und ihre Berater, Wege durch das immer undurchsichtigere gesetzliche Dickicht zu finden.
So haben nach einer Studie des amerikanischen Institute for Policy Studies 2010 die meisten der größten 25 US-Konzerne – darunter Ford , General Electric , Boeing – trotz Milliardengewinnen (durchschnittlich 1,9 Milliarden Dollar) Steuern erstattet bekommen – im Schnitt 304 Millionen Dollar. Die Autoren erklären die Diskrepanz zwischen hohen Einnahmen und geringen Steuerzahlungen damit, dass 18 der 25 Unternehmen Tochterfirmen in Steuerparadiesen unterhalten. Spitzenreiter ist das Versicherungsunternehmen Aon mit 128 Tochtergesellschaften.
Steuerrückerstattungen 2010 für US-Konzerne
Unternehmen
Steuern auf den Gewinn 2010, in Millionen Dollar
Stanley Black & Decker
–75
Ford
–69
Chesapeake Energy
0
Aon
16
Bank of New York Mellon
–670
Coca-Cola Enterprises
8
Verizon
–705
Dow Chemical
–576
Prudential Financial
–722
Ameriprise
–224
Honeywell
–471
General Electric
–3253
Allegheny Technologies
–47
Mylan Laboratories
–73
Capital One Financial
–152
Wynn Resorts Ltd.
0
Marsh & McLennan
–90
Boeing
13
Motorola Solutions
7
Nabors Industries
–138
Qwest Communications
–14
Cablevision Systems
–3
Motorola Mobility
12
eBay
–131
International Paper
–249
Quelle: Institute for Policy Studies
Ein weiteres Kriterium für das Offshore-Geschäft ist die Geheimhaltung. Das steht im Gegensatz zur Transparenz, einem grundlegenden Baustein der modernen Wirtschaftstheorie: Märkte funktionieren dann am besten, wenn die Vertragsparteien Zugang zu den gleichen Informationen haben. Doch die Geheimhaltungspraktiken der Steuerparadiese übertragen die Information und damit auch die Macht, die sich aus der Information ergibt, an Insider. Und die ernten die Erträge. Diese Zunft sorgt dafür, dass Unternehmen und Kapital nicht dahin wandern, wo sie am produktivsten sind, sondern dahin, wo die Steuern am niedrigsten sind. So leben auf den British Virgin Islands beispielsweise nur 25.000 Einwohner, gleichzeitig sind dort aber über 800.000 Unternehmen beheimatet.
Und die handeln nicht nur mit Bananen. Ein Großteil unserer Nahrungsmittel, Kleider und Möbel hat die Reise über Steuerparadiese hinter sich. Mit Sicherheit ist beispielsweise der Fernseher aus Taiwan beziehungsweise seine Bauteile auf einer ebenso sonderbaren Route in unsere Elektronikmärkte gereist wie die Bananen aus Honduras. Das trifft auch für viele Programme zu, die er dann zeigt. Wir sind regelrecht von einer Offshore-Welt umhüllt.
Die Organisation der Offshore-Finanzwelt
Weltweit gibt es zwischen 40 und 60 Steuerparadiese beziehungsweise Offshore-Finanzzentren, die sich in vier größere Zonen einteilen lassen:
Die europäischen Steuerparadiese
Eine britische Zone mit dem Zentrum City of London, die die ganze Welt umspannt
Eine Einflusszone mit den USA als Mittelpunkt
Steuerparadies-Kuriositäten wie Somalia oder Uruguay, die weniger erfolgreich sind
Zu den europäischen Steuerparadiesen zählt vor allem die Schweiz, wo seit dem 18. Jahrhundert die geheimen Vermögen der europäischen Eliten gehütet werden. Luxemburg hat sich seit 1929 auf bestimmte Offshore-Holdings spezialisiert und zählt heute zu den größten Steueroasen. Auch die Niederlande sind ein bedeutendes europäisches Steuerparadies. Im letzten Jahr flossen rund 20 Billionen Dollar durch niederländische Offshore-Firmen, zwanzigmal mehr als das BIP der Niederlande. Dazu zählen aber auch Österreich, Belgien und eine Reihe von Ministaaten wie Liechtenstein, Monaco, Andorra, Malta oder der türkische Teil von Zypern.
Rund die Hälfte aller Steuerparadiese ist mit der City of London verbunden. Eine engere Zone umfasst die Kronbesitzungen Jersey, Guernsey und die Isle of Man sowie die Cayman Islands, die alle von London aus kontrolliert werden. Zu einer äußeren Zone gehören Steuerparadiese, die sich außerhalb der britischen Kontrolle befinden, aber dennoch enge Verbindungen zur City of London pflegen, beispielsweise Hongkong. In dieser Zone liegt mehr als ein Drittel aller internationalen Bankvermögen. Zählt man die City of London dazu, ist es sogar mehr als die Hälfte
Dieses Netz von Offshore-Satelliten übernimmt
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