Steuerflucht - Das Milliardengeschaeft mit dem Schwarzgeld Ein Insider packt aus
grenzüberschreitend verwalteten Vermögen weltweit
Offshore-Destination
Milliarden Euro
Anteil in Prozent
Schweiz
2.085
27
Großbritannien/Channel Islands/Dublin
1.930
26
Karibik/Panama
925
12
Luxemburg
850
11
Singapur/Hongkong
775
9
USA
620
8
Bahrain/Dubai
270
3,5
Übrige
270
3,5
Quelle: Boston Consulting Group/Global Financial Center, 2010
Bevorzugte Plätze für deutsches Schwarzgeld sind die Schweiz (180 Milliarden Euro) und Liechtenstein (75 Milliarden Euro) mit insgesamt 250 Milliarden Euro, Luxemburg mit 100 Milliarden und Österreich mit 80 Milliarden Euro. In exotischeren Offshore-Finanzzentren wie den Bahamas, Cayman Islands, Niederländischen Antillen oder Bermudas sollen nach einer Studie der Unternehmensberatung bbw von 2010 mindestens weitere 150 bis 200 Milliarden Euro Schwarzgeld von Deutschen liegen. Dazu kommt in allen Ländern das offiziell angelegte Vermögen, dessen Erträge die Vermögensinhaber regulär in Deutschland versteuern.
Kapitel 4: Wie das Offshore-Geschäft funktioniert
Kapitel 4
Wie das Offshore-Geschäft funktioniert
Das Offshore-Geschäft besteht im Kern darin, den Weg, den Geld über Landesgrenzen hinweg nimmt, künstlich zu manipulieren. Der Weg von Bananen kann gut als Beispiel dienen, um das zu dokumentieren. Jedes Bündel Bananen gelangt auf zwei unterschiedlichen Wegen in unsere Obstschalen.
Erste Route: Ein honduranischer Landarbeiter, der bei einem internationalen Unternehmen angestellt ist, pflückt die Bananen, dann werden sie verpackt und nach Deutschland verschifft. Das Unternehmen verkauft sie an eine Supermarktkette, die sie dann an uns weiterverkauft.
Zweite Route: Der Weg, den die Bananen in der Buchhaltung nehmen, ist umständlicher. Die Einkäufe wickelt das Unternehmen beispielsweise von den Cayman Islands ab, die Finanzierung des Geschäfts erfolgt über Luxemburg, der Markenname ist in Irland registriert, das Transportunternehmen hat seinen Sitz auf der Isle of Man, die Geschäftsführung des Unternehmens sitzt auf Jersey und die Versicherungstochter auf den Bermudas.
Um das Geschäft abzuwickeln, leiht die Finanzierungstochter in Luxemburg dem Tochterunternehmen in Honduras Geld und verlangt dafür Zinsen, beispielsweise zehn Millionen Dollar. Das honduranische Unternehmen zieht den Zinsbetrag vom lokalen Gewinn ab und beschneidet so seinen Profit oder löscht ihn sogar ganz – und damit auch die Steuerrechnung. Die zehn Millionen zusätzliches Einkommen aus Darlehenszinsen, das die Tochtergesellschaft in Luxemburg erzielt, werden dort jedoch nicht besteuert. Die Buchhaltung hat damit eine hohe Steuerrechnung in Honduras verschwinden lassen, das Kapital ist in die Steueroase verschoben worden.
Das Bananenunternehmen hat einen gebräuchlichen Offshore-Trick angewendet, der als „Transfer Pricing“ oder „Transfer Mispricing“ bezeichnet wird. Indem multinational operierende Unternehmen den Preis für den internationalen Transfer künstlich anpassen, können sie ihre Gewinne in Niedrigsteuerländer verschieben und ihre Kosten in Hochsteuerländer, wo sie von der Steuer abgezogen werden. In unserem Bananen-Beispiel ist der Steuerertrag einem armen Land entzogen und in ein reiches geleitet worden.
Rund zwei Drittel des globalen grenzüberschreitenden Handels erfolgen innerhalb multinationaler Konzerne. Drittweltländer entgehen jedes Jahr geschätzt 160 Milliarden Dollar aufgrund von falsch gesetzten Preisen dieser Art. Im Jahresbericht eines an der New Yorker Börse gehandelten Bananenunternehmens heißt es dann lapidar: „Das Unternehmen erzielt kein in den USA steuerpflichtiges Einkommen. Das zu versteuernde Einkommen des Unternehmens stammt zum größten Teil aus dem ausländischen Geschäftsbetrieb, der in Ländern besteuert wird, in denen der effektive Steuersatz geringer ist als der gesetzliche Steuersatz in den USA“ (Chiquita Brands International Inc., Quartalsbericht Mai 2009). Mit anderen Worten: Wir betreiben über Steuerparadiese „Transfer Pricing“ und zahlen in den USA keine Steuern.
Weltkonzerne haben meist keine Schwierigkeiten, ihre Steuerbelastung mittels Offshore auf null herunterzufahren. Das „Transfer Mispricing“ ist ein wichtiger Grund, warum multinationale Unternehmen überhaupt multinational sind – und weshalb sie in der Regel schneller wachsen als die nationale Konkurrenz. Was hier stattfindet, ist eine Verschiebung von Vermögen. Begleitet wird das von einer mittlerweile großen Beraterzunft, die die
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