Steuerflucht - Das Milliardengeschaeft mit dem Schwarzgeld Ein Insider packt aus
Schweizer Banken in großem Ausmaß Stellen gestrichen haben, von Mitte 2011 bis Mitte 2012 allein 10.800 (siehe Grafik auf Seite 227). Weitere 15.000 könnten nach Expertenmeinung infolge der „Weissgeld-Strategie“ folgen. Das ist nicht nur dem flauen Geschäft, sondern auch der verschärften Regulierung und dem starken Franken geschuldet. Vor allem kleine Banken sind betroffen, denn sie können die Regelungen weder komplett überblicken noch umsetzen. Langsam dämmert es auch dem letzten Schweizer Banker, dass die Ära des Finanzbooms und der Bankprofite in der Schweiz vorbei ist. Die Margen der meisten Finanzinstitute sind gesunken (siehe Grafik auf Seite 227). Viele Banken suchen das Heil in Zusammenschlüssen, die Integration von Clariden Leu , eine der ältesten Banken der Schweiz, ins Mutterhaus Credit Suisse Anfang 2012 ist typisch dafür.
Wie schon gesagt: Wer ein neues Domizil für sein Schwarzvermögen sucht, muss in die Ferne ziehen, aktuelle Ziele sind Singapur, die Bermudas oder Panama. Doch das Geld ist dann weit weg und die Gebühren steigen in die Höhe. Schlimmer ist, dass für Steuerpflichtige trotz des Geldtransfers an andere Finanzplätze nach wie ein hohes Entdeckungsrisiko besteht: Die Altdaten zur Kontobeziehung in der Schweiz müssen die Banken zehn Jahre lang speichern. Die Spuren der Schwarzgeldvergangenheit können also nicht verwischt werden. Es nützt Steuerpflichtigen daher wenig, wenn sie vor Einführung der Abgeltungsteuer ihre Vermögen verlagern, ihnen die deutsche Steuerfahndung aber nachweisen kann, dass sie bis zu einem bestimmten Zeitpunkt über wesentliche Vermögenswerte in der Schweiz verfügt haben.
Zudem sieht das Abkommen vor, dass Vermögensabflüsse von Schweizer Banken an bestimmte Offshore-Finanzplätze dem deutschen Fiskus anonym mitgeteilt werden. Damit wird es möglich, die wichtigsten „Geldverschiebebahnhöfe“ weltweit zu identifizieren und den Druck auf sie zu erhöhen. Liechtenstein hat bereits signalisiert, das deutsch-schweizerische Steuerabkommen vollumfänglich zu übernehmen.
Als Erfolg kann der neue Vertrag zwischen Deutschland und Schweiz sicher nicht gelten. Erst recht nicht, wenn man es mit dem vergleicht, was die USA mit der Schweiz vereinbart haben: Die Anonymität sämtlicher US-Steuerflüchtlinge bei den Schweizer Banken ist aufgehoben. Zudem hätte das Abkommen auf Veräußerungsgewinne, Versicherungsmäntel und Vermögensverwaltungsgesellschaften ausgeweitet werden müssen. Und: Die Zinsen werden künftig nur mit 26,4 Prozent besteuert, niedriger, als zwischen der EU und der Schweiz mit 35 Prozent längst vereinbart. Doch für einmalig ein paar schnelle Silberlinge hat der Finanzminister in Berlin auf eine Erweiterung des Abkommens und auf Transparenz verzichtet.
Das Bankgeheimnis war für den Finanzplatz Schweiz bisher ein erheblicher Wettbewerbsvorteil. Doch stehen dabei zwei Interessen zum Teil im Widerspruch zueinander: der Schutz der Privatsphäre aus Schweizer Sicht und die steuerliche Erfassung der eigenen Bürger aus ausländischer Sicht. Einen Ausweg bietet das Modell Abgeltungsteuer. Wie weit die Abkommen der Schweiz mit Deutschland und Großbritannien Schule machen, ist aber offen.
Das Annehmen und Verwalten unversteuerter Gelder aus dem Ausland gehörte zum Geschäftsmodell der Finanzbranche, das wusste auch die Politik, die das geduldet hat. Angesichts des internationalen Drucks hätten die Schweizer Banker aber schon seit mindestens zehn Jahren wissen müssen, dass dieses Geschäftsmodell nicht für die Ewigkeit sein würde. Spätestens mit der UBS -Affäre 2008 wurde dies einigen Instituten klar, aber nicht allen. Die Fortsetzung des US-Steuerstreits sollte nun auch den letzten Banken die Augen geöffnet haben. Auf dem Weg ins „Weissgeld-Zeitalter“, in das die Regierung unterwegs ist, sind Amtshilfe, Abgeltungsteuern und die Definition schwerer Steuerdelikten als Vortat zur Geldwäscherei erste Etappen. Auch eine Pflicht für Banken, Kundenbestätigungen über die Versteuerung von Geldern einzuholen, gehört dazu. Und am automatischen Informationsaustausch wird die Schweiz letztlich auch nicht vorbeikommen.
Die Auswirkungen in der EU
Um zu erkennen, welche weiteren Kreise das Abkommen zieht, muss man in der Geschichte des Ringens innerhalb der EU , Steuerhinterziehung zu unterbinden, zurückgehen: Die EU -Zinsbesteuerungsrichtlinie, die 2005 in Kraft trat, schrieb erstmals in einer überregionalen und
Weitere Kostenlose Bücher