Steuerflucht - Das Milliardengeschaeft mit dem Schwarzgeld Ein Insider packt aus
Bürgern.
Häufig nehmen Steuerparadiese auch größere Volkswirtschaften ins Visier, vielfach solche, die in unmittelbarer Nähe liegen:
Banken und Vermögensverwalter in der Schweiz konzentrieren sich meist auf reiche Steuerflüchtlinge aus Deutschland, Frankreich und Italien.
Liechtenstein richtet sich an Steuerflüchtlinge aus Deutschland, Italien und der Schweiz.
Monaco versorgt in erster Linie die französischen Eliten.
Andorra ist Anziehungspunkt für reiche Franzosen und Spanier.
Malta wickelt illegale Finanztransfers aus Nordafrika ab.
Schmutziges Geld aus Russland wird über Zypern , Gibraltar und Nauru gewaschen.
Reiche Amerikaner und US-Konzerne bevorzugen Panama und die Steueroasen in der Karibik .
Neureiche Chinesen setzen auf Hongkong , Singapur und Macau .
Ein Großteil der ausländischen Investitionen nach China macht den Umweg über die British Virgin Islands .
Ausländische Investitionen nach und Geschäfte mit Indien werden in der Regel über Mauritius abgewickelt.
Vermögende Australier verschieben ihr Geld vielfach in pazifische Oasen wie Vanuatu .
Einige Gebiete präsentieren sich als Durchgangsparadiese („conduit havens“), in denen Identität und Eigenschaften von Vermögenswerten verändert werden, bevor sie weitergeleitet werden. Die Niederlande sind beispielsweise ein bedeutendes Durchgangsparadies. Eine anderes ist Mauritius. Von hier fließen über 40 Prozent aller Auslandsinvestitionen nach Indien. Darüber hinaus spezialisiert sich die Insel darauf, chinesische Investitionen in den afrikanischen Rohstoffsektor zu kanalisieren.
Salamitaktik für mehr Intransparenz und Komplexität
Offshore-Strukturen arbeiten mit einem Trick, der im Englischen als „Laddering“ bezeichnet wird und im Deutschen mit „Salamitaktik“ übersetzt werden kann. Diese Taktik vertieft die Intransparenz und die Komplexität des Ganzen. Nehmen wir an, ein mexikanischer Drogenbaron bunkert 20 Millionen Dollar auf einem Bankkonto in Panama. Das Konto läuft nicht unter seinem Namen, sondern unter dem eines Trusts auf den Bahamas. Der Treuhänder hat seinen Sitz auf Guernsey, als Begünstigte wird eine Gesellschaft in Wyoming angegeben. Auch wenn Steuerfahnder die Namen der „Chefs“ dieses Unternehmens herausfinden und sogar Kopien ihrer Ausweise in die Hände bekommen, bringt sie das nicht weiter: Diese Direktoren sind professionelle Strohmänner, die Hunderte solcher Unternehmen leiten.
Auch wenn sie diese Schranke durchbrechen, werden die Fahnder feststellen, dass das Unternehmen einem Trust auf den Turks and Caicos Islands gehört, und dass es sogar eine „Fluchtklausel“ gibt: Sobald auffällt, dass eine Ermittlung läuft, huscht die Struktur in ein anderes Offshore-Finanzzentrum. Und selbst wenn eine Steueroase mit den Ermittlern kooperiert, kann sie den Prozess über Monate oder Jahre hinauszögern. Wird die Gesellschaft dann endlich dichtgemacht, sind die Vermögenswerte längst verschwunden.
Hongkong hat beispielsweise gerade ein Gesetz verabschiedet, dass die Gründung und Registrierung neuer Unternehmen innerhalb weniger Minuten ermöglicht. Selbst wenn Teile der Offshore-Struktur sichtbar werden, verhindert „Laddering“, dass das ganze Gebilde ans Tageslicht kommt. Doch wenn man nicht alles sieht, versteht man die Zusammenhänge nicht. Die Aktivitäten im Offshore-System spielen sich daher nie in einer bestimmten Gebietskörperschaft ab, sondern zwischen den Gebieten. Dabei wird „anderswo“ auch mal zu „nirgendwo“.
In dieser Welt ohne Regeln werden die Hälfte aller Bankgeschäfte und ein Drittel aller Auslandsinvestitionen weltweit abgewickelt. Reiche halten nach Schätzungen des Tax Justice Network rund 14 Billionen Dollar an Vermögen offshore. Aber das sind nur die hinterzogenen Steuergelder der Reichen. Rechnet man alle falsch gesetzten Preise der internationalen Konzerne hinzu, bekommt man eine Vorstellung davon, wie groß die illegalen grenzüberschreitenden Geldflüsse tatsächlich sind. Eine Studie von Raymond Bakers Initiative Global Financial Integrity am Center for International Policy in Washington kam Anfang 2011 zu dem Ergebnis, dass den Entwicklungsländern durch diese Transfers jährlich 1,2 Billionen Dollar entgehen.
Und die Entwicklungsländer haben noch ein Problem: Wenn sich ein Steuerparadies neue Möglichkeiten ausdenkt, wie sich Reiche und Unternehmen der Besteuerung entziehen können, treffen Industrieländer in der Regel Gegenmaßnahmen. Sie
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